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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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Zebra zuckte mit den Ohren. Er begann mit sanfter Stimme auf sie einzureden.
    „Du hast eine feinere Nase als der beste Jagdhund meines Vaters. Wie lange gehört sie dir schon?“ fragte er Janna, noch immer das Pferd ansehend.
    „Gar nicht.“
    „Was?“
    „Sie gehört mir nicht. Sie mag mich, das ist alles. Manche Pferde sind gern bei Menschen, wenn man sich auf die richtige Weise nähert.“
    „Und manche Pferde bringen einem Menschen fast den Tod“, entgegnete Ty. „Noch zehn Sekunden, und ich hätte mein Lasso um Lucifers Hals geschlungen, da sprang Cascabel mich an.“
    Janna stockte für einen Moment das Herz. Lucifer ließ sie nicht an sich heran. Trotzdem sah sie den Hengst in gewisser Weise als ihren Schützling. „Wie sind Sie so nah an ihn herankommen?“
    „Falls ich nicht gerade halb tot bin, kann ich ziemlich gut Spuren lesen.“
    „Die Schamanen sagen, kein Sterblicher wird Lucifer jemals fangen. Er ist ein Geisterpferd.“
    Ty schüttelte den Kopf. „Der alte Junge ist aus Fleisch und Blut, und er zeugt die besten Fohlen westlich des Mississippi. Er ist für mich der Weg in die Zukunft, die der Bürgerkrieg den MacKenzies genommen hat. Mit ihm werde ich eine Herde aufbauen, wie mein Vater sie immer gewollt hat. Ohne diesen Krieg hätte er sie bekommen. Die vier MacKenzie-Brüder sind auf seinen besten Pferden in die Schlacht geritten. Mehr als einmal haben die Tiere unser Leben gerettet.“
    Janna sah den harten Zug um seinen Mund. Dann zuckte er mit den Schultern, als wollte er unglückliche Erinnerungen abschütteln. Wind kam auf. Entferntes Donnergrollen und das Rascheln der Zweige erfüllten die Stille. Die Luft roch nach Feuchtigkeit.
    „Hoffentlich regnet es bald.“ Er betrachtete die aufgetürmten Gewitterwolken. „Sonst hetzt uns dieses Pferdevieh mit seinen Spuren Cascabel auf den Hals.“
    „Es wird regnen.“
    Ihre Stimme klang zuversichtlich. Ty drehte sich um und sah Janna prüfend an.
    „Woher willst du das wissen?“
    „Ich weiß ... es eben“, entgegnete sie langsam. „Ich habe lange in dieser Gegend gelebt und kenne viele ihrer Geheimnisse.“
    „Zum Beispiel?“
    „Zum Beispiel ... wenn die Luft über den Fire Mountains seltsam wie Kristall zu leuchten beginnt und sich Wolken bilden, gibt es ungefähr zwei Stunden vor Sonnenuntergang Regen. Der Guss ist heftig und kalt, und er kommt plötzlich - wie ein Ozean, der sich über die Erde ergießt. Nach ein bis zwei Stunden stehen die kleinen Canyons bis zu sechs Meter unter Wasser.“ Janna schob das Maul der Stute beiseite und sah Ty an. „Ist Ihnen noch immer schwindlig?“
    Ty war nicht erstaunt, dass der Kleine sein vorübergehendes Schwindelgefühl bemerkt hatte. Diesen hellen grauen Augen entging kaum etwas.
    „Ein wenig“, gab er zu. „Hin und wieder.“
    „Glauben Sie, dass Sie über die Felsbrocken klettern können, wenn ich Ihnen helfe?“
    „Und ob, mit oder ohne Hilfe.“
    Janna sah die Entschlossenheit in seinem Gesicht und musterte seinen kräftigen Körper. Hoffentlich hatte er Recht. Das Versteck war nützlich gewesen, wurde aber zur tödlichen Falle, sobald Cascabel heraufkam und sein Opfer fand. Je früher sie verschwunden waren, desto besser.
    Ihr fiel nur ein Zufluchtsort ein. Er lag an der südöstlichen Flanke des Hochplateaus, am Rand von Cascabels undeutlich begrenztem Gebiet. Der Ort war ein heiliger Platz, den die Indianer mieden. Ihre Legenden erzählten von einer Zeit, als die Berge zornig brüllten, sich auftaten und dickes rotes Blut aus den Spalten quoll; Geisterblut, das alles in Brand setzte, sogar die Steine. Schließlich kühlte das Blut ab und verwandelte sich in dunkles raues Felsgestein, das dem Black Plateau seinen Namen gab. Dort, am Fuß der vorzeitlichen Lavaströme und Sandsteinklippen, hatte Janna einen Canyon entdeckt. Ihren Keyhole-Canyon. Er schlängelte sich tief in das Innere des Hochplateaus. Hinter dem engen Felsdurchgang weitete sich das Tal zu einem parkähnlichen Gelände mit sattem Gras und funkelnden Süßwasserbächen. In diesem Tal überwinterte sie, sicher, dass kein Krieger oder Bandit ihre Spuren im Schnee fand.
    Das Tal war ihr geheimer Platz, einem Zuhause, das sie nie gehabt hatte, wenigstens ähnlich. Sie hatte niemandem davon erzählt. Der Gedanke, das Geheimnis mit Ty zu teilen, bereitete ihr Unbehagen. Aber eine andere Wahl bestand kaum.
    Janna wandte sich wieder ihrem Kräuterbeutel zu. „Sobald ich Sie zusammengeflickt habe, gehen wir zu
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