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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition)
Autoren: Mira Magén
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könnten wir viel unternehmen, wir könnten die Oberfläche der Erde umgraben, wir könntensäen, pflanzen und gießen, wir könnten unserer Hände Arbeit genießen und darauf warten, dass Wicken, Radieschen und Basilikum aus Samen platzten und anfingen zu wachsen. Auch Petersilie und Rosmarin und Zwiebeln …
    Nadav hob einen jungen Kiefernzapfen auf und steckte ihn in die Tasche, er bückte sich nach einem weiteren, da drang eine Stimme durch die Spalten des Rollladens. »Leg ihn zurück, Junge, das ist Privatbesitz.« Der Kiefernzapfen kehrte zur Erde zurück, die Hand des Jungen zu meinem Kleid, der Himmel zum Himmel, der Wald zum Wald. Wir drehten dem Hof den Rücken, öffneten das Tor, schlossen es, und die zornige Stimme vom Rollladen kam uns hinterher. »Leg auch das zurück, was du in die Tasche gesteckt hast.« Der Alte, unsichtbar, verfolgte uns boshaft von einem Rollladen zum nächsten.
    Nadav warf den Kiefernzapfen zu Boden und sagte, dieser Mann sei schrecklich. Noch während er sprach, wurde der Rollladen des schrecklichen Mannes hochgezogen, und sein Kopf erschien im Fenster.
    »Der Junge hat Schuhgröße achtundzwanzig?« Er streckte den Hals in unsere Richtung.
    »Achtundzwanzig.«
    »Nun denn, hier ist der Schlüssel, Sie können Ihre Sachen noch heute bringen.«
    Er schob die Hand aus dem Fenster und ließ das Band, an dem der Schlüssel hing, herumkreisen. Der Schlüssel wurde durch die Luft gewirbelt, funkelte in der Sonne, verlor seine Form und verwandelte sich in einen gleißenden Silberstreifen. Die Fenster des Hauses, das zu vermieten war, blickten uns verlassen an, stumpf von Staub und Schmutz, und auch wir betrachteten sie und dachten über unsere nächsten Schritte nach.
    »Werfen Sie den Schlüssel herüber, Herr Levi«, rief ich, und er sagte, ich solle so gut sein und zu seinem Fenster kommen, um den Schlüssel zu holen, man werfe einen Hausschlüssel nicht, ein Hausschlüssel sei etwas Heiliges. Der Junge stand da, die Schuhe mit der Größe achtundzwanzig dicht aneinandergedrückt, und wartete, während ich den Rasen überquerte und zum Fenster des Alten ging. Er hörte auf, das Band zu drehen, und gab mir den Schlüssel, der den meisten Schlüsseln der Welt glich, metallisch, klein und kalt, die offizielle Erlaubnis für unsere neue Behausung. Innerhalb eines Tages ließ ich eine Kopie machen und besaß nun zwei. Einen hängte ich als Glücksbringer an einen Handtuchhaken in der Küche, den anderen befestigte ich am Bund mit den Schlüsseln für das Auto, den Laden und die Wohnung in der Stadt.
    Vier Monate lang hatte Gideon nicht um einen eigenen Schlüssel gebeten, er hatte gesagt, ein Schlüssel, wie wenig er auch wiege, habe ein großes Gewicht, und es würde uns im Leben nicht an Schlössern und Riegeln fehlen, und außerdem würde er nicht kommen, ohne uns im Voraus Bescheid zu sagen.
    Vier Monate waren wir hier, und der erste Mensch, der unangekündigt zu uns gekommen war, war Madonna.
    Nachdem die Polizei sie abgeholt hatte, betraten wir das Haus, froh, so viel Glück gehabt zu haben, und entdeckten, dass der Glücksbringer nicht mehr da war, der Haken war leer, der Schlüssel mit der Besucherin verschwunden. Ich wusste nicht, wie ich dem Alten die dringende Notwendigkeit, das Schloss auszutauschen, erklären sollte, nachdem ich ihm die Geschichte mit einer Nichte, die angeblich bei uns geschlafen hatte, aufgebunden hatte. Wir würdenuns bald auf den Weg machen, ich zum Laden, der Junge zur Sommerbetreuung des Kindergartens, dann könnte Madonna hier auftauchen, mit ihrer Clique in unser Haus eindringen, und jeder könnte sich bedienen.
    Solange ich nicht wusste, was ich zu ihm sagen sollte, stand ich am Fenster und schaute hinaus, die Welt war wie immer, die Wäsche des Jungen, die ich am Vortag an die Leine gehängt hatte, blähte sich im Westwind, Müllmänner leerten Levis Tonne und näherten sich der Tonne der Arzis. Der Mitsubishi von Schoschana, der Tochter des Alten, hielt am Tor, Schoschana stieg aus, mit einem Topf Suppe für ihren Vater, und der Dampf ging ihr voraus wie die Wolkensäule vor dem Volk bei Tage. Um sechs Uhr morgens kocht sie Linsen, um sieben bringt sie den Topf zu ihrem Vater, und um halb acht öffnet sie ihre Kinderkrippe, jeden Tag, außer an Neumondtagen, da streckt sie sich auf den Gräbern der Gerechten aus, nicht weil es ihr an etwas fehlte, im Gegenteil, weil sie alles hatte, und weil der Gerechte, dessen Gerippe unter der Grabplatte
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