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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld
Autoren: Matthias Sachau
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Augen nun endgültig nicht mehr erkennen kann, aber sie sieht mich an. Ich spüre es bis in die letzte verfrorene Körperfaser. Ich halte ihre Hände, und das goldene Uhrwerk schnurrt wie noch nie.
    »Lukas, warum hast du mich geheiratet?«
    Ob sie auch spürt, wie ich sie ansehe?
    »Ich habe dich geheiratet, weil…«
    Ich Vanessa eifersüchtig machen wollte? Ich den Deal mit der Miete so toll fand? Ich Ines und Bernd einfach nichts abschlagen konnte? Ich breche fast in Lachen aus, wenn ich daran denke.
    »… ich dich heiraten wollte.«
    Ich weiß, dass ich gerade so aussehen muss, als wäre ich auf Extasy durch eine Autowaschanlage gekrabbelt. Oder wie ein Elefant, der zum ersten Mal in seinem Leben einen Handstand geschafft hat. Oder wie ein Autobus, der gar nicht glauben kann, dass er gerade von zwei sechsjährigen Jungs hochgehoben wird. Oder so ähnlich. Aber das macht nichts.
    »Und du?«
    …
    Sie hat mich geküsst.
    Aber nur ganz leicht.

Ein paar Tage später
     
    Ich glaube, Ekkehart steht kurz vor dem Durchbruch. Nicht nur, dass er heute den Nudelauflauf ganz alleine hingekriegt hat, ohne dass ich auch nur ein Mal eingreifen musste, man kann sogar sagen, dass er durch seine Entscheidung, einen Hauch Chili hinzuzufügen, dem Mahl einen Tick Raffinesse verliehen hat.
    Der Tisch ist inzwischen abgedeckt. Ines und ich kuscheln auf dem Sofa, trinken unsere Weingläser leer und sehen Ekkehart bei seinem zweiten großen Arbeitseinsatz des Abends zu: Er hängt die teuren Resonatorschalen, die Ines sich nun doch auch gekauft hat, auf. Immer wieder stellt er die Trittleiter um, steigt rauf, hängt auf, steigt ab, horcht, redet, schweigt, denkt nach, steigt wieder rauf, hängt um, und so fort. Wir hören ihm zu und reiben unsere Schläfen aneinander. Ich werde nie erklären können, warum es uns so glücklich macht, ihm zuzusehen.
    »Übrigens, nur falls ihr darüber nachgedacht haben solltet: Entfernt auf keinen Fall den Sand aus dem Zimmer. Je mehr ich hier höre, umso mehr wird mir klar, was für unglaubliche akustische Eigenschaften er dem Raum verleiht. Ich werde das in meiner Wohnung genauso machen.«
    Dieser Enthusiasmus. Aber mit einem guten Glas Wein in der Hand und zweien im Kopf plätschert der Hifi-Kram angenehm durch mich hindurch.
    »Häng noch mal den Gold-Resonator etwas tiefer, Ekkehart. Ich höre da so einen Abfall in den tiefen Mitten.«
    »Ja?… Oh, du hast recht, Ines. Ist mir gar nicht aufgefallen, hehe. Momentchen.«
    Zum Glück hat Ines neulich eine Platte mit audiophil aufgenommener Tangomusik gefunden. Seitdem bleiben Kolumbanovich und Konsorten öfter in der Kiste. Außerdem können wir dazu wunderbar unsere Figuren üben, auch wenn der Sand etwas stört.
    »Jaaa, viel besser!«
    »Viel, viel besser!«
    Die beiden.
    »Frau Kohlmeyer ist übrigens immer noch der Meinung, dass ihre alte Media-Markt-Stereoanlage für sie reicht. Ha, die ist vielleicht bockig, sag ich euch. Aber wenn sie wirklich will, dass ich jeden Samstag bei ihr esse, dann…«
    »Nur Geduld, Ekkehart. Ich werde mal mit ihr reden.«
    »Ich hab extra einen Einsteigerpreis beim Hifi-Studio Ohr für sie ausgehandelt. Tannoy-Lautsprecher, NAD-Verstärker und Stanton-Plattenspieler komplett mit hochwertigen Kabeln für nur 4000 Euro.«
    »Da kann man wirklich nicht meckern.«
    »So, das klingt doch schon recht passabel. Ich probier noch mal, wenn die Platinresonatoren bisschen mehr zur Mitte…«
    »Ja, wollte ich auch gerade vorschlagen.«
    »Gell? Das könnte alles noch einen Tick transparenter sein. Momentchen.«
    »Sag mal, Ekkehart, was ich mich die ganze Zeit frage, wie bist du eigentlich beim Finanzamt gelandet? Hifi interessiert dich doch viel mehr.«
    Endlich kann ich frei von der Leber weg fragen. Es gibt absolut nichts mehr, weswegen uns die Steuerfahndung drankriegen könnte.
    »Genau, Ekkehart, erzähl mal.«
    Wir sehen ihn beide mit großen Augen an.
    »Finanzamt? Wie kommt ihr denn auf Finanzamt?«
    »N… na, wir dachten…«
    »Ich arbeite beim Gartenbauamt.«
    Ich liege auf dem Sofa. Gut so. Ich wäre sonst einfach der Länge nach umgefallen. Ines liegt halb neben, halb auf mir. Auch gut so.
    »B… beim Gartenbauamt?«
    Ich hätte nie gedacht, dass dieses Wort wie ein Erdbeben klingen kann.
    »Ja. Kennt ihr vielleicht. Das große Gebäude in der Kronenallee, Ecke Lutherstraße.«
    »A… aber hast du nicht neulich was erzählt, so von wegen Steuergelder sind ein heiliges Gut und so?«
    »Ach, deswegen.
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