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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht
Autoren: Yasmine Galenorn
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freizubekommen, zwang mich, mich abzuwenden, und fuhr mir mit der Hand über die Augen. Verdammt noch mal! Seit ich von Lannans Blut getrunken hatte, bestand zwischen uns eine Verbindung, die ich nicht wollte. Doch ob es mir nun gefiel oder nicht, sie war da, und leugnen half mir nicht weiter. In den vergangenen Tagen hatte ich bemerkt, dass ich Lannan spüren konnte, wenn er sich mir näherte, und so sehr ich versuchte, diese Empfindung vor Grieve zu verbergen, befürchtete ich, dass mein Geliebter es bereits wusste.
    Mit weichen Knien wandte ich mich um und sah, dass mein Vater wieder seine Feengestalt angenommen hatte. Er und Kaylin erledigten ihren Gegner gemeinsam. Wrath schnitt dem Schattenjäger die Kehle mit seinem gebogenen Dolch durch, dann trat er zurück, als der andere unwillkürlich nach seinem Hals griff und torkelnd zu Boden ging.
    Nebeneinander lagen sie im Schnee, und das Blut breitete sich um sie herum aus und färbte das blendende Weiß tiefrot. Lannan löste sich von dem Wesen, das sich in seine ursprüngliche Gestalt zurückverwandelt hatte. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab, doch sein Hemd war blutbesudelt. Mit glitzernden Augen blickte er mich an.
    Dann trat er vor und griff nach meiner Hand, und ich ließ sie ihn nehmen, ohne meinen Blick von ihm abwenden zu können. Er hob meine Hand an seine blutigen Lippen und küsste jeden meiner Finger einzeln.
    Ein Stromstoß durchfuhr mich. Die Wildheit, mit der er sich eben über den Schattenjäger hergemacht hatte, das Blut auf seiner Kleidung – all das machte mich ungeheuer an. Als ob er meine Gedanken las, verwandelte sich Lannans Lächeln in ein spöttisches Grinsen, und seine Hand drückte meine so fest, dass ich das Gesicht verzog. Langsam ließ er los und strich dabei mit seinem Zeigefinger über meine Handfläche.
    Mein Wolf grollte. Beruhigend legte ich die Hand auf die Tätowierung auf meinem Bauch. Grieve spürte, was ich empfand, und es gefiel ihm gar nicht.
    Lannan sprach in mein Ohr. »Ich rieche deine Erregung«, flüsterte er. »Wenn du willst, vögle ich dich gleich hier.« Doch da rief Wrath, und Lannan wich zurück.
    Als ich mich umwandte, sah ich, dass Kaylin mich beobachtete, aber er sagte nichts. Stattdessen deutete er aufs Haus. »Wir sollten hineingehen und uns umsehen, bevor noch mehr von denen kommen.«
    Da ich meiner Stimme nicht traute, nickte ich nur. An der Rückseite hatte das Haus den größten Schaden davongetragen, und ich war mir nicht sicher, inwieweit ich mich auf das Dach über der Küche verlassen wollte. Das meiste war weggebrannt, aber noch hingen hier und da zusammenhängende Schindeln an den Stützbalken, die die Feuersbrunst überlebt hatten, allerdings arg in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Die Frontseite des Hauses wirkte viel stabiler.
    »Lasst uns lieber vorn reingehen«, sagte ich schließlich. Kaylin steckte die Obsidianmesser unserer Feinde ein, dann schloss er sich uns wieder an. Gemeinsam liefen wir ums Haus herum nach vorn zur Verandatreppe.
    Ist das Haus frei?
    Ulean schauderte an meiner Haut. Ja, das Haus ist leer, aber trödelt nicht herum. Heute Nacht ist der Wald hellwach, die Jäger sind unterwegs. Sie suchen dich und Grieve und alle, die bei seiner Flucht geholfen haben .
    »Wir müssen uns beeilen. Mysts Leute sind auf der Jagd nach uns, und wir haben nicht viel Zeit.« Im Laufschritt rannte ich die Treppe hinauf und stieß die Tür auf. Wir hatten so schnell fliehen müssen, dass wir nicht mehr hatten abschließen können.
    Als ich das Wohnzimmer betrat, überkam mich die Erinnerung an alles, was in den vergangenen Wochen geschehen war, mit aller Macht. Wir hatten so vieles verloren.

    Mein Name ist Cicely Waters. Ich bin Magiegeborene und Hexe, und ich kann den Wind beherrschen. Ich bin außerdem zur Hälfte Cambyra-Fee. Um es genau zu sagen, gehöre ich zu den Uwilahsidhe, was bedeutet, dass ich mich in eine Eule verwandeln kann. Das habe ich allerdings erst vor kurzem erfahren, weswegen ich in dieser Disziplin noch ziemlich unbeholfen bin. Dennoch habe ich meine Eulengestalt sehr schnell lieben gelernt, denn sie verschafft mir eine Freiheit, wie ich sie nie zuvor erfahren habe. Mich emporzuschwingen und hoch über der Erde Kreise zu ziehen, ist zu meiner Zuflucht geworden. Ich hatte immer schon das Gefühl gehabt, dass mir etwas fehlte, doch nun fühle ich mich vollständig .
    Als ich noch ein kleines Kind war, machten sich Grieve – Feenprinz am Hof von Schilf
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