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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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müssen doch … und wie haben sie das be–, ich meine, wie haben sie Ihnen das erklärt?«
    »Da gibt es eine lange Vorgeschichte. Du«, er wandte sich an Kral, »kennst die Sachen ja zum Teil. Ich bin schon zweimal verwarnt worden, weil ich angeblich deutsche Journalisten nicht korrekt behandelt habe …«
    Kral lachte, denn er war damals bei seinem Einsatz in Eger an einem solchen Fall beteiligt gewesen: Das Aufnahmeteam eines deutschen Fernsehsenders hatte einen manipulierten Beitrag über Kinderprostitution drehen wollen. Brückner war einfach wütend gewesen und hatte sich ein wenig von den Dienstvorschriften entfernt. Schlimm für ihn, dass man daraus von deutscher Seite den Vorwurf eines gewaltsamen Übergriffs gemacht hatte.
    »… Und dann wisst ihr ja auch, dass Karlsbad für die organisierte Kriminalität im Bezirk zuständig ist. Und angeblich habe ich mich laufend in deren Angelegenheiten eingemischt. Und jetzt kommt der knallharte Vorwurf mit anschließender Suspendierung: Ich soll in einem Ascher Puff ermittelt und dabei auf kostenloser Rundumbewirtung einschließlich Beischlaf bestanden haben.«
    Der Kapitän hatte sich in Rage geredet und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. Kral sah ein, dass eine komische Provokation (»Und? Hast du?«) jetzt völlig fehl am Platz wäre und verzichtete auf Ironie: »Ganz schön unverschämt! Aber die Frage bleibt doch: Hast du dort ermittelt?«
    »Du bist lustig. Ich bin doch nur wegen eurer Frauenhausgeschichte in Aktion getreten.«
    »Also«, begann Schuster zu überlegen, »dann muss Sie doch jemand aus dem Milieu hingehängt haben. Richtig?«
    »Exakt!«
    »Dann scheinen Sie mir in ein Wespennest gestochen zu haben, wenn die so knallhart reagieren?«
    »Genau!«
    Schuster, ein wenig stolz darauf, dass er so messerscharf kombiniert hatte, grinste, offensichtlich hatte er noch ein Stück weiter gedacht: »Aber dieser Vorwurf funktioniert doch nur, wenn Sie alleine in dem Puff aufgetaucht sind?«
    »Verdammt, ja, ich war alleine!«
    Schuster lehnte sich zurück und schüttelte sorgenvoll den Kopf, so, als könne er das kaum glauben: »Sie müssen doch wissen, dass man in solchen Etablissements auf keinen Fall alleine ermitteln sollte!«
    Brückner war anzusehen, dass er dem Hofer Hauptkommissar am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Er entschied sich aber für eine verbale Attacke in der zweiten Person: »Schousder, du mogst a weng a Oaschluuch sa!« Noch war der Dampf nicht vollständig abgelassen: »Dass mer dou niat alloi higäit, des woist du, des wois i, des wois a jeder Bolizist.«
    Kral lächelte still in sich hinein. Ein tschechischer Polizist, dem die Zeitläufe einen deutschen Vater verpasst hatten, blafft seinen deutschen Kollegen in dem bayerischen Dialekt an, der einst auch im ehemals deutschen Egerland gesprochen worden war.
    Die sofort nachgeschobene Erläuterung Brückners war dann wohl als Schadensbegrenzung gedacht: »Ich habe doch da nur ermittelt, weil ich Ihnen einen Gefallen tun wollte. Auf der offiziellen Schiene hätte ich doch die Fremdenpolizei, die Sitte und vielleicht sogar die Karlsbader Ermittler einbeziehen müssen. Diesen verdammten Aufwand wollte ich mir ersparen.«
    Ein kluger Schachzug, der Wirkung zeigte: Schuster schluckte und versuchte zaghaft, seine Verteidigung zu organisieren: »Wie soll ich das wissen, ich wollte doch nur …«
    »Is scha gout!«, unterbrach ihn Brückner, »i wois, der Depp bin iich.« Dann drehte er sich in Richtung des Ausschanks und gab Toni die kurze Anweisung: »Tři kořálky!«
    Schuster, ahnend, was da kommen würde, hob abwehrend die Hände: »Dirts wisst ower scho, dass iich koin Schnabbs saff!«
    Brückner lachte: »Dann ist das halt heute das erste Mal. Sie werden schon mit mir auf den dümmsten Polizisten von Eger anstoßen müssen!«
    Der Hauptkommissar akzeptierte den selbstgebrannten Obstler mit einigem Widerwillen und leerte das Glas wie seine Tischgenossen auf einen Zug. Das Verziehen des Gesichts, ein lautes »Brrr!« und ein kurzer Hustenanfall sollten wohl beweisen, dass er wirklich kein Schnapstrinker war. Nur hatte er, anders als seine Begleiter, vergessen, dass er sich damals bei der Siegesfeier im »Waidmannsheil« mit großem Genuss ein gutes halbes Dutzend Klarer hinter die Binde gegossen hatte.
    Nun berichtete Schuster von den Ermittlungsergebnissen auf deutscher Seite: Der Tote sei ein gewisser Fritz Nürnberger aus Kolkenreuth bei Bayreuth, Alter 43 Jahre.
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