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Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Titel: Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer
Autoren: Brunnen Verlag , Lynn Vincent
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stürmisch sein, dass auch größere Schiffe auf Grund laufen. Und hinter dem Kap liegen der weite Ozean und viele Tausend Meilen gar nichts.
    Beim Tauziehen zwischen Kopf und Herz siegte zuletzt der Kopf. Mein Verstand sagte mir, dass es zu gefährlich war, die Probleme zu ignorieren und einfach so weiterzusegeln. Mein Ziel war schließlich, die Welt heil zu umrunden. Nicht wegen Leichtsinn und Dummheit zu sterben.
    Am nächsten Tag rief ich schweren Herzens das Team an: „Okay, ich glaube, ich sollte in Kapstadt an Land gehen.“
    Später erfuhr ich, dass sich die Teammitglieder darin längst einig waren. Aber sie wollten mir die Freiheit lassen, denn sie trauten mir zu, die richtige Entscheidung zu treffen. Das war toll.
    Trotzdem fiel es mir sehr schwer. Ich fühlte mich wie eine Marathonläuferin, die weiterlaufen will, aber zum Aufgeben gezwungen ist, weil sie nicht mehr kann. Das tat weh. Am liebsten wäre ich meinem Herzen gefolgt und hätte mich der Herausforderung gestellt und weitergekämpft, trotz des Risikos und der Mühe. Oder war es der öffentliche Druck, der meine Gedanken und Gefühle beeinflusste? Der ganze „Solo-nonstop-und-ohne-Hilfe“-Hype?
    Am Anfang meiner Reise hatte ich noch gedacht: Eigentlich ist es völlig egal, ob ich nonstop um die Welt segle oder nicht. Die Hauptsache ist das Segeln, und wenn ich unterwegs mal einen Hafen anlaufen muss – na und? Das gehört zum Abenteuer; dann freue ich mich, dass ich exotische Städte und Länder und nette Leute kennenlernen kann.
    Später hatte ich das Gefühl, die ganze Welt schaut mir zu, aller Augen sind auf mich gerichtet. Und auf einmal war es mir nicht mehr egal, was die Leute dachten und was die Kritiker schrieben. Vielleicht das Ergebnis meiner alten Schwäche, es allen recht machen zu wollen.
    Trotzdem sagte mir jetzt mein Verstand – inzwischen um zehntausend Meilen weiser – ganz klar, dass es leichtsinnig wäre, einfach weiterzusegeln.
    Klar würde es Leute geben, die der Meinung waren, „echte“ Segler lassen sich von einem kaputten Autopiloten nicht ins Bockshorn jagen und steuern halt zur Not von Hand weiter. Aber ich hatte mich entschlossen, an Land zu gehen und das Problem beheben zu lassen. Damit mussten sie leben.
    Auf meiner Blog-Seite tippte ich:
„Es wäre unverantwortlich und dumm, wenn ich mit solchen technischen Mängeln weitersegeln würde. Ich weiß, dass manche Leute meine Weltumsegelung jetzt als gescheitert betrachten, aber dagegen kann ich nichts tun. Wenn man von Kritikern umgeben ist, ist es manchmal schwer, seine eigenen Ziele und Überzeugungen nicht aus den Augen zu verlieren und sich nicht von der Meinung anderer abhängig zu machen
.
    Meine ganze Reise ist die Erfüllung eines großen Traums – dem Traum, um die Welt zu segeln. Und genau das tue ich. Egal, ob ich dabei die Jüngste bin oder nicht und wie viele Häfen ich anlaufe.“
    Zwei Tage, bevor ich Kapstadt erreichte, vermerkte ich einen persönlichen Rekord in meinem Kalender: Ich war jetzt genau hundert Tage allein auf See. An diesem Tag saß ich die meiste Zeit draußen an Deck, genoss Wind und Sonne und dachte darüber nach, was ich in den vergangenen Wochen und Monaten, in denen ich um die halbe Welt gesegelt war, alles erlebt hatte. Stürme, Flauten, endlose Tage und Nächte, in denen ich nur damit beschäftigt war, das Equipment zu reparieren. Dann die großen Erfolgserlebnisse wie Kap Hoorn. Ich schaute übers Wasser, sah, wie die Sonnenstrahlen auf den Wellenkämmen tanzten und glitzerten und dachte nur:
Hier bin ich glücklich. Hier will ich für immer sein
.
    Ich dachte an die schönen Augenblicke und die schrecklichen, und so komisch das klingt, ich wollte keinen einzigen missen. Ich stellte mir vor, wie merkwürdig es sein würde, wieder unter Menschen zu sein, trockenen Boden unter den Füßen zu spüren und in einem trockenen Bett zu schlafen. Ich wünschte, es müsste nicht sein.
    Dass ich den Nonstop-Rekordanspruch verlor, war nicht weiter tragisch. Tausend Mal wichtiger und schöner als alle Rekorde war für mich die Erfahrung und die Zeit auf dem Meer. Die See und den Himmel zu sehen, die stündlich die Farben wechselten wie in einem Kaleidoskop, als ob der Schöpfer meine Umgebung für mich jeden Tag neu erschuf. Es gibt nichts Schöneres. Das war meine Welt. Und ich wünschte, ich könnte den Rest des Lebens so verbringen, mit meinem Boot auf dem Meer.
    Mein Bruder Zac hatte gesagt, dass es schwer war, nach so vielen Tagen
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