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Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Titel: Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen
Autoren: Andrea Walter
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schon viel besser. Wir fahren weiter durch Lavafelder und eine Landschaft bezaubernder Unwirklichkeit. Es geht zum Gullfoss (goldener Wasserfall), der sich mit einem mächtigen Rauschen und in zwei breiten Kaskaden eine bis zu 70 Meter tiefe Schlucht hinabstürzt und die Gesichter der Besucher mit Gischt besprüht. Vom Gullfoss ist es nicht weit zum Geysir, dem Namensgeber für alle Springquellen in der Welt. Weißer Dampf wabert über den Boden
und es riecht so, wie es auch riecht, wenn man in meiner Wohnung den Wasserhahn aufdreht und das warme Wasser laufen lässt: nach faulem Ei. Also nach Schwefel. Wobei man zugleich sagen muss, dass das kalte Leitungswasser in Island das köstlichste ist, das ich je getrunken habe, und man sich sofort als Tourist outet, sobald man Wasser in Flaschen kauft. Hier beim Geysir köcheln die Schlammpfützen am Boden. Die Götter müssen verrückt gewesen sein, als sie Island erschufen. Wir stehen mitten in einem geothermischen Hochtemperaturgebiet.
    Der große Geysir hält heute allerdings meist still. Immer wieder gab es Zeiten, in denen er ausbrach, dann wieder schlummerte er lange Zeit. In den 1970er-Jahren kippte man deshalb regelmäßig Schmierseife hinein, um ihn für die Besucher zum Sprudeln zu kriegen, aber das ist heute verboten. Dafür explodiert sein Kollege nebenan, der Strokkur (Butterfass) im Abstand von wenigen Minuten. Erst sieht man nur ein türkisfarbenes Wasserloch, doch nach einer Weile wölbt es sich dramatisch und wird plötzlich zur Fontäne, die gischtweiß in die Höhe schießt. Ein Spektakel der Natur. Und die Touristen klatschen in die Hände.
    Weil wir noch immer nicht genug haben von dieser ulkigen Landschaft, fahren wir nicht direkt zurück nach Reykjavík, sondern machen noch einen Abstecher auf die Halbinsel Reykjanes. Dort liegt der mystische See Kleifarvatn und in unmittelbarer Nähe ein weiteres Hochtemperaturgebiet.
    Allerdings hat sich das Wetter gedreht. Als wir die Solfataren von Seltún erreichen, ist überall Nebel und der mischt sich mit dem Schwefeldampf. Vorsichtig tapsen wir über Holzwege. Weiße Schleier überall. Dazu ein Fauchen und Zischen und Brodeln am Boden. Wer hier keine Höllenfantasien spinnt, hat einfach kein Herz. Spätestens jetzt ist es um mich geschehen. Island
ist so merkwürdig, dass man es einfach lieben muss. Ich denke an den Vorabend und komme zu dem Schluss: Wo die Erde auslebt, wonach ihr ist, ist es auch kein Wunder, dass die Menschen das tun.

Versenkung total
    Am nächsten Tag gehe ich ins Sundlaug (das wird zwar »sündleug« ausgesprochen, hat aber mit Sünde nichts zu tun). Es ist das Schwimmbad. Und da muss man hin, wenn man in Island ist. Wer in Island nie im Schwimmbad war, ist nie wirklich dort gewesen und hat nichts begriffen von der isländischen Seele – denn die geht nun einmal gern baden.
    Vielleicht hat das damit zu tun, dass Island aus dem Meer geboren ist. Vor ungefähr 20 Millionen Jahren stieg das Land in Folge unterseeischer Beben auf dem Mittelatlantischen Rücken aus den Fluten des Atlantiks hervor. Und das zu einem Zeitpunkt, als der Rest der Welt wie wir sie kennen eigentlich längst fertig war. Aber eben noch nicht ganz. Und so entstand im kalten Nordmeer eine Insel mit vulkanischem Herz und geradezu unerschöpflichen Ressourcen heißen Thermalwassers.
    Wasser ist auch der Motor für viele kreative Erfindungen in Island. Mithilfe des heißen Wassers aus der Erde beheizt man 90 Prozent der Häuser, die Schwimmbäder und – weil es die saubere Energie günstig und in Hülle und Fülle gibt – im Winter sogar die Bürgersteige der Hauptstadt, damit sie nicht zufrieren.
Außerdem erzeugt man mithilfe von Geothermie einen Teil des Stroms. Aus dem kalten Wasser des Meeres dagegen fischt man eine der Haupteinnahmequellen des Landes, den Fisch. Und aus den reißenden Gletscherflüssen generiert man den Großteil des Stroms. Das Land, das muss man einmal sagen, ärgert seine Bewohner nicht nur mit wilden Stürmen und regelmäßigen Erdbeben – es weiß sie auch prächtig zu versorgen. Mit Wärme, die aus seinem Innern kommt.
    Wie gern Isländer baden gehen, sieht man übrigens daran, dass es in jedem noch so kleinen isländischen Ort ein »Sundlaug« gibt, das fast immer ein Freibad ist. Und am allerliebsten trifft man sich dort im heitur pottur (heißer Pott). Natürlich gibt es in isländischen Schwimmbädern auch Becken, in denen man Bahnen ziehen kann. Wichtiger aber noch sind die heißen
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