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Woelfin des Lichts

Woelfin des Lichts

Titel: Woelfin des Lichts
Autoren: Christa Kuczinski
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fernab vom hektischen Treiben der Stadt. Nach dem Frühstück, das aus einer Tasse Tee und einem aufgebackenen Croissant bestand, zog sie sich alte Shorts und ein rotes T-Shirt über. Ihr dickes Haar flocht sie zu einem lockeren Zopf und stapelte alles was sie zur Reparatur benötigte, an der Gartenpforte, die protestierend quietschte, als ob sie ahnte, dass es ihr und dem restlichen Zaun an den Kragen gehen würde. Bereits nach kurzer Zeit war Sara klar, dass ihre dürftigen Kenntnisse nicht ausreichten, um den maroden Holzzaun zu reparieren. Aber da sie schon einmal alles beisammen hatte, wollte sie es wenigstens versuchen. Tief in Gedanken beugte sie sich zu einem schmalen Brett hinunter, als sich unerwartet eine schwere Hand auf ihre Schulter legte. Sie hatte niemanden kommen gehört, was vermutlich daran lag, dass sie sich völlig auf ihre Arbeit konzentriert hatte. Erschrocken fuhr sie mit einem lauten Aufschrei herum, ihr Puls schoss in die Höhe, ihr Herz raste und sie hatte plötzlich Probleme ausreichend Luft in ihre Lungen zu befördern.
    Jack sah ihren entsetzten Gesichtsausdruck und begriff mit einem Blick in ihre weit aufgerissenen Augen, die durch ihn hindurchzusehen schienen, dass Sara ihn weder erkannte noch zu begreifen schien, dass ihr durch ihn keinerlei Gefahr drohte. Sie stand eindeutig unter Schock.
    Schlagartig verschwand sein Lächeln. Mit einer schnellen Bewegung nahm er ihr das Brett aus der erhobenen Hand, bevor sie es ihm über den Kopf ziehen konnte, zog sie in seine Arme und hielt ih ren zitternden Körper fest an sich gedrückt.
    Wie kann eine harmlose Geste, auch wenn diese unvorbereitet kommt, solch eine heftige Reaktion hervorrufen , dachte er erstaunt.
    Jacks Berührung hatte Sara in die Vergangenheit zurückversetzt. Sie spü rte Simons Hand auf ihrer Schulter, die diese wie ein Schraubstock umklammert hielt, spürte den stechenden Schmerz, der ihr durch das Schultergelenk fuhr ebenso deutlich wie die grenzenlose Angst, die sie dabei empfunden hatte. Es dauerte geraume Zeit, bis sie einen klaren Gedanken fassen konnte und ihr klar wurde, dass es sich nicht um ihren früheren Partner, sondern um Jack, ihren Nachbarn handelte, der sie mit seinen Armen umschlungen hielt und seine Umarmung nun langsam lockerte.
    Immer noch mit weichen Knien, lehnte sie sich gegen seinen Brustkorb, bis sie sich unter Kontrolle hatte. Erst jetzt wurde sie sich ihrer Überreaktion bewusst und schloss beschämt die Augen. Einen Moment lang genoss sie Jacks Nähe und sog den Geruch von Wald und Männlichkeit in sich auf. Fast widerwillig löste sie sich von ihm, strich sich mit der Hand die Haare aus dem Gesicht und hauchte kaum hörbar: „Es tut mir leid.“
    Sie wollte nicht wissen, was er von ihr dachte. Wollte ihm keine Erklärung für ihr merkwürdiges Verhalten lie fern müssen und flüchtete ohne ein weiteres Wort in ihr Cottage, das ihr in diesem Augenblick wie der sicherste Ort auf der Welt vorkam.

    Jack indessen stand wie angewurzelt, seine Augenfarbe normalisierte sich wieder von einem stechenden Goldton zu strahlendem Blau. Sara hatte, wenn auch ungewollt, seinen Beschützerinstinkt geweckt und ihn durch ihren hastigen Rückzug mit diesem mehr als befremdlichem Gefühl sich selbst überlassen.
    Wer immer für ihre Reaktion verantwortlich ist, sollte hier besser niemal s auftauchen , dachte er wütend und wandte sich entschlossen in Richtung des Zauns.
    Sara warf die Tür hinter sich zu. Ihre Panik war verflogen, ihre alten Ängste erneut in den hintersten Winkel ihres Verstandes verbannt, zurück blieb die Beschämung, ausgere chnet vor Jack die Kontrolle verloren zu haben. Was würde er von ihr denken? Es würde ihr nicht leichtfallen, ihm das nächste Mal gelassen gegenüberzutreten, wenn das überhaupt jemals der Fall gewesen war. Jetzt, in der vermeintlichen Sicherheit ihrer vier Wände spürte sie mit aller Deutlichkeit die Einsamkeit, die ihr sonst willkommen war.
    Mit einem heißen Tee als Trostpflaster verdrückte sich Sara auf ihren Sessel, zog die Knie an und schaute gedankenverloren aus dem bis zum Boden reichenden Wohnzimmerfe nster. Sie entdeckte ihren Nachbarn, der mit kraftvollen, fließenden Bewegungen ihren Zaun reparierte und beobachtete Jack geraume Zeit. Normalerweise hätte sie es niemals so weit kommen lassen und seine Hilfe vehement abgelehnt, aber jetzt war sie froh, dass er in ihrer Nähe geblieben war, auch wenn dies bedeutete, dass er ungefragt ihre Arbeit
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