Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
gibt.«
    »Du meinst, eine Gesellschaft, die im Luxus lebt, kann sich Schwächlinge erlauben?«
    »Vielleicht sind sie einfach kultivierter und bringen nicht gleich alles um, was ihnen fremd erscheint.«
    Allmählich driftete das Gespräch aus dem grünen Bereich, registrierte Klara und sagte, um das Thema abzuschließen: »Degeneration ist immer der Anfang vom Ende.«
    »Möglicherweise ist Merlin ja gar kein Schwächling, sondern nur im falschen Rudel«, entgegnete das Mädchen trotzig.
    »Mag sein«, räumte Klara ein. »Aber jetzt, nach dem Fressen, hätten sie gerne ihre Ruhe.«
    Wenigstens war sie nicht schwer von Begriff und entfernte sich. Klara nahm sich vor, ein ernstes Wort mit Barbara zu reden. Es ging einfach nicht, daß sie alles, was sich irgendwo herumtrieb, anschleppte und hier frei herumlaufen ließ.
    Ein lautes Motorengeräusch hallte von den Wänden wieder. Robin trat vor die Tür, als Arne gerade auf den Hof sprang und stolz ausrief: »Das ist er.«
    Vor ihnen stand eine Maschine von der Größe eines Einfamilienhauses.
    »Der neue Mähdrescher«, erkannte Robin. Die beiden Männer umkreisten bewundernd das Monstrum. Sechs Bauern aus der Umgebung hatten sich für diese Anschaffung zusammengetan. Arne klärte Robin über die technischen Details auf.
    »Sieben Meter Schnittbreite. Halogenbeleuchtung.«
    »Und was machst du damit?«
    »Korn.«
    »Jetzt?«
    »Oh, Mann! Ich wollte nur eine Proberunde drehen und ihn dir zeigen, kapiert?«
    Robin fühlte sich geehrt.
    Hannes und er hatten sich nach dem Erwerb des Gutshofes mit Arne und seinem Vater zusammengesetzt, um die Übernahme der Pachtverträge zu verhandeln. Die beiden Gamaschkes waren die ersten Bauern, die Robin persönlich kennengelernt hatte. Umgekehrt war es für die Gamaschkes die erste Bekanntschaft mit einem Schriftsteller. Von Hannes, dem »Fernsehrichter«, ganz zu schweigen.
    Die Verhandlungen waren rasch erledigt gewesen, Hannes hatte den Preis für das Ackerland an der untersten Grenze angesetzt. Robin hatte er danach erklärt: »Ich hätte mehr verlangen können, das Land hat immerhin einen neunziger Bodenwert, im Schnitt. Aber auf dem Land ist gute Nachbarschaft lebenswichtig.«
    Robin, dem ein neunziger Bodenwert wenig sagte, hatte dem zugestimmt.
    Gegenseitige Neugier hatte Arne und Robin im Lauf der Zeit aufeinander zugetrieben. Robin bewunderte, wie Arne diese riesigen Maschinen bewegte und Pflanzen zum Wachsen brachte.
    »Du bist hier der Herr über Leben und Tod«, hatte er einmal gesagt.
    Arne amüsierten solche Aussprüche. Tätigkeiten und Dinge, die für ihn ganz normal, waren, sah Robin aus einem völlig anderen Blickwinkel. Arne bewunderte hingegen in Robin den Intellektuellen, für den er ihn hielt. Und was die Nachbarschaftshilfe betraf: Hannes hatte recht behalten. Es verging kaum eine Woche, in der Arne nicht um Hilfe bei irgendeinem Problem gebeten wurde. Egal ob die Dachrinne leckte, ein Baum gefällt oder ein Felsbrocken versetzt werden mußte, Arne war mit Rat und Tat sowie mit schwerem Gerät zur Stelle. Außer einem gemeinsamen Bier nach getaner Arbeit akzeptierte er nie eine Bezahlung, nicht einmal, nachdem er Klara eine Woche lang jeden Abend beim Bau des Zwingers geholfen hatte.
    Anders als Robin hätte Hannes angesichts des neuen Mähdreschers bestimmt ein paar kluge Fragen gestellt, so wie im letzten Herbst, als sie den gewaltigen Rübenroder bewundert hatten. Hannes war zwar ebenso ein Stadtkind wie Robin, hatte aber einen Onkel, der Pferde und Gemüse züchtete, und ein ausgeprägtes Interesse an technischen Dingen. In Robins Familie hatte es nie Landwirte gegeben. Seine Eltern führten ein Geschäft für Schreibwaren der gehobenen Klasse in einer 1b-Lage der Hannoveraner Innenstadt. Ferien hieß für Robin Berge. Wandern, Bergsteigen, Skilaufen. Seine Eltern und die von Hannes, die Frenzens, hatten sich bei einem Diavortrag des Alpenvereins kennengelernt. Als sie das erste Mal zusammen in Urlaub fuhren, war Robin acht und Hannes doppelt so alt. Trotzdem verstanden sie sich von Anfang an gut und stellten sich Fremden gegenüber als Brüder vor. Manchmal sagte sogar irgendein Schafskopf: »Das sieht man.« Um die Anerkennung seines Wahlbruders nicht aufs Spiel zu setzen, strengte sich Robin mächtig an, um auf den strapaziösen Bergtouren mitzuhalten. Mit neun Jahren erklomm er den Hochvogel und die Zugspitze, mit elf bestieg er die Jungfrau und den Mönch. Als Hannes nicht mehr mitfuhr, erklärte Robin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher