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Wir kommen von der Presse

Wir kommen von der Presse

Titel: Wir kommen von der Presse
Autoren: Walter Gronemann
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versprochen, daß die zuständigen Ämter noch einmal alles genau überprüfen werden.« Das war alles, was er den Kindern sagen konnte.
    »Zuständige Ämter?« fragte Klaus mißtrauisch. »Was sind das denn für welche?«
    »Da sind das Bauamt, das Wohnungsamt und das Planungsamt«, sagte Herr Neubert. »Und das Haupt-, das
    Neben- und das Unteramt. Und bis alle Ämter mit dem gründlichen Prüfen fertig sind, ist es bestimmt Weihnachten.«
    »Jetzt haben wir aber erst Sommer!« rief Klaus aufgebracht. »Gibt’s womöglich auch noch ein Kinderspielplatzamt, das mitprüfen muß?«
    »Oder ein Brieftaubenamt?« fragte Ute lachend.
    »Oder ein Karnickelstall-Bauamt?« meinte Klaus. Später aber sagte Ute zu Klaus, daß sie keine Lust habe, bis Weihnachten nutzlos herumzuhocken und Däumchen zu drehen. »Wir sollten zwischendurch mal als Reporter was anderes unternehmen«, schlug sie vor.
    Nach einigem Überlegen beschlossen sie, mit ihren Rädern zum nahen Dorf Sigiburg zu fahren. Denn in Sigiburg, meinten sie, sei immer irgendwas los.
    Und das stimmte. Viele Leute kamen, um die Ruinen der altersgrauen Burg zu besichtigen und von der Höhe des Burgberges ins weite Land hinauszuschauen. Oder im gemütlichen Gasthof ein Bier zu trinken.
    Manchmal gab es in Sigiburg auch wilde Motorradrennen zwischen jungen Leuten, die ihre lärmenden Krafträder auf der Straße ausprobierten, die sich kurvenreich ins Tal hinunterwand. Oftmals endeten diese Rennen in wüsten Schlägereien.
    Es gab in Sigiburg aber auch ein Freilichttheater, das lustige Volksstücke auf dem Spielplan hatte. Und es gab Ponyreiten und Minigolf und Bootsfahrten auf dem See unterhalb der Burg.
    Also fuhren sie sofort nach Sigiburg. Gleich als sie ankamen, widerfuhr ihnen etwas, das weder mit Motorrädern noch mit Ponyreiten oder Theater zu tun hatte.
    Sie fuhren gerade durch eine schmale Nebenstraße des Dorfes, als ihnen plötzlich eine Männerstimme zurief: »Halt, Kinder! Hier müßt ihr absteigen. Dies ist eine Einbahnstraße!«
    Der Mann stand in einer winzigen Gartenanlage mit einem Blumenbeet, ein paar säulenartigen Lebensbäumchen und einem runden, niedrigen Gemäuer aus braunem Sandstein, das wie ein Brunnen aussah. Hinter der Gartenanlage stand ein niedriges Fachwerkhaus. Er war gerade dabei, die Blumen zu gießen.
    Ute und Klaus stiegen von ihren Rädern. Klaus warf dem Mann mit der Gießkanne ungehaltene Blicke zu, als wollte er sagen: Eigentlich geht Sie das überhaupt nichts an, ob wir richtig oder falsch fahren.
    Der Mann schien Klaus’ Gedanken zu ahnen. »Du kannst dir das ruhig von mir sagen lassen«, meinte er. »Wenn ich auch gerade nicht im Dienst bin, auf Fehler und Gefahren im Verkehr muß ich trotzdem aufmerksam machen. Besonders Fremde, alte Leute und vor allem Kinder.«
    »Sind Sie denn Polizist?« fragte Ute neugierig. »Erraten«, sagte der Mann und ging auf das Fachwerkhaus zu, wo er seine Gießkanne mit Wasser aus einer Regentonne füllte. Klaus fand das merkwürdig. »Warum holt er sich das Wasser nicht aus dem Brunnen?« fragte er leise vor sich hin.
    »Vielleicht ist der Brunnen leer«, meinte Ute. »So was soll’s geben. Er sieht ja auch schon sehr alt und ganz unbenützt aus.«
    »Alt?« Klaus wunderte sich. »Ich schätze, der Brunnen ist ziemlich neu. Nur die Steine könnten alt sein.«
    Der Mann kehrte mit der Gießkanne zurück, sah die Kinder unschlüssig am Straßenrand stehen und bemerkte gleichzeitig ihre Presseschildchen. »Aha, ihr seid bestimmt von einer Schülerzeitung«, sagte er. »Und sicherlich kommt euch hier etwas verdächtig vor, nicht? Ja, da sind die Presseleute wie die Polizisten, denen fällt Verdächtiges auch immer gleich auf.«
    »Wir möchten wissen, ob dieser Brunnen alt ist oder nicht«, erklärte Ute. »Und ob er leer ist.«
    Der Mann setzte sich auf den Brunnenrand und lächelte. »Dazu könnte ich euch eine lange Geschichte erzählen. Aber ich weiß nicht, ob sie euch interessiert.«
    »Als Reporter interessiert man sich für alles«, sagte Klaus ziemlich forsch.
    »Dann muß ich euch zunächst erzählen«, begann der Mann, »daß ich nebenbei Heimatforscher bin. Ich erkunde die Vergangenheit von Sigiburg und der näheren Umgebung. In alten Schriften über das Dorf habe ich immer wieder von einem Pfingstbrunnen gelesen. Das Brunnenwasser sei besonders heilsam gewesen. Es habe die Menschen nicht nur vor Krankheiten geschützt, sondern auch vor Unglück und Sorgen. Für die Menschen muß das
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