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Wie Tau im Wuestensand

Wie Tau im Wuestensand

Titel: Wie Tau im Wuestensand
Autoren: Ann Maxwell
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vermißt. Ich liebe
dich, Holly. Das war schon immer so.«
    Holly blinzelte.
    »Mir geht es genauso«, flüsterte
sie.
    »Aber warum ...«
    »Jetzt, wo du dich wieder mit deinem
Bruder verstehst«, unterbrach sie Beth schnell, »läßt er dich ja vielleicht
mit mir verreisen. Ich fliege nächstens nach Rio. Oder es wird erst Tokio und
dann Rio sein ...«
    »Tokio? Rio?« fragte Beth atemlos.
    Holly zuckte mit den Schultern. »Ich
weiß nicht genau, wohin wir zuerst fliegen. Würdest du denn gerne mitkommen?«
    »Super! Ich war in meinem Leben noch
nie weiter weg als in Palm Springs!«
    Die Aufregung ließ Beth noch jünger
aussehen. Dann erstarb ihre Begeisterung. Seufzend blickte sie über die
Schulter.
    »Ich weiß nicht, ob Linc mich so
lange aus der Schule nehmen würde«, wandte Beth zögernd ein. »Heute durfte ich
nämlich nur deshalb dabeisein, weil ich ihm eine schreckliche Szene gemacht
habe, wenn ich keine Chance bekäme, dich hier zu treffen.«
    Holly lächelte still in sich hinein.
Bis ihr eben der Gedanke an Beth' Gesellschaft kam, hatte sie vor sich selbst
nie ihre Einsamkeit zugegeben. Wenn das Mädchen dabei wäre, hätte sie jemanden
zum Plaudern und Lachen.
    »Vielleicht während der Erntedanc
oder Weihnachtsferien?« fragte Holly. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, das
sind ja Familienfeste, da wird dein Bruder dich bei sich haben wollen.«
    Beth hielt Hollys Hand. Für den
Bruchteil einer Sekunde hatte sie etwas in Hollys Blick erkannt, das sie
erschütterte.
    »Du könntest doch zum Erntedankfest
und zu Weihnachten zu uns kommen«, schlug sie vor.
    Holly legte ihr Profilächeln an den
Tag. Darin hatte sie während der letzten Monate meisterliche Fähigkeiten erworben.
    »Schau nicht so traurig drein«,
munterte sie die Jüngere auf und berührte sachte ihre Wange. »Es bleiben uns
immer noch die nächsten Sommerferien, in denen wir zusammen verreisen könnten.«
    »Das ist es ja nicht nur. Sondern ...
mit wem verbringst eigentlich du solche Familienfeiern?« stieß Beth hervor.
    Holly wünschte sich, das Kind wäre
alt genug, diese Fragen nicht mehr zu stellen. Energisch rückte sie ihr den Hut
auf dem Kopf zurecht.
    »Wer ist denn der gutaussehende Mann
in deiner Begleitung?«, fragte Holly.
    »Meinst du etwa Linc?« fragte Beth
verwirrt.
    »Nein.«
    »Ach so, Jack! Als Mann sehe ich ihn
eigentlich noch nicht so richtig. Jedenfalls nicht so wie Linc.«
    Holly spürte, wie ihr Lächeln
erstarrte. Sie wußte besser als irgend jemand, wie wenige Männer auf dieser
Welt es mit Linc aufnehmen konnten.
    »Komm schon«, sagte Beth. »Ich will
dich vorstellen. Beim letzten Mal hast du meinen Freund gar nicht so richtig
kennengelernt.«
    Inständigst wünschte sich Holly, daß
sie nicht so schnell nach Hidden Springs gerast wäre. Wenn die anderen jetzt
eintrudeln würden, hätte sie eine gute Entschuldigung, Linc aus dem Weg zu
gehen.
    So jedoch blieb ihr nichts übrig,
als entweder wie ein verängstigtes Kind wegzurennen oder aber zu ihnen
hinüberzugehen und eine möglichst natürliche Distanz zu bewahren.
    »Holly?«
    »Ich komme schon«, erklärte
sie sich bereit.
    Beth nahm Holly an der Hand und
führte sie zu Jack hinüber. Als er sie kommen sah, stieg er vom Pferd.
    Linc blieb im Sattel.
    Holly verspürte eine bittersüße
Erleichterung darüber, daß sie nicht in Tuchfühlung geriet mit ihm. Lächelnd
schüttelte sie Jacks Hand, äußerte ein paar freundliche Worte und wünschte
sich, daß sie doch umgedreht und, ihrer Panik gehorchend, weggerannt wäre.
    Ich kann Linc nicht in die Augen
sehen, begriff sie viel zu spät. So nah. Und doch so weit weg von ihm.
    Seine Nähe war wie die Sonne. Er
brannte auf Hollys Haut, weichte ihre Knochen auf, machte sie schwindelig und
begierig auf einen kühlen Luftzug.
    »Willst du denn Linc nicht begrüßen?«
fragte Beth.
    Holly wandte sich um und sah ihn an,
ohne ihn wirklich zu sehen.
    »Hallo, Linc«, sagte sie
unbeteiligt.
    Es entstand ein kurzes Schweigen.
    »Ich habe dich vermißt, nina .«
    Der Boden unter ihren Füßen wankte.
Die Zeit verschwamm, bis sie wieder neun Jahre alt war, auf heißem Sand zu
Linc emporschaute und fest daran glaubte, daß dies ihr Märchenprinz war und
kein anderer.
    Aber er hatte die siebzehn und sie
ihre neun Jahre längst überschritten. Sie starrte ihn an, als begegne sie ihm
zum allerersten Mal. Er schien wesentlich kräftiger, als sie ihn in Erinnerung
hatte. Als sein Pferd ungeduldig scharrte, verdeckte Lincs
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