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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer
Autoren: Juergen Kehrer
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hinter der Glasfront eines Blumengeschäftes.
    »Hah!«, schrie sie auf, als ich ihren Arm packte.
    Ich legte den Zeigefinger vor den Mund.
    »Musst du mich so erschrecken?«
    »Tut mir leid. Es ging nicht anders.«
    Mit sanftem Druck schob ich sie in eine Nebenstraße, bis wir außer Sichtweite des Marktplatzes waren.
    »Warum gehen wir nicht zu den anderen? Du bist doch jetzt einer von uns.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Unmöglich.«
    »Dann weißt du, wer der Verräter ist?«
    »Vielleicht. Martin ist verschwunden.«
    »Martin?«
    »Angeblich ist er zur Erzabtei seines Ordens gefahren.«
    »Nein«, jammerte sie. »Nicht Martin. Bitte nicht!«
    »Wir müssen reden«, sagte ich. »Nachher. Ich warte hier auf dich.«
    Mareike guckte mich Hilfe suchend an. »Aber was machen wir denn jetzt?«
    »Tu so, als wüsstest du von nichts.«
    Sie wirkte unschlüssig. »Morgen soll die nächste Aktion laufen.«
    »Versuch, sie zu verschieben! Wir dürfen jetzt nichts übers Knie brechen. Jeder Schritt will genau überlegt sein.«
    Kurze Zeit später bedauerte ich, ihr keinen wärmeren und trockeneren Treffpunkt vorgeschlagen zu haben. Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt, einer von der Sorte, die harmlos beginnt, sich dann stetig durch alle wasserempfindlichen Kleidungsstücke vorarbeitet, bis man schließlich das Gefühl hat, in einem undichten Taucheranzug zu stehen.
    Ab und zu schloss ich die Augen und stellte mir vor, an einem brüllendheißen Julitag irgendwo in Italien am Strand zu liegen. Es klappte für jeweils zehn Sekunden. Die Kältezeiten dazwischen nutzte ich, um über alles Mögliche nachzudenken. Zum Beispiel darüber, welche Aktion die Wiedertäufer wohl für den nächsten Tag, den 9. April, geplant hatten. Das Datum sagte mir durchaus etwas. Am 9. April 1534 hatte Knipperdolling befohlen, alle Kirchturmspitzen zu schleifen, weil das Hohe erniedrigt werden müsse. Es brauchte nicht allzu viel Fantasie, die Vorgabe mit einem Koffer Sprengstoff in Verbindung zu bringen.
    Die Versammlung der Wiedertäufer dauerte gnädigerweise nur eine knappe Stunde. Trotzdem fühlte ich mich feucht und unleidlich, und Mareikes Laune war nicht gerade dazu angetan, mich spontan zu erwärmen.
    »Wohin gehen wir?«, fragte sie mürrisch.
    »Zu mir«, schlug ich vor. »Ich muss mir etwas Trockenes anziehen.«
    Sie nickte.
    Während der Autofahrt redeten wir hauptsächlich über das Wetter. Zwei Blocks vor meiner Wohnung ließ ich sie aussteigen, damit sie Stürzenbechers eventuell vor meiner Vordertür postierten Häschern nicht in die Arme lief.
    Als sie an die Gartentür klopfte, war ich bereits umgezogen.
    »Was hältst du davon, noch einmal von vorne anzufangen?«, schlug ich vor.
    »Womit?«, knurrte sie zurück.
    »Mit dem Gespräch. Du hast eine Stinklaune.«
    Sie funkelte mich an. »Bei Tobias ist eingebrochen worden.«
    »Ich weiß.«
    »Dann hat er also recht: Du warst es.«
    »Ja.« Ich nahm den Schnappschuss vom Tisch, der mich in rasanter Vorwärtsbewegung zeigte. »Und ich habe etwas gefunden. Das gleiche Bild ist der Polizei anonym zugeschickt worden. Es hätte beinahe zu meiner Verhaftung geführt.«
    Stirnrunzelnd betrachtete sie das Foto. »Was soll das?«
    »Die Aufnahme wurde am 5. April gemacht, frühmorgens am Ludgeriplatz. Dämmert dir etwas? Der gute Tobias Frank wollte mich reinlegen. Wäre Hauptkommissar Stürzenbecher nicht ein alter Kumpel von mir, säße ich jetzt hinter Gittern.«
    »Dieser Idiot!« Sie knallte das Foto auf den Tisch. »Wie kann er so was machen?«
    »Das frage ich mich auch. Und deshalb bin ich nicht so sicher, ob Martin wirklich der Verräter ist.«
    Sie lachte. »Tobias? Nein. Er hasst dich. Das ist etwas Persönliches.«
    Mit zwei Schritten war sie bei mir und legte ihren Kopf gegen meinen Hals. Ich roch die Feuchtigkeit des Regens, einen Rest Pfirsich-Shampoo und einen süßlich-scharfen Hauch Mareike.
    »Tatsächlich?«
    Sie hob den Kopf und knabberte an meinem Hals. »Ganz sicher.«
    Ihre Hand schob mich auf das Sofa, und wir fielen nahezu gleichzeitig. Langsam arbeitete sich ihr Mund nach oben, bis er meinen gefunden hatte. Ich öffnete die Lippen, und ihre Zunge vollführte einen wilden Tanz. Nebenbei schaffte sie es, mein Hemd aufzuknöpfen.
    »Was hast du vor?«
    »Das, was wir schon immer vorhatten.« Sie warf ihre Haare zurück. »Worauf willst du warten?«
    »Hier?«
    »Hier. Auf dem Sofa. Auf dem Teppich. Wen stört das schon?«
    »Darf ich wenigstens die Vorhänge
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