Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir haben gar kein Auto...

Wir haben gar kein Auto...

Titel: Wir haben gar kein Auto...
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
meine Gelenkigkeit zu verbessern. Im August täglich eine Stunde Spinning … allein der Gedanke macht mich ganz groggy!
Es wird eine befreiende und totale Flucht sein: fort vom wahnsinnigen Menschengetümmel! Nur Wind und Pedale. Das Wohlbefinden misst sich nicht in Dezibel, sondern in Herzschlägen. Dann werden Juttas Herzschläge das Echo meiner Herzschläge sein, dann wird sie es sich – das weiß ich jetzt schon – nicht nehmen lassen, mir zuzubrüllen: »Tritt in die Pedale! Du bist vielleicht eine Schnecke!« Ihre lautschallende Stimme, unser Lachen und unsere kleinen Streitereien, das Rauschen unserer Räder, das Schlagen einer Glocke in der Ferne: So stelle ich mir die Stimmen und Geräusche der Via Claudia Augusta vor. Jene des Alltags sind bereits weit weg. Das Handy werde ich nur abends oder im Notfall einschalten, und mit Sicherheit werden wir uns nicht die Ohren mit dem iPod zudröhnen. Denn auf der Via Claudia Augusta würde sogar eine Fuge von Bach oder das Klavierspiel von Glenn Gould stören.
    Die einzigen Gedanken werden der Hoffnung gelten, dass die Bremszüge nicht reißen und ich das »Müssen« bis zur nächsten Pause zurückhalten kann. Der wahre Sinn wird das grenzenlose, kindliche, ursprüngliche Vergnügen sein. Die Anstrengung wird uns übermenschlich vorkommen. Es wird eine richtige »Tour de force« werden, aber es wird phantastisch sein.
Bruno Maccallini
    Rom im April 2008

Heiße Phase
Prolog
    Ausgeruht von einem gemütlichen Kurzurlaub mit Freunden in deren Haus am Meer, wo wir viel über unsere bevorstehende Reise geredet und viel Spott und Ungläubigkeit geerntet haben, komme ich voll Saft und Kraft ins lauwarm-sommerliche München. Typisch, man kann sich nicht mal im August darauf verlassen, dass man schwitzt. Also, Speidel, du hast jetzt noch genau dreizehn Tage bis Anpfiff, keine Ausrede von wegen »einfach zuuu heiß«, höchstens »einfach zuuu nass«, aber nicht mal das kann man sagen, denn die letzten zwei Augustwochen des Jahres 2008 bescheren dem Münchner ein zartes Sommerlüftchen, mild und lau, sozusagen das reinste Radlwetter.
    So fahre ich als Erstes in diesen wunderbaren Profiradlshop in der Maxvorstadt, wo unsere beiden auf uns abgestimmten Räder warten.
    Da stehen sie. Eines in Lindmeergrün und das andere in Männlichschwarz. Klar, für welches ich mich entscheide! Als Erstes fällt mir auf, dass sie keinen Ständer haben. Ja, wie soll ich denn so das Rad abstellen? Das fällt ja um. Und wie soll ich dann die beiden Satteltaschen draufschnallen?
    Â»Des geht scho, des müssn’s halt üben«, erwidert der Profiverkäufer.
»Aha«, sage ich nur. »Und was ist mit dem Licht? Ich mein, es kann ja auch mal dunkel werden am Abend.«
    Â»Ah so, wollen Sie auch nachts radeln?«
    Â»Nein«, erwidere ich, »eigentlich nicht, aber man weiß ja nie, es könnte ja mal was Unvorhergesehenes passieren, und es wird dunkel, und ich steh eventuell im Wald.« Was ist, wenn ich ’ne Reifenpanne habe? Wo ist denn hier bitte das Werkzeug? Und wie mache ich das überhaupt?, jammere ich vor mich hin.
    Ich hab wirklich absolut keine Ahnung, wie man so ’nen Platten repariert. Dunkel erinnere ich mich an grauenhafte Flickereien mit pappigem und nicht wirklich klebendem Fahrradkleber, an so runde Flecken, die man auf das Loch gepappt hat, was in meinem Fall nie geholfen hat. An stundenlanges Schieben am Rande der Straße. Nein, Hilfe, das will ich nicht. Ich bitte den reizenden Ladenbesitzer, mir doch einen effektiven Schnellkurs zu geben.
    Dieser wiederum sagt in seinem gutturalen Münchnerisch: »Jetzt farrns doch erst amal a paar Tage damit rum, und dann seh ma weiter, was no ois brauchn. Und wenn da Bruno dann da is und sei Radl holt, mach ma an Kurztrip, und dann zeig i euch ois. Okay?«
    Wo er recht hat, hat er recht. Also fackele ich nicht lange und schwing mich auf das schmalrädrige, aber affenschnelle Bike und sause geschwind in absoluter Hochstimmung in die Innenstadt. Überhole mit Verachtung die Langsameren auf der Strecke, rase, wenn die Ampel rot wird, noch drüber und schaue ungläubig auf den Tacho: 23, 24, 27 km/h. Wahnsinn, so schnell war ich noch nie!
    Im selben Tempo vergehen die folgenden Tage, die in etwa so aussehen:
17. August:
Haus – Badesee – Haus
Zeit: 36 Min.,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher