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Wilde Flammen

Wilde Flammen

Titel: Wilde Flammen
Autoren: Nora Roberts
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sich. Wie immer fiel ihr der Körperbau zuerst auf. Eine wohlproportionierte Figur war nun einmal unerlässlich für einen Artisten. Dieser Mann dort war schlank und stand sehr gerade. Gute Schultern, wie ihr auffiel, aber sie bezweifelte, dass die Arme übermäßig muskulös waren. Auch wenn er Jeans und T-Shirt trug, sah man ihm auf den ersten Blick den Stadtmenschen an. Sein Haar war von einem dunklen Blond, der Morgenwind hatte die Strähnen durcheinandergeweht, sodass sie ihm in die Stirn fielen. Er hatte ein attraktives Gesicht mit markanten Zügen. So unwirklich schön wie Vito sah er nicht aus, aber dieses Gesicht strahlte etwas aus – Entschlusskraft und Wachsamkeit.
    Jo gefiel dieses Gesicht, ihr gefielen der feste Mund, die markanten Wangenknochen und die bernsteinfarbenen Augen. Am meisten jedoch sagte ihr die Offenheit in dem Blick zu, der jetzt auf ihr lag. Unwillkürlich musste sie an Ari denken, ihren Lieblingslöwen, der ebenso neugierig und unerschrocken dreinblicken konnte. Eigentlich war sie sich ziemlich sicher, dass der Mann sie schon viel länger ansah als sie ihn. Diese Unverblümtheit beeindruckte sie. Er starrte weiter zu ihr hin, ohne sein Interesse verhehlen zu wollen. Lachend warf sie sich den Zopf über die Schulter.
    Â»Haben Sie Lust auf einen kleinen Ausritt?«, rief sie zu ihm hinüber. Als Zirkusartistin war Jo viel zu sehr an fremde Menschen gewöhnt, um verlegen oder distanziert zu sein. Sie sah, wie er überrascht eine Augenbraue hochzog. Es reizte sie, herauszufinden, ob er auch in anderer Hinsicht ihrem Lieblingslöwen ähnelte. »Kommen Sie, Maggie tut Ihnen nichts. Sie ist sanft wie ein Lamm, nur eben ein bisschen größer.«
    Er hatte die Herausforderung in ihren Worten gehört und angenommen. Jo beobachtete, wie er über die Weide zu ihr kam. Er bewegte sich schnell und geschmeidig, sein Gang gefiel ihr ebenfalls.
    Jo klopfte mit dem Stock leicht hinter Maggies Ohr, und gehorsam knickte der Elefant die Vorderbeine ein. Jo hielt dem Fremden die Hand hin, und mit erstaunlicher Beweglichkeit schwang er sich hinter sie auf den Rücken des großen Tieres.
    Einen Moment lang war Jo verdattert über den Stromstoß, der durch ihren Arm gefahren war, als sie die Hand des Fremden berührt hatte. Aber der Kontakt war so kurz gewesen, dass sie sich das sicher nur eingebildet hatte.
    Â»Auf, Maggie.« Jo schlug noch einmal leicht hinter Maggies Ohr, und Maggie gehorchte. Sie setzte sich schaukelnd in Bewegung.
    Â»Gehört es zu Ihren Gewohnheiten, fremde Männer auf diese Weise aufzugabeln?«, fragte der Mann hinter ihr. Er hatte eine angenehme tiefe Stimme.
    Jo sah lächelnd über die Schulter zurück. »Maggie ist für das Aufgabeln zuständig.«
    Â»Ja, scheint so. Wissen Sie eigentlich, dass es hier oben extrem unbequem ist?«
    Jo lachte übermütig. »Dann sollten Sie erst mal versuchen, während der Parade durch die Stadt mehrere Kilometer auf ihr zu reiten und gleichzeitig immer schön zu lächeln.«
    Â»Danke, ich passe lieber. Kümmern Sie sich um die gute Maggie?«
    Â»Nein. Aber ich kann mit ihr umgehen. Sie haben übrigens die gleichen Augen wie eine meiner Katzen. Das mag ich. Und da Sie scheinbar an Maggie und mir interessiert waren, habe ich Sie hierherauf eingeladen.«
    Dieses Mal war es der Mann, der auflachte. Jo drehte sich um. Sie wollte sehen, was mit seinem Gesicht geschah, wenn er lachte. Humor strahlte aus seinen Augen, und er zeigte eine gerade Reihe blendend weißer Zähne. Dieses Lächeln gefiel ihr, und so erwiderte sie es.
    Â»Faszinierend. Sie laden mich zu einem Ritt auf einem Elefanten ein, weil ich Augen wie eine Ihrer Katzen habe. Ohne die gute Maggie beleidigen zu wollen, aber mein Interesse galt eigentlich mehr Ihnen.«
    Â»So?« Fragend schürzte Jo die Lippen. »Wieso?«
    Sekundenlang betrachtete er sie schweigend. »Sie scheinen es wirklich nicht zu wissen.«
    Â»Sonst würde ich nicht fragen. Es wäre doch reine Zeitverschwendung, eine Frage zu stellen, wenn ich die Antwort schon kenne.« Sie beugte sich leicht vor. »Halten Sie sich gut fest«, sagte sie nach hinten. »Maggie muss sich nämlich jetzt ihr Frühstück verdienen.«
    Die Masten standen noch schief im Boden. Ein Helfer befestigte eine der vielen Spannleinen an Maggies Fußring, und vorsichtig trieb Jo den Elefanten an,
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