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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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das weiche Gesicht junger Hunde, doch ihre Haltung war majestätisch, der Blick aufmerksam und klug. Ihre bernsteinfarbenen Augen standen katzenhaft schräg und waren schwarz umrahmt, als hätte man einen Lidstrich um sie gezogen. Ein weiterer hockte vor einer der Hütten und hielt die Nase in die Luft. Hinter den Baumstämmen kauerte ein vierter und schaute ebenfalls in die Richtung, aus der der fremde Menschengeruch kam. Seine Haltung drückte Unsicherheit aus. Er war kleiner als die anderen, und sein Fell war mondfarben. Plötzlich hoben alle vier ihre Nasen noch ein Stück höher, witterten, dann sprangen die zwei Sphinxen von ihren Felsen und stellten sich vor die Tür. Die anderen verharrten auf ihren Plätzen, der Helle leckte sich die Nase und winselte.
    »Bleib da stehen!«
    Das Mädchen fuhr herum. Klara kam auf den Zwinger zu. Sie trug eine Schüssel im Arm. Die Hunde begannen zu jaulen. Klara schob die zwei schweren Eisenriegel zurück und betrat den Zwinger.
    »Ist ja gut, ich weiß, ich bin spät dran, nun macht mir bloß keine Szene!«
    Sie leerte die Schüssel aus. Die drei grauen Tiere stürzten sich sofort auf die hingeworfenen Brocken. Der Helle schlich mit eingezogenem Schwanz um sie herum und schnappte sich verstohlen eine kleines Stück, das ihm am nächsten lag. Klara verließ den Zwinger und verriegelte sorgfältig die Tür. Die Besucherin stand noch immer da wie eingefroren.
    »Was machst du hier?« fragte Klara, ohne die Meute aus den Augen zu lassen.
    »Barbara …« Sie verstummte.
    »Barbara …«, wiederholte Klara aufmunternd, als spräche sie zu einer Dementen.
    »Sie sieht gerade fern, so eine Gerichtsshow, die finde ich dämlich. Da bin ich ein wenig rumgelaufen.«
    Klara verkniff sich ein Grinsen. »Kennst du Barbaras Lebensabschnittsgefährten?«
    Kopfschütteln.
    »Kennst du Barbara überhaupt näher?«
    »Vom Kindergarten.«
    »Wie heißt du?«
    »Nasrin.«
    »Ich bin Klara. Die beiden da vorn sind Shiva und Drago, die hier heißt Ruska, und der helle Merlin.«
    »Vorhin haben sie geheult wie Wölfe«
    »Es sind Wolfshunde«, erklärte Klara. »Aber ich sage immer, es seien Schäferhunde. Das klingt nach Kommissar Rex. Bei Wolfshund denken die Leute gleich an Rotkäppchen.«
    »Wieviel Wolf?« fragte Nasrin.
    »Die letzte Einkreuzung erfolgte Mitte der 60er Jahre.« Es klang wie eine einstudierte Formel.
    Merlin versuchte, an einen größeren Brocken der Delikatesse heranzukommen, wurde aber von Shiva angeknurrt. Er zog den Schwanz ein und trollte sich.
    »Sind sie gefährlich?«
    »Kein Wolfshund und auch kein Wolf ist auch nur halb so gefährlich, wie das, was heutzutage als sogenannter Kampfhund in der Gegend herumläuft. Aber sie sind scheu. Sie können aus Angst zubeißen, wenn man sie erschreckt.«
    Merlin versuchte sein Glück bei Drago. In geduckter Haltung schwänzelte er demütig um ihn herum, während er ihm mit der Schnauze gegen die Lefzen stupste. Drago spie gönnerhaft einen Batzen aus. Merlin stürzte sich gierig darauf. Als die Tafel aufgehoben war, gingen die Tiere entspannt diversen Zerstreuungen nach. Drago zerfetzte einen Hasenbalg, Shiva trank aus dem Teich, Ruska lag auf der Seite und döste. Nur Merlin schnüffelte verzweifelt den Boden ab.
    »Sind sie nicht wunderschön«, sagte Klara leise und mehr zu sich selbst.
    »Ich glaube, der Helle ist nicht satt geworden.«
    »Mag sein. Merlin ist der Omega-Rüde.«
    »Der was?«
    »Shiva und Drago sind Alphas. Die Leittiere. Omega ist der, auf dem alle rumhacken.«
    »Wie gemein.« Ein anklagender Blick traf Klara.
    »Das ist ein natürliches Rudelverhalten.«
    »Aber das hier ist nicht die Natur«, rief das Mädchen, nun plötzlich voller Leidenschaft. »Das ist ein Käfig! In der Natur würde er doch abhauen, wenn alles auf ihm rumhackt. Das würde ich jedenfalls tun. Wenn ich Merlin wäre«, setzte sie etwas ruhiger hinzu.
    »Und wer beschützt dich dann?«
    »Ich mich selbst.«
    »Ganz allein? Ein unerfahrener, schwächlicher, auffallend heller Hund?«
    »Ich würde mir ein anderes Rudel suchen. Eins, in dem sie netter zu mir sind.«
    »Nenn mir einen Grund, warum ein fremdes Rudel netter zu dir sein sollte.«
    »Vielleicht, weil sie von Natur aus netter sind.«
    »Die Natur ist nicht nett«, stellte Klara fest.
    »Dann eben, weil ich anders bin, eine Abwechslung.«
    »Eher ein Grund, dich zu töten.«
    Nasrin dachte ein paar Sekunden nach, dann trumpfte sie auf: »Oder weil es dort mehr zu fressen
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