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Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)

Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)

Titel: Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)
Autoren: Derek Keilty
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abbricht.«
    »Was ist mit Buck?«
    »Es ist immer noch da oben. Aber um den soll sich jetzt der High Sheriff kümmern.«
    Wir flogen über den östlichen Arm. Von oben konnte ich gut erkennen, wie sich in der ausgedörrten Erde immer mehr Risse auftaten.
    Wir überquerten auch Oretown. Die wenigen Häuser, die bei meinem letzten Besuch noch gestanden hatten, waren jetzt alle eingestürzt.
     
    Wir landeten in Phoenix Creek, aber Yenene war nirgendwo zu entdecken.
    Jez kam mit tränenüberströmtem Gesicht auf mich zugeflogen. »Sie ist nicht da. Wir haben überall gesucht.«
    »Und ihr Pferd?«
    »Ist auch verschwunden.«
    »Vielleicht ist sie ja von selbst gegangen, als sie gemerkt hat, dass die Beben immer stärker werden«, sagte der Schaffnerelf.
    »Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich ein ganz ungutes Gefühl.« Ich blickte Jez an. Da hatte ich plötzlich eine Idee. »Jez, als wir sie das letzte Mal besucht haben, haben wir ihr da erzählt, dass der Flitzer gar nicht mehr in Oretown hält?«
    »So genau weiß ich das nicht mehr, aber ich glaube nicht. Wieso?«
    »Und wenn sie nun ihre Meinung geändert hat?«
    »Welche Meinung denn?«
    »Na ja, das mit dem Umzug und so. Wenn sie nun plötzlich vernünftig geworden ist und den Felsen doch noch verlassen wollte? Und dann hat sie gemerkt, dass ihr Pferd vor lauter Angst alleine weggeflogen ist?«
    »Jetzt weiß ich, was du meinst. Dann wäre sie wahrscheinlich zum Bahnhof gegangen.«
    »Los, kommt mit!«
    Schon beim Anflug auf den Bahnhof sahen wir sie – eine einsame Gestalt mit einem schwarzen Schultertuch und einem großen Koffer. Ich stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Dann hatte sie also doch nicht aufgegeben, wie ich insgeheim schon befürchtet hatte. Die Tatsache, dass sie dort auf dem Bahnsteig stand, obwohl nie wieder ein Zug durch diesen Bahnhof fahren würde, gab mir neuen Mut. Der Boden um sie herum zerfiel buchstäblich zu Staub. Die Schienen bogen und krümmten sich. Sie ging im Kreis, hatte die Arme in die Höhe gereckt und weinte.
    Ich schrie, so laut ich nur konnte.
    Yenene hob den Blick und winkte, doch beim zweiten Hinsehen wurde mir klar, dass sie mich verscheuchen wollte. »Nein, Will, geh weg! Es ist zu gefährlich.«
    »Durchhalten, Grandma, wir holen dich raus!«
    Riesige Risse taten sich in der Erde auf, wie mächtige Mäuler, die alles verschluckten, was in ihrer Nähe war: Bäume, Bahnsteigteile, Präriegras, Schienenstücke, den Bahnhof, die alte Uhr, die immer falsch gegangen war. Dann löste sich der Teil des Bahnsteigs, auf dem Grandma stand, von seinen Nachbarn, wurde wie ein Eisberg im kalten Nordmeer weggeschwemmt und drohte in einer dunklen Spalte zu versinken.
    »Jetzt, Shy, jetzt!«
    Mit der Kraft eines Donnerdrachen und der Geschmeidigkeit eines Windpferdes sauste Moonshine nach unten, die Ohren eng am Kopf angelegt – ein Zeichen höchster Konzentration. Es klappte alles so, wie sie es geplant hatte. Sie landete auf dem zerbröckelnden Bahnsteig, kniete sich nieder, damit Yenene auf ihren Rücken steigen konnte. Grandma schlang mir die Arme um die Hüften und weinte bittere Tränen.
    »Ich bin eine solche Närrin, dass du wegen mir dein Leben aufs Spiel setzen musst. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Jetzt auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Plötzlich sehe ich, wie dickköpfig ich gewesen bin. Ich weiß wirklich nicht, was da über mich gekommen ist. Aber du und Jez, ihr hättet nicht kommen dürfen. Ihr habt euch in große Gefahr begeben, und dabei liegt das ganze Leben noch vor euch.«
    »Uns ist ja nichts passiert, und wir hätten dich niemals im Stich gelassen. Alles wird gut. Aber jetzt komm, wir müssen weg von hier.«
    Während wir höher und höher stiegen, bis wir bei Jez und dem Schaffnerelf angelangt waren, ertönte ein lautes Donnergrollen, das meinen ganzen Körper erzittern ließ. Wir blickten nach unten und sahen, wie das, was vom westlichen Arm noch übrig war, endgültig nach außen wegkippte und ins Ödland hinabstürzte. Nur noch eine riesige Staubwolke war jetzt zu sehen.
    Und der westliche Arm, der vierzehn Jahre lang meine Heimat gewesen war, existierte nicht mehr.
    Die Viehweiden, Oretown, die Bank, das Sheriffbüro, das Hotel, die kilometerlange Bahnstrecke, Pike’s Ridge und ein Teil der Tieferminen, das alles lag jetzt irgendwo da unten im Ödland. Der Große Kaktusfelsen erinnerte jetzt eher an einen gestutzten Baum, wie der Sattelholzbaum vor meinem
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