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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten
Autoren: Mhairi McFarlane
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er jemanden kennengelernt hat. Claire hat in seiner Firma angefangen und wird eventuell bei ihm einziehen. Ob es mir etwas ausmache, so bald nach unserer Trennung? Es hat mich selbst überrascht, als ich mich antworten hörte, dass ich nichts dagegen hätte, und das tatsächlich ernst meinte. Rhys wirkte sehr gesprächig – so kenne ich ihn gar nicht. Anscheinend hat sie bereits einen Einfluss auf ihn, den ich nie hatte. Rhys brauchte meinen Segen oder meine Erlaubnis natürlich nicht, wie er mir erklärte, aber ich habe immer noch einen Schlüssel und ein paar meiner Sachen auf dem Dachboden. Mir war klar, dass es nicht nur darum ging. Er war aufgeregt und wollte mich daran teilhaben lassen. Und obwohl er gesagt hat, dass wir aus unseren dreizehn Jahren nichts vorzuweisen hätten, ist das meiner Meinung nach schon etwas.
    Caroline arbeitet jetzt nur noch vier Tage die Woche im Büro und verbringt den fünften Tag mit ehrenamtlicher Arbeit bei innerstädtischen Sozialprojekten. Sie ist begeistert. Gott weiß, womit all die staatlichen Armutsbeauftragten ihren Lebensunterhalt verdienen sollen, wenn sie das Armutsproblem gelöst hat und sich auf die nächste Aufgabe stürzt. Unsere Freitagabende zu viert sind auf den Samstag verlegt worden. Der Freitagabend ist für sie und Graeme reserviert, denn der Eheberater hat ihnen empfohlen, »sich Zeit dafür zu nehmen, einander wieder wertzuschätzen und sich neu anzunähern«. Mindy und ich sind uns einig, dass wir uns um ihretwillen mehr Mühe mit Graeme geben müssen. Er erleichtert uns das Ganze, nun, da er geläutert ist und sich nicht mehr ganz so oft über uns lustig macht wie zuvor.
    Katya ist mittlerweile in Kolumbien, Ivor muss seine Wochenenden nicht mehr mit
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in Vice City vertrödeln, und Mindy muss sich nicht mehr mit Detroit Techno auseinandersetzen. Sie haben uns nie verraten, was an dem Tag, an dem Caroline sie mit der Wahrheit konfrontiert hat, genau geschehen ist. Es muss Mindy einiges gekostet haben, sich zurückzuhalten. Eines habe ich jedoch aus ihr herausgekriegt. Wie sie mir erzählte, haben sie sich einfach nur angesehen, als sie ihn eingeholt hatte. »Wir wussten es einfach. Uns war klar, dass es wahr war, ohne dass wir ein einziges Wort sagen mussten.« Dass die beiden kein Wort gesprochen haben, ist ein Wunder für sich.
    Mindy weigert sich immer noch, ihre Theorie über die Anziehungskraft zwischen zwei Menschen gänzlich umzuwerfen, sie hat allerdings die Bedingungen abgewandelt: Es geht jetzt darum, ob man jemanden in Unterhosen gesehen hat. Wie sie behauptet, hätte sie sich schon viel eher auf Ivor eingelassen, wenn sie gewusst hätte, wie muskulös er ist. Wir glauben ihr nicht. Die beiden sind auf lächerliche Weise und beinahe unerträglich glücklich, bemühen sich aber, das aus Rücksicht so weit wie möglich nicht hervorzukehren. Ich würde ihre Frotzeleien auch zu sehr vermissen.
    Ich habe mich einverstanden erklärt, dass Mindy mich bei My Single Friend anmeldet. Sie hat darauf bestanden und behauptet, ich hätte mich bei meinen bisherigen Streifzügen im Internet angepriesen wie ein Schrotthändler seine Ware – kaum reparaturbedürftig. (»Hast du auch alles auf Rechtschreibfehler überprüft?«, hat Ivor sich vergewissert. »In einer ihrer eigenen Anzeigen hat Mindy sich als Freundin von Wichskerzen statt Wachskerzen beschrieben. Die Resonanz war riesig.«)
    »Rachel?« Ein großer dunkelhaariger Mann mit regennassem Gesicht steht vor mir.
    »Ja! Hi! Gregor?«
    Er setzt sich und wirft eine verknitterte Zeitung neben sich, die er sich wohl anstelle eines Regenschirms über den Kopf gehalten hat.
    »Was möchtest du trinken?«, frage ich.
    »Gibt es hier eine Karte?«
    Er greift nach dem auf einem Holzblock befestigten Blatt und liest es aufmerksam. Ich versuche, mich mit aller Macht daran zu hindern, sein Haar anzustarren, und scheitere. Was zum Teufel …? Da ist eine ausgeprägte, nach vorne ragende tiefschwarze Stelle zwischen den Geheimratsecken. Verwirrend daran ist vor allem, dass sie nicht aus echtem Haar zu bestehen scheint. Es sieht aus wie ein Gummiteil, oder wie ein an die Kopfhaut geklebter Kunstrasen. Ist das etwa
angenäht?
    Während wir den anfänglichen Smalltalk hinter uns bringen und Gregor sich ein Bier bestellt, spüre ich eine gewisse Gereiztheit in mir aufsteigen und fühle mich prompt schuldig. Möglicherweise hat er seit einer traumatischen Begebenheit mit Haarausfall zu kämpfen, wurde von
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