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Wogen der Sehnsucht

Wogen der Sehnsucht

Titel: Wogen der Sehnsucht
Autoren: India Grey
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ihn zu beschreiben. Lily konnte sich sehr glücklich schätzen, heute Abend hier zu sein, wie sie sich schon zum ungefähr vierzigsten Mal selbst versicherte. Doch immer antwortete eine unzufriedene kleine Stimme in ihrem Kopf: Aber wo ist die Magie? Das Leben muss doch mehr zu bieten haben als das hier …
    Ein Schatten fiel über die untergehende Sonne und verdunkelte den verschwenderisch schönen rosa-goldenen Abend. Während sie über die Wiese lief und Scarlet suchte, war sich Lily des Hämmerns hinter ihren Schläfen bewusst; ein gleichmäßiges, rhythmisches Pulsieren, wie ein zweiter Herzschlag, der ihre Unruhe nur zu verstärken schien.
    In diesem Jahr waren Mythen und Legenden das Thema des Balls, und während die Sonne lange Schatten über den Rasen warf, standen in Seide gekleidete Mädchen mit schimmernden Elfenflügeln neben griechischen Göttern und Filmidolen. Mehrere große Festzelte waren an den Rändern des Rasens aufgebaut und ließen Platz in der Mitte, wo laut Scarlet später eine Truppe halb nackter Stuntreiterinnen auftreten würde.
    Auf Einhörnern, wie es hieß.
    Lily senkte den Kopf und seufzte, während eine warme Brise die Blätter an dem imposanten Rosskastanienbaum über ihr bewegte. Morgen um die gleiche Zeit würde sie schon eine halbe Erdumrundung entfernt sein, mitten im trockenen Herzen Afrikas, und das alles hier würde ihr noch mehr wie ein Traum vorkommen, wenn das überhaupt möglich war. Vielleicht war es normal, sich vor einer Reise, wie sie ihr bevorstand, so zu fühlen? Sie wagte sich aus den sicheren Grenzen ihres seichten, oberflächlichen Lebens in die Tiefen einer Welt, über die sie bis jetzt nur gelesen oder etwas in den Nachrichten gesehen hatte. Nervös zu sein war wahrscheinlich völlig verständlich. Außer dass nervös nicht wirklich das Gefühl beschrieb, das sie empfand …
    Ruhelos.
    Das Wort schoss ihr aus dem Nichts durch den Kopf und hallte in ihr wider, verstärkt durch das Hämmern, das die ganze Zeit über lauter wurde. Sie legte den Kopf in den Nacken, weil ihr plötzlich bewusst wurde, dass eine gewisse Spannung in der Abendluft lag; eine pulsierende Energie, die sie spürte und mit einem merkwürdigen Gefühl der Vorahnung erfüllte. Ein Hubschrauber kreiste über ihr in der Luft, und fasziniert beobachtete Lily, wie er wie ein dunkles, mächtiges Insekt vor dem aprikosenfarbenen Himmel seine Bahn zog.
    Plötzlich zuckte sie zusammen, als das Handy, das sie fest umklammert hielt, in ihrer Hand schellte und den Bann brach. Sie meldete sich hastig, presste das Telefon fest an ihr Ohr, sodass der Direktor der Hilfsorganisation für afrikanische Kinder, für den sie arbeiten würde, das schrille Gelächter und die sporadisch aufbrandende, ohrenbetäubend laute Musik der Rockband, die sich gerade einspielte, nicht hören konnte.
    „Ja, gut, danke, Jack. Ich denke, für morgen ist alles fertig …“
    Der Lärm blieb und übertönte Jack Davidsons Stimme fast völlig, sodass Lily schnell über den Rasen von der Party fortlief, in der Hoffnung, irgendwo einen ruhigen Ort zum Telefonieren zu finden.
    „Ja, ich bin noch da …“, sagte sie laut. „Tut mir leid, die Leitung ist schlecht.“
    Sie hielt den Kopf gesenkt und konzentrierte sich ganz auf die Stimme an ihrem Ohr. Jack ging noch einmal die Einzelheiten der Reise mit ihr durch, und die Worte ‚Waisenhaus‘ und ‚Versorgungsstation‘ schienen so gar nicht zu der luxuriösen Umgebung passen zu wollen, in der sie sich befand. Sie ging weiter, umrundete das Schloss und lief auf den offenen Platz dahinter. Sie hatte das üppige Grün der Parkanlage verlassen und überquerte jetzt eine struppige, vertrocknete Wiese hinter dem Gebäude. Die Geräusche der Party waren hier gedämpfter, aber dafür wurde der Lärm der Hubschrauberrotorblätter lauter, die eindringlich durch den warmen Nachmittag pulsierten und die schwere Luft aufwirbelten, bis Lily das Gefühl hatte, im Auge eines Sturms zu stehen.
    Hoch über ihr lächelte Tristan Romero, während er sie beobachtete.
    Ihm wurde klar, dass er sie nicht früher entdeckt hatte, weil ihr goldenes Haar und ihr gleichfarbiges Kleid sie fast perfekt mit dem trockenen, ausgeblichenen Gras des Feldes verschmelzen ließen. Sie sieht aus wie eine Erntegöttin, dachte er und spürte, wie Neugier ihn durchflutete, während er über ihr schwebte. Sie trug eine Art zierliche Krone aus goldenen Blättern auf dem Kopf, die ihr weizenblondes Haar jedoch nicht davon
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