Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsflüstern (German Edition)

Wolfsflüstern (German Edition)

Titel: Wolfsflüstern (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
zielstrebiger Eifer, die These seiner Mutter zu beweisen – zumindest so weit, wie sie bewiesen werden konnte –, seinem schlechten Gewissen geschuldet war. Denn er hatte schon vor langer Zeit aufgehört, an den Superkrieger zu glauben. Tatsächlich fragte er sich manchmal, ob seine Mutter nicht die Exzentrikerin gewesen war, für die alle sie hielten.
    Werde erwachsen, Mom. Ich wurde es auch .
    Selbst jetzt noch ging Matt die Erinnerung durch Mark und Bein. Nora hatte bis zu ihrem Tod an ihrer Überzeugung festgehalten, während er sich …
    »Neu orientiert hatte«, murmelte er. Er hatte keinen anderen Ausweg gesehen.
    Wenn also Gina O’Neil, die Eigentümerin der Nahua Springs Ranch, glaubte, ihm durch ihr Schweigen den Wind aus den Segeln zu nehmen …
    Matt fuhr seinen Computer hoch und klickte auf den Link für Expedia.com.
    Dann würde sie bald feststellen, wie sehr sie sich irrte.

2
    Jase war losgefahren, um ihre Gäste vom La Plata County Flughafen abzuholen. Sie waren wieder nicht komplett ausgebucht, und das bereitete Gina Sorgen.
    Während sie ihr dunkles Haar zu einem französischen Zopf flocht, bewegte sie sich durch ihr Zimmer im ersten Stock des Ranchhauses. Manchmal dachte sie, dass sie es wie Jase tragen sollte, der ungeachtet seiner indianischen Wurzeln seinen pechschwarzen Schopf so raspelkurz schor wie ein Marinesergeant. Kurze Haare wären wesentlich unkomplizierter, besonders bei den Übernachtungen unter freiem Himmel, die Bestandteil jeder Arbeitswoche waren. Aber sie würde sich nie dazu überwinden können. Eine ihrer liebsten Erinnerungen war die an ihre Mutter, wie sie ihr vor dem Schlafengehen die wirren Strähnen ausbürstete. Wenn sie nun ihre Haare kürzen und damit aufhören würde, sie auf die gleiche Weise jeden Abend durchzukämmen, würde, so glaubte sie, diese Erinnerung an ihre Mutter so schnell davongeweht wie abgeschnittene Locken in einem Wintersturm.
    Gina runzelte die Stirn, als sie hörte, wie eine Autotür geöffnet wurde. Es war noch zu früh für Jases Rückkehr. Was nur Ärger bedeuten konnte. Jeder Besucher, der in letzter Zeit unangemeldet in Nahua Springs aufgetaucht war, hatte welchen mitgebracht.
    Sie trat ans Fenster und spähte, sorgsam darauf bedacht, außer Sicht zu bleiben, nach draußen und sah, wie ein Mann aus einem Wagen stieg. Sein Rücken war ihr zugewandt, und die Sonne verlieh seinem dunkelbraunen Haar, das sich wie die Schwanzfedern eines Fasans über seine breiten Schultern fächerte, mahagonifarbene Glanzlichter.
    Gina kannte ihn nicht, aber seinen abgetragenen Jeans, dem verwaschenen weißen T-Shirt und den gut eingelaufenen Stiefeln nach zu urteilen, stammte er aus der Gegend. Die meisten Gäste trafen in fast identischer Aufmachung ein, nur war bei ihnen alles nagelneu.
    Seine Unterarme waren kräftig und gebräunt; seine Oberarme konnten sich ebenfalls sehen lassen. Ginas Blick glitt an seinen langen Beinen hoch zu einem anderen Teil, der ebenfalls nicht von schlechten Eltern war.
    Er drehte sich um, und Gina richtete sich überrascht auf. Dieses Gesicht hätte als Werbeträger für die zweifellos sündteure Hornbrille dienen können, die seine überperfekte Nase zierte.
    Wer war dieser Kerl?
    Als hätte er ihre Frage gehört – vielleicht hatte er auch nur ihre Bewegung wahrgenommen –, hob der Mann den Kopf. Gina konnte die Farbe seiner Augen auf die Entfernung nicht bestimmen, aber nach der Tönung seiner Haare und seiner Haut zu urteilen, waren sie wahrscheinlich so dunkel wie ihre eigenen. Er verströmte eine Exotik, wie sie Gina noch nie begegnet war – sein markanter Körper, gezähmt von einem Gesicht, das man fast hübsch nennen konnte, sein ungebändigtes Haar – ein scharfer Kontrast zu der Retro-Gelehrtenbrille.
    Er steuerte auf das Haus zu, und Gina eilte ihm mit klappernden Stiefelabsätzen die Treppe hinab entgegen. Die Eingangstür stand offen, um die Frühlingsbrise durch das Fliegengitter hereinzulassen. Er hörte ihre Schritte, blickte auf, sah sie und lächelte.
    »Hallo.«
    Seine Stimme klang ein wenig rau, so als hätte er die Nacht in einer Bar verbracht, in der Rauchen noch erlaubt war, oder als wäre er gerade nach einem Bourbon-Besäufnis erwacht. Oder als hätte er so lange und leidenschaftlich einen Namen gerufen, bis er heiser war.
    Wo war dieser Gedanke hergekommen?
    »Ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen. Darf ich eintreten?«
    Der Kontrast zwischen seiner kratzigen Stimme und den übertrieben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher