Winterliebe
ein bisschen.”
"Freut mich, dass Sie das so sehen. Ich dachte schon, aus unserer Neujahrswanderung würde nichts werden.”
"Wissen Sie, was ich immer zu meiner Familie sage? Es gibt kein wirklich schlechtes Wetter. Man muss sich nur dementsprechend anziehen. Ist alles nur eine Frage der Kleidung.”
"Ich bin ganz Ihrer Meinung”, sagte der große Mann aus Rotterdam. Er nahm sich Honig, Butter, Marmelade und zwei knusprige Brötchen.
Kurz vor elf Uhr brachen die Emmersons und die van Geests auf. Der Sturm hatte sich inzwischen ausgetobt. Es schneite zwar noch immer, aber jetzt lautlos von oben nach unten - wie es sich gehörte -, und es war überhaupt nicht kalt. Die Temperatur lag nur wenige Grade unter dem Gefrierpunkt. Man stapfte durch eine tiefverschneite Winterlandschaft. Die Bäume trugen weiße Mützen, und die Luft roch so sauber, dass es ein Genuss war, sie einzuatmen. Die Männer gingen vor den Frauen. Laetitia Emmerson unterhielt sich mit Meitje van Geest, und Hadubrand Emmerson führte mit Piet van Geest ein angeregtes Gespräch. Sie erreichten eine verwitterte, leere Hütte, deren Holz im Laufe der Zeit grau und rissig geworden war. Für jene Spaziergänger, die schlecht zu Fuß waren, stand eine Bank bereit. In einem erheiternden Gedicht bat der Hüttenbesitzer die Wanderer, sich zu erholen, den herrlichen Ausblick zu genießen, jedoch keine unansehnlichen Spuren zu hinterlassen, die er dann beseitigen müsse. Auf halbem Weg hörte es auf zu schneien, und die Sonne blinzelte ein wenig durch die Wolken.
"Wäre doch schade gewesen, wenn wir im Hotel geblieben wären”, sagte Hadubrand Emmerson.
"Ein traumhaft schöner Tag”, gab der Holländer zurück. "Schade, dass der Urlaub morgen schon zu Ende ist.”
"Wann reisen Sie ab?” fragte Hadubrand.
"So gegen zehn - habe ich vor.”
"Wie lange fahren Sie bis Rotterdam?” wollte Hadubrand wissen.
"Zwölf Stunden.”
"So lange.” Hadubrand wiegte den Kopf.
"Wir hätten gerne noch ein paar Tage angehängt, aber das ist leider nicht möglich, wenn man eine Firma hat. Wir benötigen jeden Auftrag, und übermorgen sind wir mit einem Mann verabredet, der ein Buch bei uns drucken lassen möchte.”
"Wenn Sie abgereist sind, haben wir noch drei Tage, dann müssen auch wir wieder nach Hause”, sagte Hadubrand Emmerson. In der Ferne kam die Jausenstation in Sicht. Der verschneite Weg führte in einem sanften Bogen darauf zu.
"Hoffentlich sind es drei sonnige Tage.”
Dr. Emmerson zuckte die Achseln. "Wir nehmen sie, wie sie kommen. Erholt werden wir auf jeden Fall nach München zurückkehren, und das ist die Hauptsache.”
In der Hütte ging es hoch her. Ein sympathischer Typ aus Düsseldorf sang altbekannte Lieder und begleitete sich auf der Gitarre. An einem langen Tisch saßen zwölf Personen und tranken eine Runde Obstler nach der andern. Und jedem, der eine Runde ausgab, wurde grölend ein Ständchen gebracht. Soeben sang der lustige Haufen: "Rita, wir danken dir für diese Runde hier. Wenn du noch einen gibst, bist du noch mal so lieb. Rita, wir danken dir für die Runde hier.”
Dann rief eine junge Frau übermütig: "Hau wech!” Und kippte sich den Schnaps mit einem jähen Ruck in die Kehle.
"Na, prost”, sagte Hadubrand Emmerson amüsiert. "Die machen anscheinend da weiter, wo sie gestern aufgehört haben.”
Der Aufenthalt in der Jausenstation war sehr kurzweilig. Die Emmersons und die van Geests kamen sich noch ein wenig näher, nannten sich nun beim Vornamen und sprachen die Hoffnung aus, dass sich das alles zum nächsten Jahreswechsel wiederholen ließ. Eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit verließen die beiden Ehepaare die gemütliche Hütte, um nach Gerlos zurückzukehren. Der lustige Haufen bekam gerade wieder zwölf Obstler auf den Tisch, und diesmal lautete das Ständchen: "Konrad, wir danken dir für diese Runde hier…”
9
Sonntag. Abreisetag von den van Geests. Abschied von den
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