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Woelfin des Lichts

Woelfin des Lichts

Titel: Woelfin des Lichts
Autoren: Christa Kuczinski
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bot.

    Jack, der sich wie jeden Tag auf dem Weg zum Bodybuilding-Center seines Bruders befand, hatte sich spontan zu einem Umweg entschieden und wurde dafür belohnt. Durch das Schaufenster beobachtete er Sara, die mit dem Rücken zur Straße hin stand, und sich gerade reckte, um einer widerspenstigen Puppe ein Oberteil aus durchsichtigem Stoff überzuziehen. Ihr kobaltblaues Sommerkleid rutschte nach oben und entblößte gebräunte lange Beine, deren Reiz durch die muskulösen Waden noch betont wurde. Ihr schwarzes, glänzendes Haar fiel offen über den Rücken und rundete das Bild einer attraktiven jungen Frau ab.
    Jack musterte sie unverhohlen. Verdammt, ist dieses Frauenzimmer hübsch, dachte er versonnen.
    Natürlich war ihm bei ihrem letzten Zusammentreffen Saras Reaktion ihm gegenüber nicht entgangen. Und auch sie ließ ihn keineswegs kalt, aber im Gegensatz zu ihr war ihm klar, mit wem er es zu tun hatte. Bereits Freitagnacht hatte er die Anwesenheit einer fremden Wölfin gerochen und deshalb eine Ehrenrunde um Saras Cottage gedreht. Doch erst im Wald, als er sie im Mondlicht auf der Lichtung sah, wusste er mit Bestimmtheit, dass es sich bei der Wölfin um seine neue Nachbarin handeln musste. Marc, der mit den Jahren ein hervorragendes Gespür Wolfswesen betreffend entwickelt hatte, was gewissermaßen daran lag mit einem von ihnen aufgewachsen zu sein, war vor vier Wochen aufgefallen, dass Sara zur Vollmondzeit extrem unruhig geworden war. Dieses untrügliche Anzeichen konnte er durchaus zuordnen. Da sich Jack zu diesem Zeitpunkt nicht in Roseend aufgehalten hatte, hatte Marc ihm erst vor kurzem von seiner Vermutung erzählt, dass es sich bei Sara um eine einsame Werwölfin handeln könnte.
    Was auch der Grund dafür war, dass er ih r das leer stehende Cottage anbot. In einem abgelegenen Ort wie Roseend würde ein weiterer Wolf kaum auffallen.
    Miranda, die zufä llig von ihrer Arbeit aufsah, Jack entdeckte und die Hand hob um ihm zu zuwinken, wurde durch eine Geste seinerseits gestoppt. Mit einem verschwörerischen Seitenblick auf Sara, legte er einen Finger auf den Mund und schüttelte mit dem Kopf.
    Mit einem belu stigten Augenzwinkern in seine Richtung wandte sich seine Schwägerin erneut ihrer Arbeit zu. Als Sara einen Schritt zurücktrat und ihr Werk begutachte, war Jack bereits verschwunden.

    Die Woche verging wie im Flug und abermals stand ein Wochenende bevor. Für die freien Tage hatte sich Sara erneut eine Mammutaufgabe vorgenommen. Ihr Entschluss, endlich ihren altersschwachen Gartenzaun zu reparieren, führte sie nach Feierabend in den einzigen Baumarkt der Stadt. Sie arbeitete ihre Liste ab, schoss über ihr Ziel hinaus und kaufte unter der Beratung eines qualifizierten Mitarbeiters nicht nur schmale Bretter, Nägel und weiße Farbe, sondern alles, was sie glaubte, gebrauchen zu können. Über die Verwendung einer Wetterfahne in Katzenform aus stabilem Edelstahl und einer überdimensionalen kupfernen Sonnenuhr würde sie sich zu gegebener Zeit Gedanken machen.
    Gut gelaunt summte sie auf der Heimfahrt ihren Lieblingssong, Desert Rose von Sting, in voller Lautstärke im Radio mit. Nachdem sie ihre Einkäufe ausgeladen hatte, gönnte sie sich einen langen Spaziergang, dieses Mal in Richtung der weitläufigen Wiesen, deren hohe Grashalme sich sachte im Takt des Windes wiegten. Sie umrundete Roseend, bereitete sich nach ihrer Rückkehr eine Kleinigkeit zu Essen und verbrachte den Abend mit einem guten Buch auf ihrem Lieblingsplatz vor dem Kamin. Zeitgleich mit der Glut, die mit leisem Knistern in sich zusammenfiel und den kleinen Raum in dunkle Schatten legte, schlug sie die letzte Seite zu und bedauerte, das die Geschichte zu Ende war. - Der Talisman - von Stephan King und Peter Straub, war eines der Bücher, das sie besonders gerne gelesen hatte. Solche Geschichten, zwischen Realität und Scheinwelten, zusammengehalten von einem hauchdünnen Schicksalsfaden, der jederzeit gekappt werden konnte, hatten sie bereits als junges Mädchen in ihren Bann gezogen. Sie wusste nur zu gut, dass die Wirklichkeit viele Möglichkeiten bereithielt, je nachdem für welchen Weg man sich entschied.
    In dieser Nacht hielt sie ihr Kissen fest umschlungen , als wäre es kein Ruhekissen sondern ein gepanzerter Schutzschild.

    Der kommende Morgen versprach einen weiteren schönen und sonnigen Tag. Sie freute sich auf die neue Herausforderung den altersschwachen Gartenzaun zu richten und genoss die Abgeschiedenheit
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