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Der Jade-Elefant

Der Jade-Elefant

Titel: Der Jade-Elefant
Autoren: Ursel Scheffler
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Der Jade-Elefant
    Bisher dachte Frau Hu, die 7 sei ihre Glückszahl. Deshalb legt sie auch als Eröffnungsdatum für ihr Antiquitätengeschäft Zum Jade-Elefanten den 7. Mai fest.

    Genau um 10 Uhr soll die Altstadtgalerie mit den chinesischen Kunstgegenständen eröffnet werden. So steht es jedenfalls auf den Einladungen. Allerdings haben sich die Arbeiten der Handwerker hinausgezögert.
    Einer der beiden Maler war von der Leiter gefallen und hatte sich das Handgelenk verstaucht, und einer der drei Schreiner hatte Grippe.
    So arbeiten alle am Samstagmorgen um so fleißiger, damit der Laden pünktlich eröffnet werden kann. Schon ab 7 Uhr wird gehämmert, gesägt, gehobelt und geklopft. Der Elektriker bohrt noch ein paar Löcher, um die chinesischen Wandlaternen zu befestigen. Die Schreiner sägen die letzten Regalbretter zurecht.

    Kurz nach 8 Uhr kommen die Leute der Reinigungsfirma Wiesel . Sie sollen den Laden in Windeseile auf Hochglanz bringen. Es sind der Fensterputzer Willi Witt, der Putzmann Walter Wolters und die junge Studentin Wanda Weiß, die bei Wiesel einen Ferienjob macht.

    Willi nimmt sich Fenster und Glasflächen vor. Walter wirft den Staubsauger an, und Wanda staubt die fertigen Regale ab.

    Frau Hu ordnet inzwischen das zarte chinesische Porzellan im Glasschränkchen neben dem Eingang. Dann geht sie in das kleine Büro, das im hinteren Teil des Ladens liegt.

    Dort holt sie ihre größten Kostbarkeiten aus dem Safe: den alten Silberschmuck, der mit Korallen, Perlen und Elfenbein verarbeitet ist, und einen Jade-Elefanten!

    Als sie in den Laden zurückkommt, ist es 9.30 Uhr.
    Die Handwerker sitzen auf dem Fußboden und frühstücken. Sie sehen zu, wie Frau Hu ihre Schmuckstücke in die Glasvitrine unter dem Ladentisch legt.
    „Klein, aber kostbar. Ein altes Familienerbstück“, sagt sie und betrachtet liebevoll den kleinen Elefanten, der an einer Goldkette hängt. „Siebenhundert Jahre alt.“
    „Hübsch, aber bestimmt unerschwinglich teuer“, bemerkt Wanda und beißt in ihren Apfel.
    „Er ist unverkäuflich. Nach ihm habe ich auch meinen Laden benannt. Er ist mein Glücksbringer“, sagt Frau Hu und setzt den Elefanten zu den anderen Schmuckstücken in die Tischvitrine. Das ist der ideale Ausstellungsplatz. Durch die gläserne Ladentheke können die Kunden aus nächster Nähe alles genauestens bewundern – ohne es anzufassen!

    Wenn jemand eines der Schmuckstücke in die Hand nehmen will, muss man es für ihn durch die kleine Klappe hinter dem Ladentisch herausholen. Zufrieden betrachtet Frau Hu die gelungene Dekoration.
    „Wenn Sie nachher vielleicht noch mal hier drüberwischen könnten!“, bittet Frau Hu den Fensterputzer, weil sie noch Fingerabdrücke auf der Schmuckvitrine entdeckt.

    „Wird sofort erledigt“, sagt Willi Witt, der gerade mit seinem Frühstück fertig geworden ist. Er nimmt seinen Polierlappen und wischt die Glasplatte spiegelblank.
    Was ist noch zu tun? Frau Hu sieht sich prüfend um. Das Schaufenster hat sie schon gestern dekoriert. Draußen stehen bereits Leute und betrachten neugierig die Auslagen.

    Frau Hus Blick fällt auf einen leeren Fleck an der Wand. Das wäre doch der richtige Platz für die vergoldete Schnitzarbeit mit Mönchen und Elefanten, die aus einem buddhistischen Tempel stammt.
    Es ist eine besonders kunstvolle Arbeit, die sicher bald einen Liebhaber findet.
    „Ob Sie mir dort noch einen Haken in die Wand dübeln?“, bittet sie den Elektriker. Der packt seufzend seine Bohrmaschine wieder aus und macht sich an die Arbeit.

    „Geh mal ein bisschen auf die Seite, ich muss die Hobelspäne wegsaugen!“, sagt der Putzmann Walter zu seinem Kollegen Willi. Und dann saugt er mit dem Rüssel seines Staubelefanten den dunkelblauen Teppichboden vor den Regalen.
    „Ist das ein Krach!“, klagt Wanda und hält sich die Ohren zu, als der Elektriker ein letztes Mal seine Bohrmaschine aufheulen lässt. Sie ist wesentlich lauter als der Staubsauger, mit dem ihr Kollege Walter hinter dem Ladentisch die Hobelspäne wegsaugt. Er nimmt dazu die Bürste ab. Mit dem Rohr kommt er besser in die Ecken. Endlich schweigen auch Staubsauger und Bohrmaschine. Es ist Viertel vor zehn.

    „Ich glaube, wir haben es geschafft!“, seufzt Frau Hu erleichtert.
    Die Schreiner packen ihr Werkzeug ein. Der Elektriker rollt die Kabeltrommel auf und packt den Bohrer in die Werkzeugtasche. Wanda sammelt Staubtücher, Wischtücher und Eimer ein. Willi Witt sieht sich zufrieden um.
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