Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen
Autoren: Clark Darlton
Vom Netzwerk:
versuchen sollten, unsterblich zu sein. Er war wohl der einzige von uns, der sich die Frage so grundsätzlich stellte.
    »Dagobert liegt noch bei mir in der Wohnung«, sagte Steve plötzlich.
    Wir starrten ihn überrascht an.
    »Sag mal, bist du wahnsinnig geworden?«
    »Was sollte ich denn sonst machen? Ich kann ihn doch nicht einfach in den Konverter werfen!«
    »Mußt du gar nicht. Ich kenne einen ziemlich abgelegenen Friedhof. Da bringen wir ihn hin. Das merkt kein Mensch.«
    Ich versuchte, ein bißchen Fröhlichkeit in unsere Runde zu bringen. Aber es hatte nicht viel Zweck. Sie waren alle ziemlich angeschlagen. Und ich auch.
    »Treffen wir uns also in England«, schlug Stefan vor. »Am besten reisen wir einzeln, das fällt nicht so auf. Die Sache darf nicht herauskommen, sonst sind wir geliefert. Sie würden wie die Wölfe über uns herfallen. Macht euch das klar!«
    Das würden sie ganz sicher. Wir wußten es. Und deswegen mußten wir auch so vorsichtig wie möglich sein. Steve wohnte draußen auf dem Land. Er hatte einen alten Bauernhof gekauft, ihn abgesichert und sehr gemütlich eingerichtet. Da kann niemand herein, den er da nicht haben wollte. Das fing mit versenkbaren Wänden und Fenstern an. Eine perfekte Burg. Hier hatte er sich die letzten Jahre vergraben. Er war kaum rausgegangen. Wie ich – und die anderen. Er hatte den Anschluß verpaßt. Er wußte nicht mehr, was er draußen, in der Welt, tun sollte. Hier hatte er alles, was er brauchte. Fernsehen, Tonbänder, Bücher. Und Katzen. Viele Katzen. Steve war ein Katzennarr.
    Ich kam als Letzter mit einem Flugtaxi. Die Dorfbewohner brauchten mich gar nicht zu sehen. Nicht daß ich Angst gehabt hätte; ich wollte nur keine fremden Menschen sehen. Mir war nicht danach. Den Rest des Weges ging ich zu Fuß.
    Während ich ging, dachte ich nach. Im Flugtaxi hatte ich mal wieder Nachrichten gehört; sonst kam ich ja kaum dazu. Es interessierte mich nicht mehr, wo in der Welt gerade Krieg geführt wurde. Zumal es immer noch die alten Eroberungskriege waren; Kolonisationskriege von reichen Völkern gegen arme. Eine Rakete war nach Alpha Centauri unterwegs; sie sollte das System umrunden und dann zur Erde zurückkehren. Die Mannschaft wurde bis zum Ziel eingefroren; drei Mann, die in drei Metallsärgen durch den Weltraum rasten. Am Ziel wurden sie dann aufgetaut, verrichteten ihre Arbeit, froren sich wieder ein, und wenn sie dann zurück waren, was war dann? Das große Fragezeichen. Denn niemand wußte bisher, inwieweit die Einsteinsche Relativitätstheorie sich in der Praxis auswirkte.
    Ich nahm das zur Kenntnis. Aber das war auch alles. Aber immerhin starteten noch Raketen. Und das war wichtig für uns. Wir mußten nur irgendwie an sie herankommen, wenn sie starteten.
    Aber wie?
    Steve machte die Tür auf. Er war blaß. Neil war auch schon da. Er sah genauso mitgenommen aus. Mir kam ein fürchterlicher Verdacht. Ich wagte nicht, ihn auszusprechen.
    »Stefan ist tot«, sagte Steve.
    Ich ließ mich in einen Sessel fallen.
    Ich schwieg.
    »Wir sind zusammen im Zug gefahren«, sagte Steve. »Das war die einfachste und unauffälligste Möglichkeit. Wir waren allein in einem Abteil. Da ist es passiert. Es ist ganz schnell gegangen. Er ist in ein paar Minuten ganz alt geworden. Man konnte die einzelnen Phasen richtig beobachten. Und dann war er plötzlich tot. Kein schöner Anblick, kann ich dir sagen! Er sackte einfach zusammen und war tot. Ich hab’ natürlich einen wahnsinnigen Schrecken gekriegt. Stell dir vor, man hätte uns zusammen gefunden! Nicht auszudenken! Ich bin bei der nächsten Station sofort ausgestiegen und weggerannt. Inzwischen werden sie ihn wohl schon gefunden haben. Ich hab’ dann einen Transmitter genommen. Das geht doch schneller. Und jetzt geht es nämlich erst richtig los«, sagte er. »Glaubt mir, jetzt fängt das alles erst richtig an. Ich weiß nicht mehr, was wir tun sollen. Ich weiß nicht, ob unser Plan richtig ist.«
    »Na komm«, sagte Neil. »Jetzt geht es um unsere eigene Haut. Es hat keinen Sinn, hier die große Klage zu führen. Tun wir etwas!«
    »Du bist gut! Und was? Und wie?«
    »Also, wenn du natürlich so da rangehst, dann kann es ja nichts werden!«
    »Nur die Ruhe«, sagte ich. »Das Schlimmste, was uns jetzt passieren kann, sind Streitereien. Das müssen wir auf jeden Fall vermeiden.«
    »Mensch, ich kann nicht mehr!« schrie Steve.
    »Denkst du, mir macht das vielleicht Spaß!« schrie Neil zurück.
    »Ruhe!«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher