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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don
Autoren: Tage der Toten
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Tío. »Und Raúl glaubt, er sei
ein Trainer.«
    »Sie machen ihre Sache gut«, sagte Keller. »Mit Cesar können sie es weit
bringen.«
    »Cesar gehört mir«, sagte Barrera. »Aber ich bin geduldig. Ich lasse meine Neffen spielen.
Bald muss ich einen richtigen Mana ger und einen richtigen Trainer für Cesar anheuern. Für Cesar nur das
Allerbeste. Er wird Champion.«
    »Da wird Adán aber enttäuscht sein.«
    »Wer ein Mann werden will, muss lernen, mit Enttäuschungen zu leben«,
sagte Barrera. Kein schlechter Spruch.
    »Adán erwähnte, dass Sie in beruflichen Schwierigkeiten stecken.«
    Was soll ich dazu sagen?, fragte sich Keller. Wenn Taylor das hört, kommt
er mir mit dem Spruch, dass man seine schmutzige Wäsche nicht in der
Öffentlichkeit wäscht, und recht hat er. Aber beißt sich vor Wut in den Arsch,
weil Barrera nicht mit ihm spricht, sondern mit seinem Untergebenen.
    »Mein Chef und ich sind nicht immer einer Meinung.«
    Barrera nickte. »Die
Optik von Señor Taylor ist manchmal etwas beschränkt. Er hat immer nur Pedro Aviles im Auge. Das
ist das Problem mit Ihrer DEA, wenn Sie mir verzeihen. Sie denken zu amerikanisch.
Ihre Kollegen verstehen nichts von unserer Kultur. Sie verstehen nicht, wie die
Dinge ineinandergreifen. Wie sie ineinandergreifen müssen.«
    Da hat der Mann nicht unrecht, dachte Keller. Unser Vorgehen hier unten
ist plump und schwerfällig, um das Mindeste zu sagen. Die typische
amerikanische Ignoranz: »Wir wissen schon, wie man das regelt - Achtung, jetzt
kommen wir!« Klar. Hat ja auch wunderbar funktioniert in Vietnam.
    Keller antwortete auf Spanisch: »Was uns an Sachverstand fehlt,
kompensieren wir durch unseren Mangel an Sachverstand.«
    »Sind Sie Mexikaner, Señor Keller?«, fragte Barrera.
    »Halb«, erwiderte Keller. »Meine Mutter ist Mexikanerin, übrigens aus
Sinaloa, aus Mazatlan.«
    Kein Problem, dachte Keller, ich bin mir nicht zu fein, diese Karte
auszuspielen.
    »Aber Sie sind im Barrio aufgewachsen«, sagte Barrera. »In San Diego?«
    Das ist keine Unterhaltung, dachte Keller, das ist ein Einstellungsgespräch.
    »Kennen Sie San Diego?«, fragte er. »Ich komme aus der 30th Street.«
    »Aber Sie haben sich von den Gangs ferngehalten.«
    »Ich habe geboxt.«
    Barrera nickte und
redete auf Spanisch weiter. »Sie wollen die Gomeros bekämpfen«, sagte Barrera. »Wir auch.«
    »Keine Frage.«
    »Aber als Boxer«, sagte Barrera, »wissen Sie, dass man nicht geradewegs auf den
Knockout zusteuern darf. Man muss seinen Gegner stellen, man muss ihn
zermürben, ihn in die Enge treiben. Den Knockout geht man erst an, wenn die
Zeit dafür gekommen ist.«
    Nun, so viele Knockouts hatte ich nicht, dachte Keller, aber die Theorie
stimmt. Wir Yankees wollen den Knockout sofort, und dieser Mann hier erklärt
mir, dass der Gegner noch gar nicht gestellt ist.
    Was nur vernünftig ist.
    »Was Sie sagen, überzeugt mich«, sagte Keller. »Leider ist Geduld nicht
gerade die größte Tugend der Amerikaner. Aber wenn meine Vorgesetzten
irgendwelche Fortschritte sehen würden, wenn Sie sähen, dass etwas in Bewegung
kommt -«
    »Mit Ihren Vorgesetzten ist es schwierig«, sagte Barrera. »Sie haben
keine...«
    Er sucht nach dem rechten Wort.
    Keller hilft nach: » Falta gracia. «
    »Genau. Keine Manieren«, stimmt ihm Barrera zu. »Wenn wir mit jemandem arbeiten könnten, der simpático ist, un compañero wie Sie...«
    So also, denkt Keller. Adán hat seinen Onkel gebeten, meinen Arsch zu retten,
und jetzt hat der Onkel gemerkt, dass es sich lohnt. Er ist ein geduldiger
Onkel, lässt seine Neffen spielen, aber er ist auch ein ernsthafter Mensch mit
klaren Zielen, und ich könnte ihm dabei behilflich sein, diese Ziele zu
erreichen.
    Auch das ist nur vernünftig. Aber ein schlüpfriger Pfad. Ungemeldete
Kontakte? Streng verboten. Kooperation mit einem der wichtigsten Männer in
Sinaloa, und das auf eigene Faust? Eine Zeitbombe. Dafür können sie mich auf
der Stelle feuern.
    Andererseits: Was habe ich zu verlieren?
    Keller füllte die Gläser nach. »Ich würde ja gern mit Ihnen arbeiten«,
sagte er. »Aber es gibt da gewisse Probleme.«
    Barrera zog die
Schultern hoch. »Als da wären?«
    »Ich gehe weg von hier. Ich soll versetzt werden.«
    Barrera schlürfte
seinen Whiskey und tat höflicherweise so, als würde er ihn genießen, obwohl sie
beide wussten, dass es billiger Dreck war. »Kennen Sie den wichtigsten
Unterschied zwischen Amerika und Mexiko?«, fragte er.
    Keller schüttelte
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