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Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen
Autoren: Clark Darlton
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startete. Obwohl der Startvorgang nicht ganz planmäßig verlief, wurde der Countdown nicht unterbrochen. Das war gar nicht so ungewöhnlich, denn die Rakete war unbemannt; man wollte feststellen, ob die Computer dieses Unregelmäßigkeit selbständig regulieren würden. Sie taten es nicht. Aber das merkten wir erst viel später. Denn rein äußerlich war uns zunächst gar nichts anzumerken, als die Sache vorüber war. Das kam später.
    Wir wurden nicht mehr älter. Keine Falten, keine grauen Haare mehr, keine ernstzunehmenden Krankheiten. Es dauerte ein paar Jahre, bis uns das richtig bewußt wurde. Und als wir es verarbeitet hatten, was mit uns geschehen war, beschlossen wir, niemandem etwas davon zu sagen. Wir wollten keinen Pressewirbel. Wir wollte nur in Ruhe leben. Jetzt, da wir doch so viel Zeit zum Leben hatten.
    Offiziell trennten wir uns bald, aber wir trafen uns jedes Jahr. Wie Taubenzüchter oder ein Briefmarkenverein. Nur daß wir eben unsterblich sind – waren. Ich weiß nicht so genau, ob wir es wirklich noch sind.
     
    Ich starrte Steve an.
    »Wissen es die anderen schon?«
    Er nickte.
    »Ich hab’ sie auch hierherbestellt. Am besten, wir besprechen alle zusammen, was jetzt zu tun ist.«
    Er spielte mit seinem Glas.
    »Das muß man sich mal vorstellen!«
    Ich machte eine unwillige Handbewegung.
    »Vorstellen! Was heißt hier schon vorstellen? Kannst du dir vielleicht vorstellen, wie es ist, wenn man unsterblich ist? Ich meine, kannst du es dir vorstellen, bevor du es wirklich bist?«
    Er schüttelte resigniert den Kopf.
    »Es hat doch keinen Zweck, wenn wir uns jetzt nervös machen.«
    »Entschuldige. So hatte ich es nicht gemeint.«
    »Ich weiß.«
    Dann kam mir plötzlich ein Gedanke.
    »Sag mal, weißt du eigentlich, woran Dagobert gestorben ist?«
    Er nickte.
    »An Altersschwäche«, sagte er. »Eine ganz normale Sache.«
    Er rieb sich über die Augen.
    »Was ist?« fragte ich alarmiert, »bist du etwa …«
    »Krank?« fragte er. Er lachte ein bißchen. »Nein, ich bin nicht krank. Nur ein bißchen müde. Die Fahrt, der fehlende Schlaf. Aber ich weiß schon, was du meinst. Mit dieser Angst müssen wir jetzt ständig leben.«
    »Dann hält die Strahlendosis also nicht ewig an.« Ich hatte das einfach so vor mich hingesagt. Plötzlich kam mir eine Idee. »Wäre es nicht logisch, wenn wir jetzt einfach …«
    »Uns eine neue Strahlendosis beschaffen?«
    »Genau.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte er. »Wir müssen es auf jeden Fall versuchen.«
    »Wo?«
    »In Australien starten noch Photonenraketen.«
    »Aber wie sollen wir denn in den Strahlungsbereich kommen? Es ist schließlich schon ziemlich lange her, seit wir als Techniker gearbeitet haben. Wir sind nicht mehr fit. Wir wissen nicht, was sie in der Zwischenzeit alles entwickelt haben. Ich glaube kaum, daß eine übliche Bewerbung einen Sinn hätte.«
    »Genau das ist das Problem«, sagte er.
    Ich dachte das auch. Aber das war gar nicht das Problem. Unser Problem lag ganz anders. Aber das sollten wir erst viel später erfahren.
     
    Der Haus-Interkom summte. Steve sah mich an.
    »Das werden Neil und Stefan sein«, sagte er.
    Ich drückte auf den Türöffner.
    Die beiden waren auch ziemlich durcheinander. Sie hatten sich auf dem Transmitterbahnhof getroffen und gemeinsam ein Flugtaxi genommen.
    Wir sagten ihnen, was los war.
    »Oh, jetzt verstehe ich«, sagte Neil. Er wandte sich an Stefan. »Ich glaube, es ist ziemlich sinnlos, wenn wir hier stundenlang unser Schicksal beklagen; die Frage ist: was tun wir nun? Hat jemand einen brauchbaren Vorschlag? Oder wollt ihr einfach abwarten und sterben?«
    »Natürlich nicht«, sagte Steve spontan.
    »Und was meinst du?« Er sah mich fragend an.
    »Also, ehrlich gesagt, ich bin mir nicht sicher, was ich tun soll. Steve meint auch, man müßte nach Australien gehen. Da werden noch Photonenraketen gestartet …«
    »Ach so. Und dann eine neue Strahlendosis einfangen?«
    »So ungefähr.«
    Er wiegte nachdenklich den Kopf.
    »Das ist natürlich eine Möglichkeit. Aber sie gefällt mir nicht so ganz.«
    »Wieso nicht?«
    »Wie sollen wir denn da überhaupt rankommen?«
    »Das ist ja die Frage!«
    »Das hält uns doch nur alles auf jetzt«, sagte Stefan. »Ich bin dafür, wir fahren erst mal hin. Dann werden wir schon sehen, wie wir weitermachen.«
    Stefan hatte nicht verstanden, was Neil gemeint hatte. Ich glaube vielmehr, daß sich Neil gefragt hatte, warum wir überhaupt mit aller Gewalt
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