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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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Ich glaube, es wurden keine tausend Stück davon verkauft, aber in einigen obskuren Literaturzeitschriften, so Dinger, die in Szenekneipen herumliegen, wurde er als der Melancholiker der Generation X bezeichnet. Seither hält er sich für ein Jahrhunderttalent. Und benimmt sich auch so«, fügte sie hinzu. »Du solltest diese Wohnung sehen.« Sie schüttelte den Kopf, führte das Thema aber nicht näher aus, sondern fuhr fort: »Seine Freundin ist auch übergeschnappt. Kündigt ihre Anstellung als Biologin an der TiHo, angeblich, um ihre Doktorarbeit zu schreiben. In Wirklichkeit, damit sie sich um einen Haufen junger Hunde kümmern kann. Wo sie bloß heute so lange bleibt? So lange hat sie sie noch nie alleine gelassen. Aber ich mische mich da nicht ein, sie ist furchtbar eigen mit ihren Hunden. Und nicht nur mit ihren Hunden«, setzte Barbara hinzu. »Ihre Mutter ist eine von Rüblingen .« Barbara spitzte bei den letzten Worten affektiert die Lippen. »Sie war mal hier. So eine Perlenkettenfrau. Das krasse Gegenteil von Klara. Zwanzig Minuten hat es gedauert, dann hatten sie sich in der Wolle.«
    Barbara leerte ihre Tasse und schaute ihre junge Besucherin abwartend an. Sie hatte so gar nichts von einem unreifen Teenager. Etwas Melancholisches ging von ihr aus, und etwas Dunkles, Geheimnisvolles.
    »Gehst du noch zur Schule?«
    »Nein.«
    »Was machst du?«
    »Ich bin …« In diesem Augenblick hörte man von nebenan ein Geräusch. Ein langgezogener, tierischer Heulton, schrill und tief zugleich, dem sofort ein ähnlicher folgte, und noch einer, ein schauriger Kanon. Nasrin richtete sich auf und sah Barbara mit erschrockenen Augen an. Barbara fuhr wie von einer Nadel gestochen in die Höhe und rannte ins Haus.
    »Himmel, schon fünf nach drei!« rief sie, warf sich auf das Ledersofa und griff nach der Fernbedienung.
    Entgegen ihrer Gewohnheit sah Klara nicht als erstes nach den Hunden, sondern hastete, kaum daß sie auf den Hof geprescht war, in ihre Wohnung und ins Bad. Sie riß sich die Kleider vom Leib und warf die ganze Ladung in die Umzugskiste, die ihr als Wäschetonne diente. Sie würde die Sachen wegwerfen, beschloß sie, als sie unter der Dusche stand.
    Klara seifte sich gerade zum drittenmal ein, als sie einen dunklen Umriß hinter der von Dampf beschlagenen Glaswand wahrnahm. Eine Hand preßte sich von außen an die Scheibe, die Flasche mit dem Duschgel knallte auf ihren großen Zeh. Sie schob die Wand zurück. Robin grinste. Falls er sich über ihre Reinigung zu dieser ungewöhnlichen Zeit wunderte, ließ er nichts davon durchblicken, sondern bemerkte: »Er war schon ein Schelm, der alte Hitchcock. Ich wette, seit Psycho haben Generationen von Frauen dieses ungute Gefühl beim Duschen.«
    Ich werde ihm den Schlüssel abnehmen, beschloß Klara. Er war es schließlich, der zwei getrennte Wohnungen wollte. Dann also richtig.
    Robin wartete im Wohnzimmer. Es lag genau unter seinem, wirkte aber doppelt so groß. Ein Sofa, drei Bücherregale und ein Schreibtisch mit Drehsessel und PC hatten hier Platz gefunden. Auf einem großen Tisch daneben standen noch ein Computer, ein Drucker, Scanner, Fax, Telefon und weitere, undefinierbare Geräte. Dazwischen herrschte Kabelverhau. Als Couchtisch diente ein Umzugskarton. Überhaupt lagerte noch viel von Klaras Besitz in Kartons. Nicht daß sie zum Purismus neigte. Sie hatte sich in dem knappen Jahr einfach noch nicht aufgerafft, sich um ihre Einrichtung zu kümmern. Eher fuhr sie an einem Tag vierhundert Kilometer, um ein ganz spezielles Hundefutter zu besorgen. Das Wenige, was an Möbeln vorhanden war, stammte aus ihrer alten Mansarde im Zooviertel, das inzwischen gerne »Kanzlerviertel« genannt wurde. Eine leihweise Überlassung von Einrichtungsgegenständen aus dem Erbe von Robins Eltern hatte sie kategorisch, wenn nicht sogar eine Spur hysterisch, abgelehnt.
    Klaras Wohnung sah nicht aus wie die einer Frau, fand Robin. Der einzige Wandschmuck war ein Rentierfell, und darüber hing ein Gewehr, von dem Robin wußte, daß es kein Ziergegenstand war.
    In ein Handtuch gewickelt, kam Klara aus dem Bad. Robin lehnte mit verschränkten Armen in der Wohnzimmertür und sah ihr nach, als sie an ihm vorbeiging. Klara wurde ein wenig flau im Magen. Warum lungerte er hier herum? Ahnte er etwas? Ausgerechnet jetzt, wo die Sache vorbei war? Zu Beginn der Affäre war Klara nicht besonders vorsichtig gewesen. Vielmehr hatte sie sich gesagt, daß es Robin ganz recht geschähe,
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