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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don
Autoren: Tage der Toten
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ein
Bier?«
    »Unbedingt.«
    Und wie das die Kehle runterging! Keller nahm einen langen, köstlichen
Schluck und drückte die eiskalte Flasche an die geschwollene Wange.
    »Du siehst aus wie Scheiße«, sagte Adán.
    »So gut?«
    »Fast so gut.«
    Adán winkte dem Kellner und bestellte eine Bratenplatte.
Sie saßen draußen und ließen die Welt an sich vorüberziehen. »Du bist also
Drogenbulle«, sagte Adán. »Könnte man sagen.«
    »Mein Onkel ist
auch Bulle.«
    »Und du steckst nicht drin in dem Familienunternehmen?«
    »Ich bin Schmuggler«, sagte Adán.
    Keller hob die rechte Augenbraue. Selbst das tat weh.
    »Jeans«, sagte Adán und lachte. »Mein Bruder und ich, wir fahren nach San Diego, kaufen Jeans
und schmuggeln sie über die Grenze. Verkaufen sie zollfrei von der Ladefläche
runter. Du würdest staunen, wie viel das bringt.«
    »Ich dachte, du studierst am College. Was war das gleich? Rechnungswesen?«
    »Man braucht auch Geld zum Rechnen«, sagte Adán.
    »Weiß dein Onkel, womit du dir dein Bier verdienst?«
    »Tio weiß alles«, sagte Adán. »Er findet, das ist unter meiner Würde. Ich soll
was >Ernstes< machen. Aber das Jeansgeschäft läuft gut. So kriegen wir
Geld rein, bis das mit dem Boxen richtig losgeht. Wenn Cesar groß rauskommt,
machen wir Millionen.«
    »Hast du's auch
schon mal mit Boxen versucht?« Adán schüttelte den Kopf. »Ich bin klein, aber zu
langsam. Raúl ist der Kämpfer in unserer Familie.«
    »Na, ich
glaube, gestern war mein letztes Match.«
    »Da bist du gut
beraten.« Beide lachten.
    Komisch, wie
Freundschaften entstehen.
    Noch Jahre später dachte Keller daran. Ein Sparring-Match, eine
durchzechte Nacht, ein Nachmittag im Straßencafe. Geplänkel über Träume und
Wünsche, bei Tapas und Bier. Blödeleien, Gelächter.
    Er dachte auch an die Erkenntnis, die ihm dabei gekommen war: Vor Adán hatte er nie
einen richtigen Freund gehabt.
    Er hatte
Althie. Aber das war etwas anderes.
    Man kann seine Frau zwar als besten Freund bezeichnen, aber das ist nicht
dieses Männerding, der Bruder-den-man-nie-hatte, der Typ-mit-dem-man-rumhängt.
    Schwer zu
verstehen, wie das kommt.
    Vielleicht sah Adán in Art Keller etwas, was er an seinem eigenen Bruder vermisste - eine
Intelligenz, eine Ernsthaftigkeit, eine Reife, die er selbst nicht besaß, aber
anstrebte. Und vielleicht sah Keller in Adán ... also, er hat dann später Jahre gebraucht, das
zu erklären, auch sich selbst. Es lief einfach, wie es lief, in jenen Tagen. Adán Barrera war ein guter
Kerl. Ganz sicher. Zumindest sah es so aus.
Egal, was alles in ihm geschlummert haben mochte...
    Vielleicht schlummert so etwas in uns allen, dachte Keller später.
    In mir auf
jeden Fall.
    Das Gespür des
Bluthunds.
    Und natürlich war es Adán, der ihn mit Tío zusammenbrachte.
     
    Sechs Wochen
später lag Keller auf seinem Hotelbett, sah Fußball und fühlte sich
beschissen, weil Tim Taylor gerade das Okay bekommen hatte, ihn zu versetzen.
Vermutlich nach Iowa, dach te Keller. Damit ich kontrolliere, ob sich die
Drugstores beim Verkauf von Hustentropfen an die gesetzlichen Bestimmungen
halten.
    Aus und vorbei mit der Karriere.
    Während er diesen trüben Gedanken nachhing, klopfte jemand an die Tür.
    Ein Mann mit schwarzem Anzug, weißem Hemd und schwarzer Krawatte. Das
Haar auf altmodische Art zurückgekämmt, Lippenbärtchen, Augen schwarz wie die
Nacht.
    Vielleicht vierzigjährig, mit der Würde eines Gentleman.
    »Verzeihen Sie die Störung, Señor Keller«, sagte er. »Mein Name ist Miguel Ángel Barrera. Polizei des
Bundesstaats Sinaloa. Darf ich Sie einen Moment sprechen?«
    Und ob du darfst, dachte Keller und bat ihn herein. Zum Glück hatte er
noch einen Rest Scotch, so dass er dem Mann wenigstens einen Drink anbieten
konnte. Barrera nahm das Glas entgegen und bot ihm eine dünne schwarze kubanische Zigarre
an.
    »Ich habe aufgehört«, sagte Keller.
    »Macht es Ihnen was aus?«
    »Ich freue mich, wenn's Ihnen schmeckt«, antwortete Keller. Er kramte nach
einem Aschenbecher, dann setzten sich die beiden Männer an den kleinen Tisch,
der am Fenster stand. Barrera musterte Keller ein paar Sekunden, als würde er nachdenken, dann sagte er:
»Mein Neffe hat mich gebeten, Sie zu besuchen.«
    »Ihr Neffe?«
    »Adán Barrera. «
    »Ich verstehe.«
    Mein Onkel
ist Bulle, hatte er gesagt. Das ist also »Tio«.
    »Adán hat mich zu einem Match mit einem erstklassigen Boxer verführt.«
    »Adán hält sich für einen Manager«, sagte
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