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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
Autoren: Juergen Kehrer
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leider. Es gibt noch ein paar Originalsprecher, aber die reden nicht einmal mehr untereinander in Masematte. Dabei ist Masematte eine wunderbare Sprache, der Wortschatz entstammt der Gaunersprache Rotwelsch, dem Jiddischen, den Zigeunersprachen Sintes und Romanes, aber auch dem westfälischen Platt.« Weichert wirkte plötzlich ruhig und konzentriert. »Eine echte Geheimsprache, die von den Pferdehändlern an der Wolbecker Straße gesprochen wurde, den Arbeitern im Baugewerbe, den Speismakeimern, geografisch begrenzt auf vier Arbeiterviertel in Münster. Mal angenommen, ein fremder Vier-Zentner-Mann, der sich unbeliebt gemacht hatte, kam in eine Kneipe. Um keine Schlägerei zu provozieren, sagte man nicht: Guck mal, der Dicke da, der taugt nichts, sondern: Roin den schummen seeger, der ist schofel .«
    Weichert lächelte versonnen. »Heute wird Masematte nur noch von ein paar Journalisten und Wissenschaftlern geschrieben. Geschrieben, nicht gesprochen, dabei existierte Masematte nie als Schriftsprache. Es gibt sogar Wortneuschöpfungen. Wissen Sie, was Imbissbude auf Masematte heißt?«
    »Nein.«
    » Tackoachillekabache. Aber das ist Schnickschnack.« Er begann zu trommeln, erneut im Fünferrhythmus. »Ich fürchte, ich langweile Sie. Eigentlich sind Sie doch hier, um zu erfahren, wer Kaiser umgebracht haben könnte, oder nicht?«
    »Wissen Sie es denn?«
    »Nein, sonst hätte ich es schon der Polizei erzählt.«
    Die Tür ging auf, und eine Frau im schwarzen Kleid kam herein. Ich erkannte sie sofort wieder. Am Tag zuvor, im Zimmer von Professor Kaiser, hatte sie einen grauen Rock und eine weiße Bluse getragen.
    »Svenni, ich muss ...« Sie entdeckte mich.
    »Viola, meine violette Gambe d'Amore«, rief Weichert aus. »Lutschmichbaby.«
    »Später, Svenni«, sagte die Frau kühl. »Ich bin gerade nicht in Stimmung.«
    »Darf ich dir Dr. Watson vorstellen, den Mann mit der Lupe?«
    »Was soll der Quatsch?«
    »Wilsberg«, sagte ich, »mein Name ist Wilsberg.«
    »Er ist ein private eye, ein Schnüffler, ein Unterdenteppichgucker.«
    »Und Sie sind Frau Dr. Kohlmann?«, fragte ich.
    »Richtig«, antwortete sie genervt. »Svenni, wirf eine Haldol ein! Du musst das Oberseminar von Kaiser absagen. Ich bin fix und alle, ich habe tierische Kopfschmerzen, ich will nach Hause.«
    »Zu Befehl, Herrin, du Herrscherin über meine kühnsten erotischen Träume.«
    »Svenni!« Sie wandte sich ab und ging zur Tür. Heute trug sie das Haar offen.
    Ich stand auf. »Kann ich Sie einen Moment sprechen, Frau Dr. Kohlmann?«
    »Warum?« Sie drehte sich um. »Ich habe der Polizei schon alles gesagt. Ich glaube nicht, dass ich verpflichtet bin, einem Privatdetektiv Auskunft zu erteilen.«
    »Wir könnten über das reden, was ich gestern gesehen habe.«
    »Was habe ich damit zu tun?«
    »Ich habe das Zimmer von Professor Kaiser beobachtet und Fotos gemacht.«
    Sie starrte mich erstaunt an. »Die Sie der Polizei gegeben haben?«
    »Ja.«
    Das Erstaunen verwandelte sich in Ärger, zwischen ihren Augenbrauen wurde eine Falte sichtbar. »Deshalb haben mich die Polizisten so komisch angeguckt. Sie sind ein ...«
    Weichert war um seinen Schreibtisch herumgekommen und tippte mir leicht auf die Schulter. Es fühlte sich an wie das Picken eines kleinen Vogels und irritierte mich enorm.
    »Fotos? Habe ich etwas verpasst? Viola und Kaiser, tête-à-tête?«
    »Na schön«, sagte Viola Kohlmann zu mir. »Ich könnte einen Kaffee vertragen. Und, Svenni: Denk an das Oberseminar! Sag den Studenten einfach, was passiert ist, falls sie es noch nicht wissen, und schick sie nach Hause!«
    »Wie Sie wünschen, Herrin.« Weichert verbeugte sich tief und tippte ihr gegen das Knie.
    »Gehen wir?« Der Vorschlag galt mir. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete Kohlmann die Tür und verschwand in den Flur.
    Ich verabschiedete mich von Weichert und folgte ihr.
    »Grüßen Sie Sherlock von mir!«, rief er mir nach. »Bärlock, Silberlocke, Sackgesicht.«
    Die Assistentin war bereits ein Stück voraus, ich hatte Mühe, mit ihrem Tempo Schritt zu halten. Schweigend strebten wir über den langen Flur.
    »Wo möchten Sie den Kaffee trinken?«, fragte ich, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen.
    »Nicht hier«, sagte sie barsch. »Ich muss raus aus diesem Gebäude.«
    Ein großer, hagerer Mann mit halblangen grauen Haaren und Spitzbart trat aus einer Seitentür. Als er meine Begleiterin sah, breitete sich ein öliges Lächeln auf seinem Gesicht aus.
    »Mein Beileid,
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