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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt
Autoren: Åsa Nilsonne
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abstoßenden Körper.
    Sie versuchte, ihn zu erschlagen.
    Aber der Schlag war schwach und schlecht gezielt. Das Brett war alt, es landete an seiner Wange, es zerbrach, und sie hörte sich mit neuer schriller Stimme schreien:
    »Verschwinde! Verschwinde!«
    Er stand ganz still da, überrumpelt. Dann hob er langsam die Hand an die aus einer Schramme blutende Wange.
    Er betastete das heiße Blut zuerst mit den Fingerspitzen, dann mit der ganzen Hand, als könne er nicht glauben, was da passiert war. Sein Gesicht wurde mit Blut beschmiert. Der metallische, warme Geruch füllte die Luft.
    Das Blut hob ihren Zorn für einen Moment auf. Sie sah sich von außen, an den Tisch gelehnt, keuchend, mit einem zerbrochenen Schneidebrett in der Hand, um noch einmal zuzuschlagen. Sie sah ihn dicht vor sich stehen, während das Blut über sein Gesicht strömte. Sie sah, wie das Blut schwer auf den Boden tropfte.
    Das alles konnte doch einfach nicht möglich sein?
    So schlimm konnte es doch einfach nicht kommen, für sie, für ihn und für sie beide?
    Aber offenbar war es doch möglich, denn er packte ihre Oberarme, ihre hellrosa Bluse färbte sich mit seinem Blut, und sie versuchte, sich loszureißen.
    Das ging nicht.
    Wie konnte er noch immer so stark sein? Sie würde blaue Flecken bekommen, dachte sie noch, große blaue Flecken an den Armen.
    Ihre Wut war in voller Stärke wieder da. Er stand so dicht vor ihr, dass sie ihn nicht treten konnte, sie konnte ihr Knie nicht in die Stelle rammen, wo es am schmerzhaftesten war. Sie konnte ihre Arme nicht bewegen.
    Deshalb beugte sie den Kopf vor und bohrte die Zähne in seine Hand. Ihre Zähne versanken in der Haut, schlos sen sich um das dünne Skelett der Hand. Sie biss mit al ler Kraft zu. Er brüllte vor Schmerz und ließ los, trat einen halben Schritt zurück.
    Sie spuckte aus - auch sie hatte jetzt Blut im Mund. Dann stieß sie ihn so hart an, wie sie nur konnte - er tau melte rückwärts, knallte gegen den Herd, richtete sich auf, schaute verwirrt seine verletzte Hand an. Richtete dann sei nen trüben Blick auf sie.
    Und fiel wieder über sie her.
    Diesmal war sie besser vorbereitet - sie bohrte ihm die Faust in den Bauch, er krümmte sich, und sie stieß ihn um.
    Danach trat sie ihm in die Rippen. Sie balancierte auf dem rechten Fuß, zog den linken zurück und ließ ihn gegen seinen Brustkorb knallen, so hart, dass ihr Fuß knackte.
    Sie hatte das Gefühl zu fliegen, den besten Rausch aller Zeiten zu erleben, sich aus einer Betonfessel befreit zu ha ben.
    Aber er streckte die Hand aus, packte ihren Fuß und riss daran. Sie stürzte, und er wälzte sich über sie, drückte sie mit seinem Gewicht zu Boden.
    »Ich bring dich um …«
    Seine Stimme war heiser, heiß.
    »Idiot! Das kannst du nicht, lass mich los.«
    In ihrer Stimme lang nicht sehr viel Furcht, eher Verach tung.
    Ihm fiel nichts Besseres ein, als zu wiederholen: »Ich bring dich um!«
    Und über seiner Schulter sah sie plötzlich Theo, ihren Sohn. Seine angstvollen Augen nahmen sein ganzes schma les Gesicht ein.
    Wann war er nach Hause gekommen?
    Theo packte Mikael an der Schulter und versuchte, ihn rückwärtszuziehen, aber Mikael war zu schwer.
    Sie sah, wie Theo die Hand nach dem Messerblock aus streckte und ein scharfes kleines Messer hervorzog, das im Licht funkelte. Sie sah ihn da stehen, voller Angst und un schlüssig mit dem Messer in der Hand. Sie versuchte ihm zuzurufen, er solle es weglegen, die Lage sei nicht so gefähr lich, wie sie aussähe.
    Ihre Stimme gehorchte ihr nicht.
    Mikael erhob sich auf die Knie, schaute sich um, kehrte Theo ein Gesicht zu, das aussah wie eine rotbraune Mas ke, und schrie:
    »Du bist also auch gegen mich!«
    Und dann richtete er sich unsicher auf und versuchte, Theo das Messer wegzunehmen. Theo wich zurück, noch immer das Messer in der Hand. Mikael packte Theos Hand, in der das Messer drohend funkelte. Theo versuchte sich los zureißen. Sein dünner Körper stemmte sich Mikael entge gen, der geriet ins Schwanken, und plötzlich hatte das Mes ser eine lange Wunde in Theos anderen Arm geschnitten.
    Die Innenseite des Armes war, vom Ellbogen bis zum Handgelenk, aufgeschlitzt wie ein Fischbauch.
    Jetzt geschah alles in Zeitlupe.
    Niemand sagte etwas, niemand bewegte sich. Im ganzen Zimmer gab es nur eins, das sie sahen, nämlich Theos Un terarm. Der dunkelrote Muskel war freigelegt, kleine Blut perlen bildeten sich wie makabere Dekorationen an den Rändern der Wunde.
    Mikael ließ
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