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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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Sprungbrett ins Abendprogramm. Die Quoten der ersten beiden Sendung waren so lala, sanken dann aber rasch ins Bodenlose. Während sich Lemmings grottendämliche Anwaltsserie, das Konkurrenzprogramm, tapfer hielt. Dienstags, 20:15 Uhr. Heute war es also wieder soweit. Ein unerträglicher Gedanke. In der nächsten Staffel hatte die Reinecke eine Gastrolle. Gönnerhaft hatte man ihm dasselbe angeboten, was Hannes selbstverständlich abgelehnt hatte. Allenfalls eine Gastrolle im Tatort hätte er akzeptiert. Nein, er durfte sich nicht verzetteln und billig verkaufen, für seinen Neustart mußte es schon etwas Besonderes sein, etwas nie Dagewesenes. Nur fehlte es im Moment an einem brauchbaren Konzept. Prado-Film schien nicht allzu viele Anstrengungen zu unternehmen, ihn dauerhaft ins Abendprogramm zu schleusen, und von Seiten des Senders kam ebenfalls kein verlockendes Angebot.
    Wenn nicht bald etwas geschieht, dachte Hannes, werden Frank Lemming und Sabrina Reinecke in Kürze populärer sein als ich.
    Er ließ die Reinecke stehen, wechselte ein paar freundschaftliche Worte mit Helga, der Protokollantin. Außer ihm selbst war sie die einzige, die in jeder Sendung zugegen war. Verteidigung und Staatsanwaltschaft wechselten. Zum Glück. Vier Produktionstage in der Woche mit Lemming und Reinecke wären nicht zu ertragen.
    Er ging in die Garderobe und zog endlich seine Robe aus. Darunter trug er ein behördengrünes Polohemd, das Schweißflecken unter den Armen aufwies. Die Schminke war hinüber, er würde nachher noch einmal in die Maske gehen müssen.
    Er wusch sich Gesicht, Hals und Achseln mit kaltem Wasser und zog ein frisches Hemd aus dem Spind. Schon besser. Er goß sich einen Schluck Kognak in ein Wasserglas, setzte sich vor den Spiegel und sog den Duft des Getränks ein.
    Sabrina Reinecke war für Hannes eine besondere Enttäuschung und ein Beweis für die sehr kurze Halbwertszeit der Tugend Dankbarkeit. Als sie noch beide am Landgericht Hannover arbeiteten, hatte er die Frau zwar als hartnäckig in der Sache, aber dennoch als angenehme Kollegin empfunden. Sonst hätte er sie gewiß nicht in seine Sendung geholt. Ein Kuckucksei! Wie so ein bißchen Bekanntheit – von Ruhm konnte gar keine Rede sein – einen Menschen verändern konnte. Er selbst war doch auch auf dem Teppich geblieben. Jedenfalls sah er aus wie ein netter Kerl. Also war er auch einer, oder?
    Hannes sah auf die Uhr. Ein Kaffee in einer Bar um die Ecke war noch drin. Danach würde man weitersehen. Die Bauchnabelgepiercte lauerte ihm vor der Tür zur Tiefgarage auf.
    »Ich bin’s, Vanessa. Man nennt mich Nessie.«
    Hannes lächelte schicksalsergeben. Wortlos folgte sie ihm in die Tiefgarage zu seinem Wagen. Es war ein neuer Audi S6, graphitmetallic, mit allen Extras. Er hielt dem Mädchen die Tür auf und setzte sich hinter das Steuer. Die Innenbeleuchtung blieb gerade so lange an, daß er die Schenkel betrachten konnte, die ihn, wenn er wollte, heute nacht in den Schlaf schaukeln würden. Als er sich von diesem Anblick löste und durch die Windschutzscheibe sah, bemerkte er einen dunklen Flecken auf seiner Seite, der in etwa die Umrisse von Italien hatte, ohne Sizilien.
    »Die Scheibe ist ja total dreckig«, stellte das Mädchen fest und inspizierte die Scheibe von innen mit zusammengekniffenen Augen.
     Hannes stellte den Scheibenwischer an, aber der Fleck verschwand nicht, lediglich die Konturen verschwammen.
    »Verdammt!«
    Er stieg aus. Die trüben Funzeln der Garage spendeten nur trübes Licht. Ein dunkler Belag war auf der Windschutzscheibe. Seine Begleiterin war ebenfalls ausgestiegen. Ehe Hannes sie daran hindern konnte, fuhr sie prüfend über die Scheibe. Dann starrte sie auf ihre Hand und begann zu kreischen. Etwas Rotes, Klebriges haftete an ihren Fingern.
    In Klaras großzügigem Zwinger gab es zwei Hütten, einen Unterstand, einen Teich, Baumstämme und ein paar große, gerundete Felsbrocken. Vor den Hütten lagen abgenagte Hölzer und zerrissene Tierfelle. Man mußte sehr nah herantreten, um die Tiere ganz zu sehen, denn der Metallgitterzaun war über zwei Meter hoch und so bepflanzt, daß die Hunde ihre Umgebung durch einige Lücken im Grün beobachten konnten, während man, wenn man hineinspähte, aus der Entfernung nur vorbeihuschende Schatten sah. Seit die Fremde am Gitter stand, war drinnen alles erstarrt. Zwei von ihnen thronten wie Sphinxe auf je einem Findling. Ihr Fell war grau und blaßgelb auf der Bauchseite. Sie besaßen
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