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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten
Autoren: Jeanine Krock
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attraktiv aus.
    Wahrscheinlich genießt er jede Sekunde seines Auftritts , dachte ich verdrossen. Einen Moment lang schien ein Glitzern seine Augen zum Strahlen zu bringen, als sich unsere Blicke trafen. Dann blickte er jedoch gelangweilt in die Runde. Sicher war es nur das Flackern einer Kerze gewesen.
    Der Erzähler selbst hatte den Neuankömmling bisher nicht bemerkt. Er leerte sein Glas, winkte Minca, damit sie ihm ein neues brachte, und fuhr mit seiner Geschichte fort: »Nach dem Tod des alten Chiefs kehrte Lachlan, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war, aus der Pflegefamilie zurück, und viele Gefolgsleute machten keinen Hehl daraus, dass sie lieber ihn als den dunklen Alan zum Chief gehabt hätten …«
    Die melodische Stimme und die warme Luft im Pub waren wohl schuld daran, dass meine Gedanken abschweiften und ich begann, von einem romantischen Highlander zu träumen, der dem Fremden in der Tür beunruhigend ähnlich sah. Gerade stellte ich mir vor, wie es wohl gewesen wäre, hätte er mich neulich nachts tatsächlich geküsst, da nieste die Frau neben mir heftig und murmelte eine Entschuldigung, während leise die letzten Worte durch den Raum schwebten.
    »In den vergangenen Jahrhunderten gab es immer wieder
Leute, die Alan Dubh vom Clan der MacCoinnaich als Söldner unserer Feinde auf den blutigen Schlachtfeldern der Geschichte gesehen haben wollen.« Der Seanchaidh sah zur Tür, wurde blass und stürzte hastig sein Ale hinunter.
    Verwirrt drehte ich mich um und erhaschte noch einen kurzen Blick auf das versteinerte Gesicht meines unheimlichen Fremden, bevor er das Pub verließ. Iain stand auf und folgte ihm.
    Meine Neugier war geweckt. Welches Geheimnis verbarg dieser Mann, dass er dermaßen heftig auf eine zur Unterhaltung der Touristen dramatisch ausgeschmückte Geschichte reagierte?

2
Ausflug zu Pferd
    D ie Reaktion des Fremden ließ mir keine Ruhe, und weil ich nun sicher war, dass Iain ihn kannte, nahm ich mir vor, Caitlynns Freund darauf anzusprechen. Eine Gelegenheit dazu ergab sich bereits am nächsten Morgen, als wir uns trafen, um die geplanten Trekkingtouren vorzubereiten.
    Nachdem Caitlynn meine Angebote, ihr zu helfen, immer wieder abgelehnt hatte, war erstaunlicherweise Iain mit einem interessanten Vorschlag auf mich zugekommen: »Ich brauche für die Saison noch Tourguides. Wenn du Brandubh so weit im Griff hast – was hältst du davon, gelegentlich Tagesausflüge zu begleiten?«
    Ich war begeistert gewesen, und inzwischen hatte er mir die wichtigsten Routen gezeigt. Zuerst war ich einfach nur als Hilfskraft mitgeritten, hatte die Picknicks vorbereitet, Decken und Regenschutz auf einem Packpferd mitgenommen und Bran, wie ich den kapriziösen Hengst liebevoll nannte, immer mehr an die Gesellschaft von fremden Reitern, Pferden und an neue Situationen gewöhnt.
    Mit ihm hatte ich zwar immer noch alle Hände voll zu tun, aber ich liebte ihn innig. Iain war der Meinung, dass ich auf den Trekkings ein zahmeres Pferd reiten sollte, aber ich hatte beschlossen: entweder mit Bran – oder gar nicht.

    Der Wetterbericht hatte für die kommenden Tage schönes Wetter angesagt, die Gäste waren versorgt, und so beschloss ich, einen ersten längeren Ausritt ganz alleine zu unternehmen. Bevor Iain nach unserer Besprechung die Karten zusammenfaltete, tippte ich mit dem Finger auf ein Tal, das wir noch nie besucht hatten.
    »Warum machst du eigentlich keine Reitausflüge nach Gleann Grianach?«
    »Fremde haben da nichts verloren«, entgegnete er kurz angebunden und stand auf.
    Doch ich wollte mich nicht so einfach abspeisen lassen. »Hat es etwas mit den Sagen um die MacCoinnaichs zu tun?« Alsdair hatte das Tal gestern Abend erwähnt.
    »Das sind keine Sagen. Ein Seanchaidh bewahrt die Geschichte unseres Volkes für spätere Generationen, er erfindet nichts.«
    Hui, heute hatte ich aber wirklich ein Talent, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten. »War dein Freund deshalb gestern so ärgerlich? Hat er etwas mit dem Clan zu tun?«, platzte es aus mir heraus.
    Iain ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen und sah mich eigenartig an. »Was sagst du da?« Das Glitzern in seinen Augen verhieß nichts Gutes. Ich kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er ein aufbrausendes Temperament besaß. Doch wie immer hielt er es mit bemerkenswerter Disziplin in Schach, und nur der Sturm, der in seinen Augen tobte, verriet ihn manchmal. Schon wollte ich mich für meine Neugier
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