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Wogen der Sehnsucht

Wogen der Sehnsucht

Titel: Wogen der Sehnsucht
Autoren: India Grey
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schockierend sanft. Lily fühlte sich, als wäre die untergehende Sonne vom flammendurchzogenen Himmel gefallen und hätte die Welt in Brand gesetzt, und sie stand mitten in den leckenden Flammen und wollte auf keinen Fall gerettet werden. Sein Arm lag um ihre Hüfte, seine Hand ruhte auf ihrem Rücken. Lily spürte, wie sie sich ihm hilflos entgegenreckte, während ihre Hände – die immer noch ihr Handy und ihr Champagnerglas hielten – nutzlos herunterhingen. Ihre Lippen öffneten sich für ihn, und heiße Lust glitzerte und glühte in der Dunkelheit hinter ihren geschlossenen Augen.
    „Er ist da!“
    Es war nur ein entfernter Ruf, aber plötzlich hob er den Kopf und zog sich ein Stück zurück. Er blickte sie mit seinen blauen Augen an, und für eine Sekunde sah Lily einen fast verzweifelten Ausdruck in ihnen. Doch dann war er wieder verschwunden, und der Mann ließ sie los.
    Benommen drehte sie sich um. Tom und Scarlet kamen Hand in Hand über die Wiese auf sie zu, gefolgt von zahlreichen jungen Frauen, die wie Feen und Meerjungfrauen und Waldnymphen in schimmernde Seide und fließenden Chiffon gehüllt waren.
    „Endlich!“, rief Tom, und auf seinem freundlichen Gesicht erschien ein breites Grinsen, während er auf den Mann zuging, der gerade wie ein Racheengel vom Himmel gefallen war und von dessen Kuss Lily beinahe in Ohnmacht gefallen wäre. Dem blassen, romantischen und sehr englischen Tom passte das St. George-Kostüm wie angegossen, und er wirkte rein und edel neben dem gefährlich attraktiven Fremden. „Wie ich sehe, hast du Lily schon kennengelernt“, sagte er lachend.
    „Lily …“ Die unglaublich perfekten Lippen, die noch vor wenigen Augenblicken ihre liebkost hatten, hoben sich jetzt zu einem ironischen, spöttischen Lächeln, während die blauen Augen über sie glitten und den goldenen Lorbeerkranz und das Faltenkleid im griechischen Stil registrierten. „Das macht es einfacher. Ich war nicht sicher, ob Sie als Helena von Troja oder Erntegöttin Demeter gehen.“
    Lily spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. „Ich dachte eher an Helena von Troja …“, sagte sie verlegen und wich seinem Blick aus.
    „Natürlich. Das Gesicht, das eintausend Produkte eingeführt hat. Sie sind das Mädchen aus der Parfümwerbung, nicht wahr?“
    Lily nickte und sprang zurück wie ein erschrecktes Reh, als er nach ihrer Hand griff und sie langsam hob. Zuerst glaubte sie, er wolle ihre Hand küssen, doch er drehte sie mit der Handfläche nach oben. Sein Daumen strich über die dünne, von blauen Venen durchzogene Haut über ihrem Handgelenk. Dann beugte er den Kopf darüber und atmete ein.
    „Immer wenn ich einen dieser Werbespots sehe, frage ich mich, ob das Parfüm so gut riecht, wie Sie es aussehen lassen“, sagte er nachdenklich. „Aber ich hätte niemals gedacht, dass das möglich ist.“
    Seine Stimme schien in sie hineinzugreifen und Stellen in ihrem Körper zu streicheln, an denen sie noch niemals berührt worden war. Sein Englisch war perfekt, aber der spanische Akzent durchzog es wie Wein, der durch Wasser fließt. Lily musste sich zwingen, sich auf seine Worte zu konzentrieren. „Nicht heute Abend. Ich trage heute kein Parfüm.“
    O Gott. Hatte sie das wirklich gesagt?
    „Tatsächlich?“ Seine Lippen hoben sich zu einem Lächeln, das die Polkappen hätte schmelzen lassen, erreichte jedoch nicht diese kühlen blauen Augen. „Was für eine überaus reizvolle Vorstellung.“
    Einen Herzschlag lang blickte er sie an, dann wandte er sich ab.
    Und genau das ist seine Methode, dachte Lily, während Hitze und Erregung sie durchflossen, sie von innen aushöhlten und ihren logischen Verstand abschalteten. Wer immer er war, er konnte einen mit einer Hand an sich ziehen und einem mit der anderen die Tür vor der Nase zuschlagen. Es war nicht nett, aber, mein Gott, es war effektiv. Sie fühlte sich desorientiert, aus den Angeln gehoben von dem, was passiert war, als hätte er sie entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen und sie dann zurück in ihr normales Leben gestoßen.
    Lily war sich bewusst, dass Scarlet verzweifelt versuchte, ihr ein Zeichen zu geben, aber dann zog Tom sie nach vorn und sagte mit gespielter Förmlichkeit: „Scarlet, ich möchte dir Tristan Romero de Losada Montalvo vorstellen. Er ist der Marqués von Montesa und mein ältester Freund.“
    Lilys Herz zog sich so heftig zusammen, als hätte jemand versucht, sie mit einem Stromstoß wiederzubeleben.
    Tristan Romero de Losada
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