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Wilder Engel (German Edition)

Wilder Engel (German Edition)

Titel: Wilder Engel (German Edition)
Autoren: Jeanette Sanders
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setzte aber schlagartig auch eine weitere Erinnerung ein, und sie stieß ihn halbherzig zurück: »Carl-Gustaf? Hast du mich vorhin … geschubst?«
    »Engelchen, ich musste es tun, die Ereignisse überschlugen sich plötzlich. Übrigens solltest du mich in Zukunft Cameron nennen«, sagte Cameron leise. »Carl-Gustaf ist seit Jahren tot. Genauer gesagt, seit November 98. Tödlich verunglückt seinerzeit nahe München. Zusammen mit seiner Gattin Angeline, die sich gerne Angie nannte.«
    »O nein, ich glaube es einfach nicht!«, stöhnte Angie. Sie setzte sich jetzt wirklich auf.
    Als Nächstes dämmerte ihr zweierlei: Sie saß auf einer Kumulus-Wolke. Diese wiederum segelte mit ihr und Carl-Gustaf-Cameron ziemlich schnell in offenbar nördlicher Richtung davon.
    »Wir reisen nach Irland. Dort wolltest du doch immer gerne leben«, sagte Cameron, der ihre stumme Frage erraten haben musste. »Die Wolke ist momentan extrem verdichtet, sie wird aber in einigen Stunden durch Energieverlust immer leichter werden. Und unsere Körper im Gegenzug dazu immer schwerer. Es gibt nichts, was wir dagegen tun könnten, außer es als Tatsache zu akzeptieren.«
    Er machte eine kurze Pause, aber Angie blieb immer noch stumm, also fuhr er fort zu erklären:
    »Wenn der Vorgang abgeschlossen ist, unterliegen wir endgültig und unumkehrbar wieder den irdischen Gesetzen. Der Plan lautet wie folgt: Ehe wir durch die Reise-Wolke nach unten plumpsen, sollten wir uns vor der irischen Westküste befinden. Wir werden aus nicht allzu großer Höhe ins Wasser purzeln. Zum Glück ist es Sommer, und man kann einige Zeit im Meer zubringen, ohne Unterkühlung zu riskieren. Ein Fischerboot wird uns finden und aufnehmen. Wir werden ihnen erzählen, unsere Yacht sei gesunken, wir wären dabei über Bord gegangen und nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen. Natürlich können wir uns weder erinnern, wer wir sind, noch woher wir kommen. Ärzte und Psychologen werden uns nicht helfen können. Da wir aber astreines Englisch mit irischem Akzent sprechen werden, wird uns die Republik Irland als Bürger der Grünen Insel anerkennen. Wir bekommen neue Papiere und eine neue Identität.«
    Angie starrte ihn an. »Was ist passiert, Carl-Gustaf?«
    »Cameron, bitte, vergiss das nicht!«, sagte Cameron. »Warte, ich habe hier einen kleinen Videofilm für dich gespeichert.«
    Damit holte er einen Laptop aus einer Hugo-Boss-Reisetasche heraus, die Angie jetzt erst zu ihren Füßen bemerkte.
    Cameron schaltete den Computer an. Er surrte leise beim Hochfahren, schließlich flackerte der Monitor auf, und Cameron drückte eine Taste.
    Der ziemlich amateurhaft wirkende Kurzfilm zeigte eine makabre Szene:
    Am Steuer eines schweren Geländewagens saß eine Frau mit kurzen, schwarzen Haaren und dunklen Augen. Neben ihr ein attraktiver Kerl. Carl-Gustaf-Cameron offensichtlich.
    Sie fuhren auf einer schmalen Straße entlang, die wiederum geradewegs auf eine kleine Brücke zuführte. Es herrschte trübes Wetter, außerdem nieselte es leicht, wie die Frontscheibe deutlich zeigte.
    Die Frau gestikulierte wütend und ließ dazu sogar eine Sekunde das Lenkrad los.
    In diesem Moment brach der schwere Wagen aus. Ausgerechnet mitten auf der Brücke. Er durchbrach das schmale Geländer und stürzte nach unten, dummerweise auf irgendwelche Eisenbahnschienen.
    Jetzt raste auch noch ein Zug auf das verunglückte Fahrzeug zu …
    Angie schloss entsetzt die Augen.
    »Wolltest du mich deswegen vorhin umbringen, als Vergeltung?«, flüsterte sie.
    »Nein, darum ging es nicht. Ich wollte lediglich verhindern, dass Allister und du noch einmal zusammentrefft. Irgendwie bekam ich irrsinnige Angst, du würdest dich doch noch in ihn verlieben, dann wäre alles umsonst gewesen. Die Situation geriet außer Kontrolle, wenn du so willst. Ich kam gar nicht mehr dazu, lange nachzudenken. Aber wenigstens sind wir jetzt quitt. Damit ist die Balance ausgeglichen, keiner hat dem anderen etwas vorzuwerfen.«
    »Haha, sehr geschickt eingefädelt, mein Lieber!«
    »Ich schwöre dir, es passierte völlig spontan. Außerdem kann man einen Engel nicht umbringen, wie deine Anwesenheit auf dieser Wolke hier eindeutig beweist. Übrigens kannst du die Augen jetzt wieder aufmachen, es ist vorbei.«
    Tatsächlich war der Film zu Ende, und im nun dunklen Monitor konnte Angie stattdessen ihr eigenes Spiegelbildbetrachten, weil die Morgensonne gerade so schön von der Seite her einfiel.
    Ja, die kurzen,
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