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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
Autoren: Juergen Kehrer
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sich.
    Stürzenbecher drückte ihr die Kamera in die Hand. »Treiben Sie jemanden auf, der die beiden Frauen identifizieren kann, die auf den Aufnahmen zu sehen sind. Wir brauchen Namen und Adressen. Und wenn die Spurensicherung drüben fertig ist, soll sie sich den Raum hier vornehmen. Wird vermutlich nicht viel bringen, aber es kann nicht schaden zu wissen, wer alles seine Fingerabdrücke hinterlassen hat.«
    Brünstrup nickte und machte sich auf den Weg.
    »Ach, Brünstrup!«
    Der Pferdeschwanz blieb stehen.
    »Zeigen Sie den Zeugen bitte nur Fotos, auf denen die Damen korrekt bekleidet sind. Wir wollen ja nicht noch mehr Wirbel verursachen.«
    Brünstrup versprach, darauf zu achten.
    Stürzenbecher nahm meinen Arm. »Und wir beide gehen jetzt zu der Witwe und überbringen ihr die traurige Nachricht.«

II

    Wir fuhren auf der Von-Esmarch-Straße nach Westen. Hinter den naturwissenschaftlichen Fachbereichen der Universität, einigen alten Klinikgebäuden und neuen Studentenwohnheimen begann der Stadtteil Gievenbeck. Hier war in den letzten Jahren viel gebaut worden. Das Repertoire reichte von Reihenhäusern über Doppelhaushälften bis zu Einfamilienhäusern. Wenn die Einwohner soziales Elend sehen wollten, mussten sie sich schon in ihre teuren Autos setzen und nach Kinderhaus oder Berg Fidel fahren.
    »Was weißt du über Kaiser?«, fragte Stürzenbecher.
    »Nicht viel. Ich habe den Auftrag erst gestern bekommen.«
    »Eine Idee, wer ihn nicht leiden konnte?«
    »In Anbetracht von Kaisers ausgeprägter Libido kommen dafür einige Dutzend betrogene Ehemänner und Freunde infrage.«
    Stürzenbecher grunzte. »Hast du zur Abwechslung mal eine gute Nachricht?«
    »Tut mir Leid.«
    »Ehrlich gesagt, ich stehe sowieso nicht darauf, auf Mallorca am Strand zu braten und mir am Abend den Bauch mit fettigen Tapas vollzuschlagen.«
    »Wenn man's so sieht ...«
    »Meine Frau kann alleine fahren und vielleicht die Bekanntschaft eines netten Spaniers machen, der darauf spezialisiert ist, Touristinnen abzuschleppen.«
    »Wie selbstlos.«
    »Und wem habe ich das alles zu verdanken?«
    »Mir nicht. Der Mörder hätte auch geschossen, wenn ich nicht da gewesen wäre.«
    »Bist du da so sicher?«
    Ich schaute ihn von der Seite an. Stürzenbechers Gesicht lag in unergründlichen Falten.
    Wir bogen in eine ruhige Wohnstraße ein. Einige Kinder führten ihre Metallroller spazieren. Das Haus der Kaisers stand auf einer handtuchgroßen Rasenfläche, die Blumen vor der weißen Haustür waren frisch gewässert.
    Stürzenbecher parkte und stellte den Motor ab. Er blieb noch einen Moment sitzen, während er mit gerunzelter Stirn zu dem einstöckigen Haus blickte, das von der Abendsonne in gleißendes Licht getaucht wurde.
    »Also los! Bringen wir es hinter uns.«
    Die Hitze war gegen Abend schwüler geworden. Es roch nach einem Gewitter. Stürzenbecher drückte auf die Klingel. Das Dingdong provozierte ein aufgeregtes Getrappel von Kinderfüßen.
    »Warte!«, rief eine Frauenstimme im Inneren.
    Sekunden später öffnete sich die Tür. Marie Kaiser hatte ihren Arm schützend um die Schulter eines etwa fünfjährigen Mädchens gelegt. Sie schaute zuerst mich an, dann, mit zunehmendem Erstaunen, meinen Begleiter.
    »Frau Kaiser?«, fragte Stürzenbecher.
    »Ja?«
    »Ich bin Hauptkommissar Stürzenbecher von der münsterschen Kripo. Herrn Wilsberg kennen Sie ja.«
    »Was ...« Sie blickte mich fragend an.
    Ich zuckte verlegen mit den Schultern.
    »Dürfen wir eintreten?«, fragte Stürzenbecher.
    »Ja, natürlich, entschuldigen Sie.«
    Der jüngere Bruder des Mädchens spielte auf dem Fußboden des Wohnzimmers mit Autos. Die Terrassentüren waren weit geöffnet, brachten aber nicht den Hauch einer Abkühlung. Ich spürte, dass das Hemd auf meinem Rücken klebte.
    »Aus welchem Grund ...«
    »Frau Kaiser«, unterbrach sie Stürzenbecher, »gibt es jemanden, der sich vorübergehend um die Kinder kümmern könnte?«
    »Warum? Nun sagen Sie doch endlich ...«
    »Nur eine halbe Stunde«, bat Stürzenbecher. Er benutzte seine beruhigende Stimme, die ähnlich entspannend wirkte wie das ernste Gesicht eines Arztes nach einer komplizierten Operation.
    Ich setzte mich in einen Polstersessel und vermied den Blickkontakt mit meiner Klientin. Stürzenbecher hatte eine Menge Erfahrung und wusste sicher, was er tat. Trotzdem war es die reinste Psycho-Folter. Natürlich ahnte Marie Kaiser längst, dass etwas Schreckliches passiert war, selbst wenn sie sich
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