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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden
Autoren: Carlos Salem
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Informationen haben musste. Schließlich wussten Sie ja, dass wir ein sehr enges Verhältnis gehabt hatten und er zwar ein ungehobelter Hurenbock, für mich aber dennoch wie ein Vater war. Außerdem wird Antonio Capitán garantiert noch den einen oder anderen Bericht über mich manipuliert haben; ihm war sicher jedes Mittel recht, um Sie davon zu überzeugen, dass man mich beiseiteschaffen musste.«
    »Er war ganz schön intrigant, Ihr Sandkastenfreund. Aber Schwamm drüber: Jetzt …«
    »Vergessen Sie’s, Professor«, schnitt ich ihm wieder das Wort ab. »Vor der Höhle liegen drei Leichen. Deren Tod können Sie vor der FIRMA nicht vertuschen. Genauer gesagt sind es sogar vier, wenn wir Nummer Dreizehn mitzählen. Apropos, warum musste der eigentlich dran glauben?«
    »Weil er mir beinahe auf die Schliche gekommen wäre. Auch wenn er nicht so viel ahnte wie Sie.«
    Verwundert schüttelte ich den Kopf. Nummer Dreizehn war doch schlauer gewesen, als ich dachte. Aber das tat nun nichts mehr zur Sache.
    »Außer den Toten gibt es zudem noch Arregui und Beltrán, die bereits eine ganze Menge wissen und nicht so leicht auszuschalten sind. Und selbst wenn Sie sie eigenhändig umbringen würden, über kurz oder lang kämen die diversen Nummer Eins doch dahinter. Nein, wir müssen aus dem Geschäft aussteigen, Professor. Und zwar alle beide. Warum ziehen Sie nicht endlich nach Sizilien und beginnen diese Krimis zu schreiben, von denen Sie so viel reden?«
    Nummer Zwei nickte nachdenklich. »Vielleicht tue ich das, Juan, ja, vielleicht tue ich das wirklich. Wissen Sie, was der Witz an der ganzen Sache ist? Mit meiner Leidenschaft für die Schriftstellerei fing überhaupt alles erst an. So viele Fakten, all die geschickt eingefädelten Morde und Operationen … Zehn Jahre lang sammelte ich auf meinem Rechner alles Material zu den Aufträgen, zu den ›Kunden‹ und den hohen Tieren auf der Gehaltsliste, weil ich es nach meinem Ausstieg zu einer Krimiserie verarbeiten wollte, natürlich mit geänderten Namen und Schauplätzen … Keine Ahnung, wie Ihr Freund Capitán davon erfuhr.«
    »Wahrscheinlich war’s purer Zufall. Er wird Ihre Sicherheitscodes geknackt haben, um Ihre Berichte über mich lesen zu können. Aber das ist jetzt egal. Hören Sie auf mich, Professor, noch haben Sie Zeit …«
    »Und wie viel?«
    Ich sah auf die Uhr.
    »Sechsundvierzig Stunden … Oder sagen wir lieber fünfundvierzig, so können wir noch ein letztes Glas zusammen trinken. Was meinen Sie, Camilleri?«
    Der alte Professor antwortete nicht, sondern winkte nur den Kellner herbei.
    Das Internetcafé war halb leer, was in diesem Madrider Viertel nicht weiter verwunderlich war, da hier vorrangig Yuppies lebten, die werktags mit einem schicken Laptop ins Büro eilten und in ihren Wochenendhäusern das neueste Designermodell stehen hatten. Das Kartenlesegerät, das ich irgendwo unterwegs gekauft hatte, schloss ich an den Computer in der hintersten Ecke an.
    Kaum hatte ich den Speicherchip eingelegt, wegen dem so viele Menschen gestorben waren, ploppte auf dem Bildschirm ein Fenster mit Hunderten von Dateien auf. Zunächst klickte ich wahllos einige an und überflog deren Inhalt. Camilleri hatte nicht übertrieben: Die Dokumente waren das reinste Dynamit. Exakte Ablaufpläne der einzelnen Geheimoperationen, Gehaltslisten, Unternehmensinterna, Observierungsprotokolle … Mir blieb keine Zeit, alles genau zu studieren, weil ich unbedingt die Dateien finden musste, die vom Datum her mit meinen Aufträgen übereinstimmten. Hektisch löschte ich dann eine nach der anderen, so, als könnte ich die von mir begangenen Morde damit ungeschehen machen – bis ich plötzlich innehielt und dann nur noch Files mit vertraulichen Informationen über Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens suchte, die von der FIRMA bestochen worden waren. Aber es waren einfach viel zu viele, weshalb ich Arreguis und Beltráns Namen schließlich in den Such-Assistenten eingab. Die Suche ergab keinen Treffer. Natürlich konnten die betreffenden Dateien auch in einem der Ordner abgelegt sein, für die man eine besondere Zugangsberechtigung brauchte – vielleicht aber auch nicht, vielleicht waren Arregui und Beltrán wirklich absolut integre Männer mit kleinen, verzeihlichen Schwächen. Jedenfalls beschloss ich, ihnen nun endgültig zu vertrauen.
    Ich eröffnete zwei kostenlose E-Mail-Accounts, komprimierte die Dateien zu Zipdateien und verschickte sie dann als Attachment von
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