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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor?
Autoren: Richard Gordon
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sich ein Seufzer. »Einmal kommt jeder von uns dran, Josephine. Und bei so einer Aufgabe läuft es einem kalt über den Rücken.«
    »Aber es geht doch um den Nachruf auf Sir Lancelot und nicht um deinen!«
    »Trotzdem kommt man dabei zu der bitteren Erkenntnis, daß alle Menschen sterblich sind und die medizinischen Erkenntnisse manchmal recht unzuverlässig...« Er machte eine fahrige Handbewegung. »>Frag nie, für wen die Stunde schlägt... es mag deine eigene sein...< - >Die Wege zum Ruhm führen nur ins Grab...< - >Ars longa, vita brevis...< All das, weißt du, kommt einem plötzlich zu Bewußtsein.«
    »Aber Lionel, Liebster!« Josephine war eine große, hübsche, dunkelhaarige Frau, deren Augen nun im Mitgefühl schwammen. »Du bist doch ein verhältnismäßig junger Mann!«
    »Ich bin um einiges älter als du.« Der Dean nahm seine große runde Brille ab und begann sie nachdrücklich zu putzen. »Du warst ja so jung bei unserer Hochzeit, Josephine, für damalige Begriffe fast ein Kind. Jetzt natürlich ist es anscheinend gang und gäbe, daß die jungen Mädchen zwischen ihren Schulaufsätzen heiraten und Kinder kriegen. Wahrscheinlich, weil sie mehr Fleisch oder sonst etwas zu essen bekommen.«
    Sie trat hinter ihn und legte ihm sanft die Arme um die Schultern. »Versprichst du mir, daß du dich nicht länger mit so düsteren Gedanken abgibst?«
    »Das ist nicht leicht, mein Schatz. Ich muß gestehen, daß ich schon seit geraumer Zeit fühle, wie unglaublich leer, ja völlig sinnlos dieses Leben ist. Sag, ist dir nichts an mir aufgefallen?«
    »Doch, aber ich dachte, es sei dein Rheumatismus.«
    »Wozu sind wir hier? Welchen Zweck erfüllen wir? Vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer?«
    »Lionel!«
    »Wir sind nichts als Laub, das im Herbst zu Boden fällt, weggefegt wird und in Rauch aufgeht, der hoffnungsvoll gen Himmel schwebt...«
    »Lionel! Ich mache mir Sorgen um dich...«
    »Das Leben ist wie ein Wecker. Tick-tack, tick-tack, tick-tack... Und dann plötzlich: klingalingalingalingaling!«
    »Lionel! Das an einem so schönen Morgen...!« Er lehnte sich zurück in die wohlige Fülle ihres beachtlichen Busens. »Abgesehen davon, daß du Arzt bist und so viel Gutes für die Menschheit tust, kannst du doch auf ein höchst erfolgreiches Leben zurückblicken...«
    »Das ist es ja. Schon in der Halbzeit war ich am Ziel meiner Wünsche. Aller meiner Wünsche. So etwas kann nur der Teufel in Person einem fähigen Menschen antun.«
    »Bist du nicht stolz auf deine Erhebung in den Adelsstand?«
    »Hör mir auf!« brummte er, »nur ein weiteres Loch in der Tasche. Die Leute bilden sich alle ein, daß einer, bloß weil er einen Titel führt, Geld wie Mist haben muß. Ganz abgesehen davon, daß man jetzt anscheinend auf Schritt und Tritt Adeligen meines Rangs begegnet. Scheinen so dicht gesät zu sein wie die Polizisten, die Strafmandate verteilen. Ich erinnere mich, daß es mir genauso ging, als ich promovierte; die Welt schien damals ausschließlich von Ärzten bevölkert zu sein. Sonderbar, was? Immerhin ist das hier heute früh mit der Post gekommen...« Er griff nach einem Schreiben mit dem Briefkopf »Unterhaus«. »Es könnte bewirken, daß ich dem Leben doch wieder neues Interesse abgewinne...« Josephine las über seine Schulter mit.
     
    Lieber Lionel!
    Darf ich Dich an einem der nächsten Tage zum Mittagessen ausführen? Möglichst bald; heute, wenn es Dir paßt. Etwas von höchster Wichtigkeit und Dringlichkeit ist in einem meiner Ausschüsse zur Sprache gekommen. Ich glaube, es könnte recht interessant für Dich sein.
    Wie immer,
    Frankie
     
    »Das klingt sehr vielversprechend, Liebster. Vielleicht geht es um den Vorsitz in einer Königlichen Kommission?«
    »Wie ich unsere Frankie kenne, weit eher um den Vorsitz bei einem lokalen politischen Gartenfest. Aber meine Sekretärin soll einmal anrufen. Es ist immer recht vergnüglich, Frankie zu treffen.«
    Eine Spur zu früh, fand er, nahm seine Frau die Arme von seinen Schultern. »Also, wenn du mich fragst«, sagte sie, »hast du dieses gänzlich unberechtigte Gefühl des Nutzlosseins nur, weil unsere zwei Kinder jetzt flügge sind.«
    »Aha! Eine köstlich weibliche Verniedlichung... Obwohl ich zugebe, daß es ein komisches Gefühl ist, sich unseren kleinen George verheiratet und in Schweden vorzustellen. Weiß Gott, was die beiden dort treiben; wenn man an die schwedischen Filmplakate denkt, mit denen London vollgekleistert ist... Und unsere Muriel
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