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Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Autoren: Mona Misko
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bald nach einem Zug, der mit stetig anschwellendem Geräusch durch einen Tunnel düste. Münch versuchte, sich zu bewegen, öffnete seinen Mund und rief. „Was zum Teufel ist das! Was geht hier vor sich!“
    Sie musste sich beeilen, denn es war überaus anstrengend, alle in Schach zu halten. Mit einem unmerklichen Nicken ließ sie Lennart hinstürzen. Die ersten Rebstöcke knickten ab. Gleichzeitig setzte sich der Weinhang in Bewegung. Zunächst langsam, als wolle er sich widersetzen, um sich darauf hin tosend ins Tal zu schieben. Lennarts entsetzte Schreie verhallten im Krachen, Rasseln und Rauschen, welches das Durcheinanderwirbeln der Rebstöcke mit dem Schieferboden, Büschen, Sträuchern und Bäumen hervorrief, bis es mit dem berstenden Hang eins wurde. Unten bremste der an der Mauer der Umgehungsstraße entlanglaufende landwirtschaftliche Weg die Wucht, sie zerbarst aber dennoch. Die an dieser Stelle nur einen halben Meter hohe Mauer verteilte sich mit dem Blockgeröll auf der tiefer liegenden Umgehungsstraße. Die danach einsetzende Stille schien keiner auch nur durch das leiseste Atmen durchbrechen zu wollen. Leonie wartete nach innen lauschend ab, wie ihr Körper reagieren würde. Sie hoffte inständig, sich nicht so miserabel zu fühlen wie nach der Aktion in der Kirche. Nach der Gildenschenke hatte sie jedenfalls nur leichte Kopfschmerzen bekommen.
    Anke schien sich als Erste zu fangen. „Hast du nicht gesagt, du wolltest es nie mehr anwenden“, fragte sie im Flüsterton. Leonie sah sie an, überlegte einen Augenblick und antwortete. „Wie er hatte auch ich keine andere Wahl.“
    „ Aber warum auch der Weinberg?“, wollte Anke weiter wissen.
    „ Er ist unehrenhaft in unsere Familie gekommen. Ich wollte ihn sowieso abstoßen.“
    »Das hast du im wahrsten Sinne des Wortes schon getan«, ließ Anke leise verlauten. Mit festerer Stimme erklärte sie. „Lennart ...“ Anke wandte kurz ihr Gesicht in Richtung des verschwundenen Weinhanges, « hätte vor ein Gericht gemusst.“ Leonie sah sie überrascht an. Kannte Anke sie so wenig? „Hast du gedacht, ich lasse zu, dass diese Schande an die Öffentlichkeit kommt?“, flüsterte sie erregt und sah zu den beiden Beamten. Sie sollten das nicht unbedingt mithören. „Sowohl für mich als auch für ihn, wobei ich nicht nur an die Kirche denke, ist es so das Beste, wenn du verstehst?“ Anke nickte nun einige Male bedächtig hintereinander, als würde sie mit jedem Nicken mehr begreifen.
    Bald darauf waren Polizei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die Presse vor Ort. Die Umgehungsstraße wurde eilends für den Verkehr gesperrt. Überlegungen einer Erderschütterung wurden lebhaft diskutiert. Leonie hatte sich auf die Bank gesetzt, kämpfte gegen Übelkeit und übergab sich zweimal heftig. Ihr Gesicht war so grün, dass Anke schon ihr Handy in der Hand hielt, um einen Notarzt zu rufen. Mühsam wehrte Leonie ab, hauchte unter erneut ansteigender Übelkeit, dass sie das immer hinterher habe und es vorübergehen würde.  Die beiden Beamten Münch und Brückner standen ebenfalls besorgt um sie herum. Münch hatte etwas aufgeschnappt. „Was meinen Sie mit, das haben Sie immer hinterher? Sie wollen mir doch wohl nicht weiß machen, dass Sie das hier veranstaltet haben?“ Er brach ab. Leonie spürte seinen fragenden Blick, aber sie besaß noch nicht die Kraft, den Kopf zu heben und ihn anzusehen. „ Moment mal“, meinte er dann sogleich, „die auf mysteriöse Weise zu Bruch gegangene Fensterscheibe ..., dieses merkwürdige Verhalten des Jungen in der Gildenschenke , über das die Kollegen berichtet und gerätselt hatten.“ Er fasste sich an den Kopf, fuhr sich durch die Haare, sah verwirrt um sich und blickte wieder auf Leonie. Sie saß noch immer mit gesenktem Kopf da und atmete schwer. Münch holte tief Luft, ehe er weiter resümierte. „Meine eigene merkwürdige Starre eben, als hier alles den Bach, ich meine, verbesserte er sich, den Berg hinunterging. Bin ich noch normal?« Er sah Hilfe suchend zu Brückner. „Sagen Sie doch auch mal etwas.“
    Aber Brückner schwieg betroffen. Münch schnaufte durch. „Waren hier etwa Phänomene am Werk, ausgehend von Leonie Rosskamp?“ Es klang eher wie eine Behauptung als eine Frage. Er schnaufte nochmals hörbar durch. „Frau Rosskamp, ich muss Sie verhaften.“
    „ Einen Augenblick“, fühlte Anke sich genötigt, dem unliebsamen Bullen in seine Schranken zu weisen und hob beschwichtigend beide Hände.
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