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Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen
Autoren: Clark Darlton
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brüllte ich.
    Sie schwiegen und sahen mich an.
    »Jetzt der Reihe nach«, sagte ich. »Neil, wann startet die nächste Versuchsrakete von Australien?«
    »In der nächsten Woche.«
    »Na also!«
    »Na und?« fragte Neil. »Als ob damit schon etwas erreicht wäre!«
    »Auf jeden Fall können wir schon einen Terminplan machen«, sagte ich.
    »Da hast du was davon«, knurrte Steve.
    »Steve, bitte, nimm dich einen Moment lang zusammen! Glaub doch nicht, daß ich mich so prima fühle, wie ich vorgebe. Aber es hat einfach keinen Sinn, wenn wir uns immer selbst wieder in Frage stellen. Wir müssen es schaffen! Und wir werden es schaffen! Nur wenn du das glaubst, werden wir es auch wirklich schaffen.«
    »Und nebenan liegt Dagobert«, sagte Steve.
    Den hatte ich inzwischen vollkommen vergessen.
    In derselben Nacht schafften wir ihn weg.
     
    Wir wohnten im Victory-Hotel in Barcaldine. Unsere Zimmer lagen nebeneinander. Es war ein herrliches Wetter in Australien. Wie im Reiseprospekt. Man hätte sich direkt wohl fühlen können. Aber das »Wenn« hing uns allen im Nacken. Jetzt waren wir nur noch drei. Blödsinnigerweise mußte ich an das Kinderlied von den zehn kleinen Negerlein denken. Wie viele von uns würden wohl übrigbleiben? Alle drei? Zwei?
    Wir saßen bei Steve im Zimmer. Die Klimaanlage arbeitete lautlos und machte die Hitze erträglicher. Steve hatte die gelben Vorhänge zugezogen, aber durch einen Spalt schimmerte ein Fetzen vom blauen Himmel herein. Ein schönes Fleckchen Erde. Unter anderen Umständen.
    Wir sahen Neil an.
    »Morgen nachmittag soll die Rakete starten. Der Countdown läuft seit einer Woche. Bis jetzt planmäßig.«
    »Wie sind die Absperrungsmaßnahmen?«
    Neil sah nachdenklich in sein Glas.
    »Das ist es ja gerade, was mir Sorgen macht.«
    »Wieso?«
    »Sie haben so gut wie gar keine Absperrungsmaßnahmen getroffen.«
    »Das ist doch prima«, sagte Steve.
    »Moment, Moment«, sagte ich, »so prima muß das gar nicht sein.«
    »Warum?«
    Ich stand auf und zog den Vorhang ein Stückchen auf.
    »Ich weiß nicht, was du denkst, aber wenn es das ist, was mir gerade eingefallen ist, dann sitzen wir ganz schön in der Tinte«, sagte Neil.
    Ich brachte nur ein Nicken zustande.
    »Eben«, sagte ich.
    Ich setzte mich wieder hin und zündete mir langsam eine Zigarette an.
    »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, sagte Steve.
    »Es wäre doch möglich«, sagte Neil, »eine Photonenrakete zu starten, die keine gefährliche Strahlung beim Start verbreitet, oder?«
    Steve starrte nachdenklich vor sich hin.
    »Ach, das meinst du.« Er wischte einen Fussel vom Glasrand weg. »Also möglich wäre das natürlich schon. Aber das ist doch reichlich unwahrscheinlich. Das wäre ein ganz neues Experiment.«
    »Und wo sind wir hier?« fragte Neil.
    »Auf einem Versuchsfeld«, antwortete ich leise.
    Steve stellte sein Glas weg.
    »Was machen wir nun?«
    »Nichts«, sagte Neil. »Nichts außer abwarten.«
    »Sonst können wir wohl auch nichts tun«, sagte ich noch. Trotzdem, ich weiß nicht warum, hatte ich von Neil noch eine Reaktion erwartet. Aber es kam nichts. Steve war aufgestanden. Er stand vor der großen Panoramascheibe und starrte in den makellos blauen Himmel.
    Ich drehte mich um zu Neil.
    Und da sah ich es.
    Neil wurde plötzlich alt. Wie Dagobert. Wie Stefan. In den Augenwinkeln und um die Augen herum waren plötzlich Dutzende von Fältchen, die eben noch nicht dagewesen waren. Der Mund zog sich zusammen, als sei er eben, von einem Moment zum andern, zahnlos geworden. Und das war er ja wohl auch. Die Lippen wurden spröde. Seine Hände verkrampften sich. Sie bestanden nur noch aus Haut und Knochen. Neil starb. Kein Zweifel, es hatte ihn auch erwischt. Neil starrte seine Hände an, als könne er, als wolle er einfach nicht begreifen, was hier mit ihm passierte. Er starrte einfach seine Hände an. Er konnte nicht wegsehen. Vielleicht hatte er auch gar nicht mehr die Kraft dazu, den Kopf zu heben.
    Er sah mir nicht in die Augen, als er starb. Er starrte seine Hände an. Die Hände eines alten Mannes. Vogelklauen.
    Als Steve sich schließlich wieder umdrehte, war er schon tot.
    Da waren’s nur noch zwei, ergänzte ich in Gedanken.
     
    Steve starrte mich an.
    »Da hast du’s«, sagte er. »Das kann uns auch jeden Moment passieren.«
    Ich rieb mir verzweifelt die Augen.
    »Wir dürfen jetzt einfach nicht nervös werden«, sagte ich.
    »Wir dürfen einfach nicht mehr warten«, sagte Steve.
    »Ist doch
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