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Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen
Autoren: Clark Darlton
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Clavius von Klarenbach handelte es sich um besonders dickköpfige Charaktere.
    Amtsrat Jenner war ein leidenschaftlicher Jäger, und eines Tages, ganz aus Versehen, geriet er bei der Verfolgung eines kapitalen Zwölfenders auf das Gebiet des Barons. Prompt gelangte er auch dort zum Schuß, und Baron Clavius verklagte den hochwohlgeborenen Amtsrat wegen Wilderns. Es kam zu einem Vergleich, wie nicht anders zu erwarten, aber der Amtsrat kam um seine verdiente Beförderung.
    Er konnte die Sache nie ganz verschmerzen und starb einige Jahre später, noch vor seiner Pensionierung. Sein einziger Sohn, Richard Jenner, hatte Jura studiert. Ihm vertraute der Vater den letzten Wunsch an: Rache an Baron Clavius von Klarenbach oder seinem Sohn.
    Zuerst konnte sich Richard Jenner nicht mit dem Gedanken befreunden, einem ihm unbekannten Menschen Unrecht zuzufügen, und kurz entschlossen stattete er dem alten Baron einen Besuch auf dessen Herrensitz ab. Er traf den Schloßherrn in schlechtester Laune an, und als er seinen Namen nannte, wurde er eigenhändig von dem jungen Baron Edmond und einem Lakaien hinausgeworfen.
    Das wiederum konnte ein Richard Jenner nicht vergessen, der einige Jahre später zum Richter ernannt wurde. Er beschloß, den obskuren Letzten Willen seines Vaters zu erfüllen.
    Die Gelegenheit bot sich sehr bald, als die Bodenreform einige Dinge zu Tage brachte, die nicht gerade ein günstiges Licht auf die Machenschaften des jungen Barons warfen. Edmond von Klarenbach hatte einige kleine Gutsbesitzer und Bauern genötigt, auf ihre Rechte zu verzichten. So war es ihm gelungen, seinen alten Besitz zu erhalten, der seiner Familie schon seit Jahrhunderten gehörte. Eine komplizierte Geschichte, das wußte auch Richter Jenner, aber als er den Fall übertragen bekam, machte er sich die Mühe, alles nur erreichbare Material in den Bibliotheken zu besorgen und durchzustudieren. Auch wenn er dabei auf manche Merkwürdigkeiten stieß, ließ er sich nicht beirren. Seine Aufgabe war es, den Baron ein für allemal zu erledigen. Ob er dabei den Klägern zu ihrem Recht verhalf oder eventuelle Gauner begünstigte, war ihm egal. Er wollte das Vermächtnis seines Vater erfüllen.
    In diesem 23. Jahrhundert war das Traditionsbewußtsein wieder neu erwacht, trotz aller sozialen Neuerungen und der entsprechenden Gesetze. Der Sohn übernahm die Geschäfte seines Vaters, und er erledigte auch die Dinge, die vom Tod des Vaters an ihrer Vollendung gehindert wurden.
    Rache gehörte dazu.
    Als Richter Jenner das Material durchgearbeitet hatte, wußte er, wie Baron Edmond von Klarenbach zu packen war. Er erließ Haftbefehl wegen Erpressung.
    Es war nicht schwer für Jenner, Beweise zu sammeln. Er opferte einen guten Teil seines eigenen Vermögens, die zuvor von Klarenbach bestochenen Gutsbesitzer zu einer schärferen Formulierung ihrer Klage zu bewegen. Aus der Nötigung wurde Erpressung, und damit gab es keine Rettung mehr für den Baron.
    Er wurde von Richter Jenner dazu verurteilt, mit der Zeitmaschine in eine ungewisse Vergangenheit zurückgeschickt zu werden, um etwa fünfhundert Jahre.
    Das kam einem Todesurteil gleich, auch wenn es keinswar.
    Als Edmond von Klarenbach in der Delinquentenzelle seine letzte Nacht verbrachte, wußte er, daß es einen Weg gab, das Urteil eines Tages zu revidieren.
    Er beschloß, diesen Weg zu gehen.
     
    Richter Jenner atmete auf, als er am anderen Tag nach Dienstschluß sein gemütliches Heim betrat und sich setzte, um die Post durchzusehen. Seine Haushälterin war auf Urlaub, und verheiratet war er nicht.
    Er las zuerst die unwichtigen Sachen, dann nahm er das dicke Kuvert zur Hand, das ihm schon von Anfang an aufgefallen war. Die steile Schrift wirkte altmodisch und ein wenig pedantisch. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor.
    Der Umschlag trug keinen Absender.
    Jenner riß ihn auf und staunte nicht wenig, als er einen Packen mit Schreibmaschine geschriebener Manuskriptseiten zutage förderte. Dabei lag ein Brief, der wieder die steile Handschrift aufwies.
    Er las ihn zuerst:
     
    Datum: 17. April 2199
    An Richter Richard Jenner
    Sie werden dieses Datum genausowenig vergessen wie ich. Aber wenn Sie durch ein chemisches Labor die Tinte meines Schreibens analysieren lassen, wird man Ihnen mitteilen, daß die Schrift genau fünfhundert Jahre alt ist. Und das stimmt. Ich schreibe diesen Brief im Jahre 1699, und ich bin der Ahnherr des Geschlechtes derer von Klarenbach, Baron Edmond von Klarenbach.
    Diesen Brief
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