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Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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Australien ausgewandert war, vielleicht war es aber auch nur die Rockmusik, die sie beide verband. Valentina liebte die Hardrock-Klassiker, und für Zirner war es die Musik seiner Jugend.
    Vor Valentina, sauber drapiert auf einem Gipsimitat, das eine antike römische Säule darstellen sollte, starrte kalt lächelnd ein hübsch zurechtgemachter Frauenkopf herab. Es war bereits der dritte Schädel innerhalb von anderthalb Wochen. Den ersten hatten sie in der Küche einer Pizzeria, die sich »La Comtessa« nannte, keinen Kilometer vom jetzigen Fundort entfernt, gefunden. Sie hatten die gesamte Restaurantbelegschaft auseinandergenommen. Fehlanzeige. Alle hatten sie astreine Alibis.
    Der zweite Frauenkopf war auf dem Tresen einer verlassenen Spelunke mit dem verwegenen Namen »Bounty« gelegen; das war vier Tage später gewesen. Und jetzt lagen wieder vier Tage dazwischen und prompt der dritte Schädel auf dem Tablett.
    »›Quattro Stagioni‹«, sagte Valentina.
    »Was?«
    »›Vier Jahreszeiten‹. Kennst du nicht? Von Vivaldi? Ist auch eine Pizza.«
    »Ja, ich weiß. Aber warum sagst du das? Hast du Hunger? Frag mal den Spurensicherer draußen. Der erzählt dir was von Schnitzel.«
    »Drei Schädel, immer im Abstand von vier Tagen. Vier Jahreszeiten. Wenn wir einen vierten Schädel wollen, müssen wir nur warten, bis die nächsten vier Tage um sind. Das ist doch schon mal was.«
    »Makabre Spekulation?«
    Valentina zuckte mit den Schultern. »Mehr habe ich noch nicht. Aber ich spüre, dass es sich verdichtet.«
    »Solche metaphysischen Fakten liebt der Staatsanwalt.«
    »Ich mache noch ein paar Fotos, dann kann der Tatort gesäubert werden.« Valentina zog eine Digitalkamera aus ihrer Outdoorjacke, um sich den Frauenkopf und die Räumlichkeiten als Bilddateien zu sichern. Zwar war das der Job der Spurensicherer, aber bei all den Knüppeln, die ihr in diesem Fall bereits zwischen die Beine geworfen worden waren, wollte sie auf ihr eigenes Material Zugriff haben.
    Während sie die Fotos schoss, merkte sie, wie sich mit dem dritten Frauenkopf eine innere Logik zusammenfügte. Wie in einer zu ergänzenden Zahlenreihe, die man in Eignungstests fortzusetzen hatte.
    Die ersten beiden Fundorte waren Gaststätten gewesen, beide lagen auf der Brünner Straße. Dies war aber keine Gaststätte. Was war es dann?
    Valentina sah sich um. Der Raum war leer. Irgendwann mal ausgebrannt. Trockener Löschschaum haftete an Boden und Wänden. Bis auf die Gipssäule und den Schädel war nichts da, abgesehen von einem Scheißhaufen in der Ecke des Obdachlosen, der den Schädel gefunden hatte. Darum hatten sich ihre Freunde aus der Forensik zu kümmern, dachte Valentina, und sie ertappte sich bei einem leichten Lächeln. Es gefror jedoch gleich wieder, als sie daran dachte, dass auch der Frauenschädel lächelte.
    Warum? Die Frau musste Höllenängste und furchtbare Schmerzen gehabt haben. Aber vermutlich war ihr der Kopf erst abgetrennt worden, als sie schon tot war. Dann hätte sie keine Schmerzen gehabt. Warum aber dieses Lächeln? War es ihr post mortem aufgesetzt worden? Auch bei den beiden anderen Frauen war der Anflug eines Lächelns zu sehen gewesen, aber bei dieser hier war es am deutlichsten. Waren sie vorher mit Drogen vollgepumpt worden? Die Forensik hatte im Blut nichts gefunden. Hatten sie sich etwa auf ihren Tod gefreut? Daran mochte Valentina gar nicht denken. Sie liebte das Leben. Und auch die schönen Frauen, von denen sie bislang nur die Schädel kannte, strahlten im Tod noch Lebensfreude aus.
    Dass sie aber auch noch immer keine Namen hatten! Vermisste denn niemand diese Frauen? Es musste doch Anzeigen geben von Verwandten oder Freunden, denen eine Tochter, Schwester, Frau, Freundin oder sogar Mutter abhandengekommen war. Alle drei Frauen waren um die dreißig Jahre alt und sahen gut aus. So jemand hatte doch ein Netzwerk.
    »Ihr könnt abräumen«, sagte Valentina zu dem Spurensicherer und verließ den Raum.
    Sie überquerte die Brünner Straße, um das Haus aus der Distanz zu betrachten. Es musste seit Jahrzehnten unbewohnt sein. Der Putz war zum größten Teil abgeblättert, teilweise konnte man das Schönbrunner Gelb noch erahnen, mit dem es einmal gestrichen worden war. Nur ein Schriftzug, der sich über der Eingangstür des Hauses befand, stach noch deutlich in aggressivem Rostbraun hervor: »Romane«.
    War es mal eine Buchhandlung gewesen? Oder nur eine kleine Trafik, die Schundheftchen verkaufte? Valentina machte
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