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Wir haben gar kein Auto...

Wir haben gar kein Auto...

Titel: Wir haben gar kein Auto...
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und so kannst du jederzeitdeine Eindrücke und Gedanken auf Band sprechen«, gerät Bruno ins Schwärmen. »Ist doch ’ne Superidee und erleichtert dir das spätere Schreiben ungemein.«
    Â»Stimmt, aber ich fühle mich so schon wie ein Packesel, und dann noch dieses ganze Zeug an mir dran«, jammere ich.
    Â»Ach, das wiegt doch nichts. Du wirst sehen, das macht großen Spaß«, bügelt er meine Einwände einfach weg.
    Herrje, Männer und Frauen passen wirklich nicht zusammen.
    Â»Weißt du, Schatzi«, flöte ich, »ich habe unsere Reise eigentlich mehr unter einem philosophischen Aspekt betrachtet. Es ist doch auch was ganz Intimes, was wir da machen, das muss doch nun wirklich nicht jeder haarklein mitkriegen. Es kann doch auch mal sein, dass wir uns grad streiten, wenn die blöde Kamera läuft und wir auf Sendung sind, stell dir das mal vor!«
    Â»Na, das ist doch gerade der Crime, der spannend ist«, wirft mein Regisseur ein.
    Nein, das will ich nicht. Ich will auch mal Arschloch sagen können, wenn mir grad danach ist.
    Bruno ist der Meinung, diese weltweite Verbindung könne eine sehr gute Erziehungsmaßnahme sein und uns unweigerlich in die Charts bringen.
    Schrecklich, nein, ich glaub, ich lass das Ganze. Ich will nicht zum Massengespött der Nation werden, ich bin keine Dschungelcamperin. Keine »Hilfe, ich will hier raus«-Tussi. Ich bin eine Romantikerin mit leichtem Hang zum Masochismus. »Ich wollte doch nur eine kleine, gemütliche Reise mit dir machen«, sage ich, »und dabei mal an unsere respektive
deine
Grenzen gehen. Das ist doch spannend genug. Muss man denn gleich alle Welt dabei zusehen lassen? Es reicht doch, wenn wir, falls uns danach ist, ein gemeinsames Buch über das Erlebte schreiben.«
Wir belassen es erst mal dabei, denn ich glaube nicht, dass die technische Lösung so parat steht, wie Bruno annimmt. Irgendwie wird alles immer wasserkopflastiger. Daher beschließe ich, ihn erst mal träumen zu lassen, und, wenn es dann an der Zeit ist, das Ganze wieder auf ein erträgliches Maß abzuspecken.
    Stattdessen widmen Bruno und ich uns der Zeitfindung.
    Ist es nicht toll in unserem Europa? Der Süden stöhnt im Februar unter einer Hitzewelle, während der Norden gleichzeitig im Schneegestöber ertrinkt. Vom Westen kommen immer neue Sturzfluten, die Bergbäche in reißende Flüsse verwandeln und sie mit Muren zu Tal stürzen lassen, und der Osten bekommt den Rest ab. Also wann?
    Â»Mai«, schlägt Bruno vor.
    Â»Ja, Mai klingt gut, aber dieses Jahr waren noch im April die Täler tief verschneit«, wende ich ein.
    Â»Dann Juni.«
    Â»Nein, da wird gedreht!«
    Â»Okay, Juli.«
    Â»Nee, das ist zu heiß, da kommen wir den Berg nicht mehr hoch.«
    Â»August?«
    Â»Klare Absage, da wird geschwommen und nicht geradelt.«
    Â»Ha, September.«
    Â»Ja, das ist gut! Das Oktoberfest ist erst Ende des Monats, und die Menschen sind noch erschöpft von den Sommerferien. Die Wege werden nicht so voll sein, und das Törggelen beginnt auch erst im Oktober.«
    Es steht fest: Wir radeln im September.
    Hoffentlich kommt kein Film dazwischen oder Österreich erhebt die Fahrradmaut, es schneit schon wieder, Osama bin Laden will den Reschenpass in die Luft sprengen,oder Bruno leidet an einem unerklärlichen Dauermuskelkrampf im linken Wadl.
    Nun fehlt nur noch der Reiseverlauf, und wir sind uns zum Glück bald einig.
    Es ist geplant, die Tour in sieben bis zehn Tagen zu machen. Wir werden uns jeden Tag eine Strecke vornehmen und absolut offen sein, ob wir sie im gesteckten Zeitrahmen bewältigen.
    Abhängig sind wir von unserer Kondition, weshalb durchaus auch mal ein Ruhetag nötig sein kann. Wir werden, falls uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht, einfach pausieren oder halt ein kürzeres Stück radeln. Wir wollen Land und Leute nicht nur im Sauseschritt in uns aufnehmen, sondern gerade die Besonderheiten und Begegnungen der unterschiedlichen Landschaften und Mentalitäten genießen. Wir wollen in Landgasthöfen regionale Spezialitäten essen und, so es sich ergibt, in deren Buntkarierten schlafen. Wir wollen die geschundenen Muskeln in klaren Bergseen kühlen und auf der Alm frische Kuhmilch trinken. Wir wollen kleine Kapellen besichtigen und ein Kerzchen anzünden, ebenso über alte Friedhöfe mit ihren wunderschönen
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