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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don
Autoren: Tage der Toten
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einer Geraden direkt ins Gesicht, und wenn Kellers Nase nicht gebrochen war,
sah sie einer gebrochenen Nasse verdammt ähnlich. Er wischte sich Blut ab, hob
die Deckung und blockte das nachfolgende Trommelfeuer mit den Handschuhen,
worauf der Boxer seine Rippen mit rechten und linken Haken bearbeitete.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis ihn endlich der Gong erlöste und er auf
seinen Hocker plumpste.
    Der große Bruder war schon da. »Hast du genug, picaßor!«
    Aber es klang schon nicht mehr ganz so verächtlich.
    »Ich komme langsam wieder in Form, perra«, antwortete Keller.
    Aber schon nach fünf Sekunden war alles, was er an Form zu bieten hatte,
aus ihm herausgedroschen. Ein heimtückischer Leberhaken schickte ihn zu Boden.
Mit gesenktem Kopf schnappte er nach Luft, Blut und Schweiß tropften ihm von
der Nase, aus den Augenwinkeln sah er, wie sich Zuschauer Geldscheine zuschoben,
außerdem hörte er den kleinen Bruder bis zehn zählen, als wäre Kellers
Niederlage schon besiegelt.
    Fickt euch alle, dachte Keller.
    Und stand auf.
    Jubel mischte sich mit Flüchen.
    Komm schon, Keller, sagte er sich. Dich einfach nur verdreschen lassen,
das bringt nichts. Du musst kämpfen. Du musst sein Tempo bremsen, sonst hat er
leichtes Spiel.
    Keller ging zum Angriff über.
    Fing sich drei schwere Treffer ein, aber arbeitete sich vor und trieb den
Champ in die Seile. Er blieb dicht am Mann, traktierte ihn mit kurzen, harten
Schlägen, so dass er blocken musste. Dann duckte er sich weg, versetzte ihm
zwei Schwinger in die Rippen, beugte sich vor und klammerte.
    Ein kleine Verschnaufpause, dachte er sich. Immer schön klammern, das
macht ihn mürbe. Aber schon bevor der kleine Bruder da war, um sie zu trennen,
schlüpfte der Champ unter Kellers Arm durch und versetzte ihm zwei seitliche
Schläge an den Kopf.
    Keller griff weiter an.
    Er musste Hiebe einstecken, doch er war der Aggressor, und darauf kam es
an. Der Champ wich ihm aus, tänzelte, nutzte Deckungslücken, aber er war auf
dem Rückzug. Als er die Hände sinken ließ, landete Keller eine harte Linke, die
ihn rückwärts taumeln ließ. Er war so verdutzt, dass Keller noch eine weitere
hinterherschickte.
    In den Pausen ließen ihn die beiden Brüder jetzt in Ruhe, sie mussten sich
um ihren Jungstar kümmern. Keller war es recht. Noch eine Runde, dachte er.
Eine Runde muss ich noch durchstehen.
    Während sich Keller vom Hocker erhob, wanderten eine Menge Scheine von
Hand zu Hand.
    Er kreuzte mit seinem Gegner die Handschuhe zur letzten Runde, sah ihm in
die Augen und wusste, dass er seinen Stolz verletzt hatte. Scheiße, dachte er.
Das wollte ich nicht. Zügle dein Ego, du Arschloch, und wag es nicht, diesen
Fight zu gewinnen.
    Eine unnötige Sorge.
    Was immer ihm die Brüder in der Pause erzählt hatten - der Champ hatte
seine Lektion gelernt, bewegte sich ständig nach links, in der Richtung seiner
eigenen Schläge, hielt die Hände hoch, landete beliebig viele Hiebe und wich
dann aus.
    Keller griff an und schlug ins Leere.
    Er hörte auf.
    Stand mitten im Ring, schüttelte den Kopf, lachte und winkte den Champ
heran.
    Die Menge war begeistert. Der Champ auch.
    Er kehrte zurück in die Ringmitte und ließ seine Schläge auf Keller
niederprasseln, der nur in Deckung gehen und blocken konnte. Alle paar Sekunden
konnte er einen Gegenschlag landen, aber der Champ hämmerte einfach weiter auf
ihn ein und nagelte ihn fest.
    Jetzt war der Champ nicht mehr auf ein K. o. aus. Seine Wut war verflogen.
Jetzt machte er echtes Sparring, ging in seinen Workout-Stil über und zeigte,
dass er Keller jederzeit schlagen konnte, wenn er nur wollte, lieferte den
Zuschauern die Show, die sie verlangten. Am Ende kniete Keller, die Handschuhe
am Kopf, die Ellenbogen dicht an die Brust gepresst, so dass er die meisten
Schläge abblocken konnte.
    Dann der Schlussgong.
    Der Champ zog Keller
hoch, und sie umarmten sich. »Eines Tages bist du Weltmeister«, sagte Keller zu
ihm. »Du warst in Ordnung«, sagte der Champ. »Danke für das Match.«
    »Ihr habt da einen guten Mann«, sagte Keller, als ihm der kleine Bruder
die Handschuhe auszog.
    »Den machen wir groß«, sagte der kleine Bruder. Er streckte Keller die
Hand entgegen. »Ich heiße Adán. Das ist mein Bruder Raul.«
    Raúl nickte. »Du
hast durchgehalten, Yankee. Das hätte ich nicht gedacht.«
    Keine
»Schwuchtel« diesmal, registrierte Keller. »Ich bin ja auch von allen guten
Geistern verlassen.«
    »Nein, nein. Du
kämpfst wie ein
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