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Wogen der Sehnsucht

Wogen der Sehnsucht

Titel: Wogen der Sehnsucht
Autoren: India Grey
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sollte ich sie unglücklich machen?“ Tristan trank den Champagner in einem Zug aus. „Sie ist ein Model, Tom; sie bekommt etwas Glitzerndes und Teures von Cartier und jede Menge Publicity, und ich befriedige die Presse, die mich so gerne als nutzlosen Playboy darstellt, und lenke sie so von der Spur ab. Dann sind alle glücklich.“
    Tom sah besorgt aus. „Ich glaube nicht, dass Lily so ist.“
    „Du bist zu nett, Tom, mein Freund“, erwiderte Tristan grimmig und nahm sich ein weiteres Glas. „Sie sind alle so.“

2. KAPITEL
    Als es dämmerte, legte sich eine Art Zauber über alles. Papierlaternen leuchteten blass in den Bäumen, und die funkelnden Sterne am violetten Himmel sahen aus, als wären sie nur zur Freude der Gäste dort angebracht worden.
    Was Lily nicht überrascht hätte. Nichts schien unmöglich an diesem Abend.
    Zuerst liefen Kellner herum und boten kühle grüne Cocktails an, die nach Melone und Champagner schmeckten. Dann ritten als Baum- und Waldnymphen verkleidete Mädchen unter den im Schatten liegenden Bäumen hervor, auf weißen Pferden, die zarte, gedrehte Hörner auf der Stirn trugen. Zu den eindringlichen Klängen eines ganzen Orchesters, das eine umwerfend schöne Frau mit einer elektrischen Geige anführte, hatten sie Pirouetten gedreht und die Pferde auf die Hinterhand steigen lassen, bis Lily nicht mehr sicher war, ob sie nicht träumte. Einmal während der beeindruckenden Parade der Einhörner sah sie kurz Tristan, der mit halb aufgeknöpftem Hemd auf der anderen Seite des Festplatzes stand, den Arm um eine bekannte, als Pocahontas verkleidete Hollywood-Schauspielerin geschlungen. Ein Schock durchzuckte sie wie ein kleiner, heftiger Stromschlag, als sich ihre Blicke für einen Augenblick begegneten.
    Als sie das nächste Mal hinsah, war er verschwunden.
    Schließlich endete die Vorführung, und die Einhörner verschmolzen wieder mit den Schatten unter den Bäumen. Lily drehte sich um und wollte Scarlet etwas sagen, aber ihre Freundin war ein Stück weiter gegangen und stand jetzt bei Tom. Er hatte einen Arm um ihre Hüfte geschlungen, und während Lily zusah, zog er Scarlet an sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    Lily spürte einen schmerzhaften Stich tief in ihrer Brust und wandte sich ab.
    Sie und Scarlet waren lange ein Team gewesen. Ihre gesamte Schulzeit auf der ziemlich rauen Gesamtschule in Brighton hatten sie gemeinsam verbracht – zusammengeschweißt durch die Tatsache, dass sie beide groß und dünn waren und deshalb gehänselt wurden. Bis zu dem Tag, an dem die Agentin Maggie Mason sie bei einem Einkaufsbummel in The Lanes entdeckte und sie nach London zu einem Casting bei einer Modelagentur einlud. Lily war eigentlich fest entschlossen gewesen, zu studieren, und hatte Maggies Karte nur Scarlet zuliebe entgegengenommen. Aber sie waren nun mal die beiden Hälften eines Ganzen – völlig verschieden zwar, aber doch immer zusammen.
    Was auch, wie Lily sich eindringlich erinnerte, der Grund ist, warum du dich so für Scarlett freust. Tom war wunderbar, und wenn sie an all die ungeeigneten Männer dachte, in die ihre Freundin sich hätte verlieben können …
    Tristan Romero de Losada Montalvo zum Beispiel.
    Die Violinistin spielte jetzt ein langsames Solo, eine leise, traurige Melodie, die über die nebligen Felder und die sanften Hügel hallte, die das Schloss umgaben. Noch ein Pferd galoppierte in den Kreis, diesmal mit einem fantastischen Paar Flügel am Sattel. Ein entzücktes Murmeln lief durch die Menge, das sich schnell in einen überraschten Ausruf verwandelte, als die spärlich bekleidete junge Reiterin den Deckel des Korbes öffnete, den sie trug.
    Federn waren zu sehen, man hörte Flügel schlagen, und dann flog ein Schwarm weißer Tauben in den Himmel. In dem dunkelvioletten Licht waren ihre Flügel beinahe durchscheinend. Für einen Moment hingen sie scheinbar bewegungslos in der Luft, so als wüssten sie nicht, was sie mit ihrer unerwarteten Freiheit tun sollten, und aus den Augenwinkeln sah Lily jemanden aus der Menge treten. Sie drehte den Kopf, und wurde gerade noch Zeuge, wie der Mann in dem Robin Hood-Kostüm seinen Bogen hob und einen Pfeil abschoss.
    Ein machohaftes Gejohle erklang aus der Gruppe um ihn herum, während eine der Tauben hilflos flatternd an Höhe verlor. Lily konnte den Pfeil sehen, der seitlich in dem Vogel steckte und ihn nach unten zu ziehen schien. Wie durch ein Wunder fiel er jedoch nicht auf die Erde, sondern fing sich ab und
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