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Woche voller Samstage

Woche voller Samstage

Titel: Woche voller Samstage
Autoren: P Maar
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nicht.«
    »Wie denn?«, fragte das Sams.
    »Indem ich mir etwas ganz Ausgefallenes wünsche. Etwas, was es eigentlich überhaupt nicht geben kann.«
    »Und das wäre?«
    »Ich wünsche, dass es hier in meinem Zimmer schneit!«
    »So ein blöder Wunsch. So ein strohblöder Wunsch!«, beklagte sich das Sams und rannte zum Schrank.
    »Was willst du denn im Schrank?«, fragte Herr Taschenbier.
    »Mir einen Mantel holen«, rief das Sams aus dem Schrank. »Ich will doch nicht erfrieren.«
    Da begann es auch schon zu schneien.
    Ein eisiger Wind wehte aus der Nordost-Ecke des Zimmers und wirbelte Schneeflocken über Bett, Schreibtisch und Schrank. Die Gardinen blähten sich, und das Kaffeegeschirr klirrte.
    »Bring mir auch einen Mantel!«, rief Herr Taschenbier dem Sams zu. »Und vergiss nicht die warmen Socken!«
    Als er sprach, dampften helle Atemwolken aus seinem Mund. Er stand im Bett und steckte die frierenden Hände unter die Achseln.
    »Wird gemacht!«, schrie das Sams durch den Sturm zurück und machte sich auf den Weg zum Bett.
    Mutig stapfte es durch den kniehohen Schnee und arbeitete sich durch die meterhohe Schneeverwehung hinter dem Schreibtisch durch.
    »Wir müssen einen Unterstand bauen«, erklärte es Herrn Taschenbier, als es beim Bett angelangt war. »Sonst werden wir völlig eingeschneit.«
    Gemeinsam hoben sie die Bettdecke hoch, hängten sie über sich und verkrochen sich darunter.
    Da brach auch schon die Gardinenstange mit dem Vorhang unter der Schneelast zusammen und gab den Blick auf das Fenster frei. Durch die Eisblumen auf der Außenseite des Glases konnten sie draußen undeutlich die warme Morgensonne sehen.
    Drinnen sank die Temperatur weiter unter den Gefrierpunkt. Der eingeschenkte Kaffee in der Tasse war längst steinhart gefroren. Der Schreibtisch war nicht mehr zu sehen, so hoch lag der Schnee. Vom Stuhl ragte nur noch die Lehne aus dem Weiß.
    »Wir müssen höher steigen, sonst werden wir unter dem Schnee begraben«, stellte Herr Taschenbier fest. Gleich darauf donnerte eine Schneelawine vom Schrank und verfehlte die beiden in ihrem Unterstand nur um wenige Zentimeter.
    »Auf den Schrank!«, rief das Sams und kletterte voraus. Herr Taschenbier stieg hinterher.
    In der Zwischenzeit stand Frau Rotkohl in der Küche und beobachtete die Uhr.
    »Es sind schon mehr als zehn Minuten vergangen, und der Bengel ist immer noch nicht aus dem Haus«, schimpfte sie. »Jetzt hat der Flaschenbier endgültig ausgespielt. Ich kündige ihm!«
    Mit diesem Gedanken rannte sie aus der Küche, hastete über den Flur, riss die Tür von Herrn Taschenbiers Zimmer auf und rief: »Herr Flaschen...«
    Mehr konnte sie nicht sagen. Denn eine gewaltige Schneelawine stürzte aus der Tür, begrub Frau Rotkohl unter sich, rollte wie ein riesiger Schneeball durch den Flur und weiter in die Küche. Dort stieß der Riesenschneeball gegen den Küchenschrank, zerbrach und gab Frau Rotkohl frei, die wie der Kern einer Pflaume mitten in der großen Kugel gesessen hatte.
    »So eine schlimme Unordnung! Meine schöne Küche!«, schrie sie entsetzt und begann, den Schnee auf die Schaufel zu kehren.

    Drinnen im Zimmer kuschelten sich Herr Taschenbier und das Sams auf dem Schrank eng aneinander. Es wurde immer kälter, und der Schnee stieg immer höher. Von der Stuhllehne war inzwischen auch nichts mehr zu sehen.
    Aus der Gegend, wo vorher der Schreibtisch gestanden haben musste, ertönte ein dumpfes, grollendes Brummen. Gleich darauf wühlte sich etwas Großes, Weißes aus dem Schnee und zeigte ein rotes Maul und spitze Zähne.
    »Wa-wa-was ist da-da-das?«, fragte Herr Taschenbier und klapperte vor Angst und vor Kälte mit den Zähnen.
    »Ein Ei-Ei-Eisbär, nehme ich a-a-an«, klapperte das Sams zurück.
    »Wo-ho-ho kommt der he-her?«, wunderte sich Herr Taschenbier.
    »Wo Eis und Schnee si-si-sind, si-si-sind die Eisbären nicht weit«, schnatterte das Sams.
    »Vielleicht sollte ich mir wü-wü-wünschen, dass aus meinem Spazierstock ein Gewehr wird«, überlegte Herr Taschenbier.
    »Ka-ka-kannst du denn schießen?«, fragte das Sams.
    »Nein, wo hä-hätte ich denn das lernen sollen?«
    »Dann wü-wüsste ich einen besseren Wu-Wunsch!«
    »We-welchen denn?«
    »Tauwetter!«
    »Na-na-natürlich!«, schrie Herr Taschenbier und schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Daran habe ich in der Au-Aufregung gar nicht gedacht. Ich wü-wünsche, dass es taut und dieses dumme Schneewetter sofort aufhört!«
    Kaum hatte er ausgesprochen,
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