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Willst du dein Herz mir schenken

Willst du dein Herz mir schenken

Titel: Willst du dein Herz mir schenken
Autoren: Marit Hannis
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durchquerte sie noch relativ ruhig, doch je mehr sie sich der Eingangstür näherte, desto schneller wurde ihr Schritt, bis sie schließlich die Treppen hinauflief, eilig durch die Diele rannte und außer Atem im Büro ankam. Dort eilte sie zum Telefon, nahm den Hörer vom Ohr und wählte hastig die Nummer ihres Chefs. Der wusste bestimmt Näheres. Er wusste immer alles.
    Als sich die vertraute Stimme von Jonathan Rogge am anderen Ende der Leitung verschlafen mit den Worten »Ich hoffe, es ist wichtig« meldete, verschwendete Teresa keine Zeit mit einleitenden Worten. Sofort sprudelte es aus ihr heraus: »Ist es wahr, dass die Burg in einen Hotelkomplex umfunktioniert werden soll? Der ganze Berg soll zubetoniert und bebaut werden. Ich habe die Pläne gefunden. Das ist doch ein Scherz, oder?!«
    Beim letzten Satz klang in ihrer Stimme so viel Hoffnung mit, dass sogar Jonathan Rogge Mitleid bekam. Doch seine Antwort war niederschmetternd.
    »Ich fürchte nicht, mein Herz. Ich habe auch schon davon gehört. Offensichtlich ist die Idee des Bürgermeisters und eines Investors jetzt beschlossene Sache. Wahrscheinlich wurde es gestern bei der Party besiegelt.«
    »Aber das geht doch nicht! Das können Sie doch nicht zulassen!«
    Teresa konnte nicht glauben, dass ihr Chef davon gewusst und ihr nichts erzählt hatte.
    Jonathan Rogge räusperte sich. Seine Stimme klang jetzt etwas munterer.
    »Du musst aber keine Angst um deinen Job haben, mein Herz. Ich habe in weiser Voraussicht schon einen neuen Veranstaltungsort für uns organisiert. In Weißensee gibt es einen alten Bauernhof, der sich hervorragend eignet. Dort sind auch die Kosten nur halb so hoch wie hier in der Burg, da kann ich sogar dein Gehalt erhöhen. Also alles halb so schlimm.«
    Weißensee! Das war ein langweiliges Kaff am anderen Ende der Felder, völlig indiskutabel für Teresa. Außerdem ging es ihr nur am Rande um ihren Job.
    Teresa legte auf. Danach ging sie wieder aus der Burg, das Papier mit den Plänen für den Hotelbau noch immer  in der Hand, und schritt durch das Tor auf das Gelände hinter der Festung.
    Sie sah auf das Blatt Papier. Hier sollte laut Plan ein großer Hotelneubau entstehen. Jetzt rauschten hier Bäume im Wind, Blätter raschelten leise. Eine Elster jagte einen Spatz über die Wiese, während ein Specht im Stamm einer uralten Eiche nach Würmern suchte. In einer Birke nistete ein Meisenpärchen, und ein Eichhörnchen eilte behände die knochige Buche nach oben. Zwitschern und Vogelgesang erfüllte die Luft. Würde das Hotel errichtet, rauschten hier stattdessen Klimaanlagen und klingelten Telefone. Statt Krähen in Pfützen tummelten sich dicke Urlauber in einem Pool. Teresa schloss die Augen. Das war ein Alptraum.
    Sie drehte sich zur Burg um. Und ihre alte Burg, die sie so liebte, würde niemand mehr betreten dürfen, wenn er kein Geld dafür bezahlte. Das musste einfach ein Alptraum sein.
    In der Ferne sah sie plötzlich eine einsame Gestalt den Eingang zur Burg hinaufschreiten. Der Graf mit seinen Einkäufen. Den hatte sie vor lauter Entsetzen völlig vergessen, aber der war in diesem Moment sowieso nebensächlich.
    Teresa wandte sich wieder ab und sah hinunter zum See. Dort, wo jetzt Enten im Dickicht am Ufer brüteten, sollte ein Bootssteg entstehen, damit die Touristen für ihre Vergnügungen per Schiff in die Stadt und andere touristische Ausflugsziele transportiert werden konnten. Und da, wo ein einsamer Weg einzelne Spaziergänger und Hundebesitzer zur Schleuse führte, würde es bald von Fremden wimmeln, die ihren Müll überall liegen ließen und die Idylle mit ihrem Urlaubsgeschwätz störten.
    Wer hatte diese Pläne nur aufgestellt? Wer war dafür verantwortlich? Das konnte nicht vom Bürgermeister stammen. Das konnte nur jemand sein, dem die Burg und ihre Umgebung nichts bedeuteten. Jemand, der nicht von hier stammte.
    Plötzlich durchzuckte Teresa ein Gedanke. Es war schon seltsam, dass an demselben Tag, an dem diese Pläne Wirklichkeit wurden, ein Fremder auftauchte. Und er war auch bei der Party anwesend. Bestimmt steckte er dahinter.
    Auf einmal kam wieder Leben in Teresas Körper. Sie löste sich von ihrer Stelle und eilte zurück zur Burg. Mit riesigen Schritten lief sie den Weg entlang und stürmte die Treppen hinauf. Erst im Zimmer des Grafen kam sie wieder zum Stehen. Mit blitzenden Augen fauchte sie den Mann an: »Sie haben das angerichtet! Geben Sie es zu! Sie sind ein elender Schuft, der uns unsere Burg
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