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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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MacKenzies sind klug und tapfer. Sogar die Frauen. Du passt
    gut zu uns.“
    Beide schwiegen. „Ty wollte eine Frau, die anders ist“, meinte Janna dann heiser.
    „Ja, ja. Tys berühmte Seidendame.“ Silver sah, wie Janna zusammenzuckte. „Mach dir keine Sorgen. Ein Blick auf dich genügt, und er sieht in dir die Frau seiner Träume. Er mag stur wie alle MacKenzies sein, aber blind ist er nicht.“
    In Jannas Augen brannten Tränen, als sie ihren geheimsten Traum aus Silvers Mund hörte. Die Hoffnung, Ty möge sich ihr zuwenden und in ihr seine Seidendame erkennen, war so überwältigend groß, dass sie sich nicht dagegen wehren konnte. Dieser Traum und Cases Drohung hielten sie in Wyoming fest.
    Silver berührte zart Jannas Wange. „Weiß er, wie sehr du ihn liebst?“
    Janna nickte langsam. „Es war nicht genug“, flüsterte sie. „Sein Traum..."
    „Das war der Krieg. Jeder der MacKenzies hat die Niederlage anders verarbeitet. Logan wollte Rache.“ Silvers Mundwinkel fielen nach unten bei der traurigen Erinnerung. „Er hat Rache genommen, aber sie hat ihm nicht gebracht, was er sich davon versprach. Ich glaube, auch Ty wird erkennen, dass Seide nicht das ist, wonach er wirklich sucht.“
    Ein Ruf kam aus dem vorderen Hausteil. Beide Frauen erstarrten in hoffnungsvoller Erwartung. Dann begriffen sie, dass Case nur Gäste begrüßte, nicht die mit Blue Wolf heimkehrenden MacKenzie-Brüder. Janna musste sich Gewissheit verschaffen. Sie rannte zum Fenster und blickte hinaus. Tatsächlich trafen die ersten Gäste ein.
    „Ich kann noch immer kaum glauben, wie viele echte Lords und Ladys es in Wyoming gibt“, sagte Janna.
    Silver lächelte müde. „Leider ist es wahr. Noch schlimmer, mit den meisten von ihnen bin ich verwandt oder verschwägert.“ Sie sah aus dem Fenster. „Diese Aristokraten sind die Gäste von Cousin Henry. Sie leben nicht in Wyoming und sind nur zum Jagen hier.“ Sie seufzte und schüttelte die Rockfalten auf, damit sie besser fielen. „Ich gehe besser hinunter und begrüße sie. Case hat ausgezeichnete Manieren, aber das Gesellschaftsspiel beginnt ihn rasch zu langweilen. Ich möchte nicht, dass Melissa ihn verjagt, bevor der Ball richtig angefangen hat. Er ist ein wunderbarer Tänzer. Fast so gut wie Ty.“
    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Case von einer Frau verjagen lässt.“
    „Ehrlich gesagt, ist das meine Schuld“, sagte Silver und eilte durch die Schlafzimmertür, ihr bauschiges Ballkleid raffend. „Ich habe ihm das Versprechen abgenommen, Melissas Gefühle nicht zu verletzen. Case nimmt Versprechen sehr ernst. Komm nach, wenn du bereit bist. Aber warte nicht zu lange. Dort unten sind alle sehr gespannt auf dich. In diesem Teil der Welt werden Frauen als etwas sehr Kostbares verehrt. Vor allem, wenn sie jung und hübsch sind.“
    Janna betrachtete sich einen Moment länger im Spiegel. Eine Fremde blickte sie an. In ihrer eleganten Erscheinung hatte sie Ähnlichkeit mit ihrer Mutter und blieb doch fremd. Janna bezweifelte, ob sie sich jemals an Kleider gewöhnen würde. Selbst nach einem Monat spürte sie bei jedem Schritt die wogenden Stoffmassen um ihre Beine und das knapp sitzende Mieder. Möglich, dass sie mit dem üppigen Rock rennen konnte. Weit würde sie nicht kommen. Die geschnürte Taille machte tiefes Atmen unmöglich. Am schlimmsten waren die Schuhe. Sie zwickten.
    Sie sah zum Schrank, in dem die abgelegten Kleidungsstücke ihres Vaters hingen. Sie hatte alle Sachen sorgfältig gewaschen und gebügelt, denn sie waren die einzigen Kleider, die sie besaß. Ihre Mokassins waren ausgebessert. Die Flicken aus Wildleder hatte sie für einen Teil ihrer kostbaren Kräuter eingetauscht. Ihre Feldflasche, der Medizinbeutel und eine abgenutzte Schlafdecke lagen ebenfalls griffbereit im Schrank.
    Vielleicht brauche ich das alles nicht mehr. Vielleicht wird Ty mich ansehen und die Frau in mir erkennen, die er lieben kann. Vielleicht sogar...
    Janna betrachtete ihre Hände. Die weiße Zartheit erstaunte sie noch immer. Sie griff in den Medizinbeutel und zog die Zeichnung ihrer Mutter heraus. Grüblerisch ging ihr Blick vom Spiegelbild zu der Zeichnung und wieder zurück.
    Ob ihm der Anblick gefällt? Wird er sich mir aus Liebe zuwenden oder weil er sich verpflichtet fühlt?
    Einige Minuten später legte Janna die Zeichnung beiseite und ging nach unten. Das riesige Ranchhaus war nach einem Brand, der es fast völlig zerstört hatte, wieder aufgebaut worden. Die
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