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Wie Sommerregen in der Wueste

Wie Sommerregen in der Wueste

Titel: Wie Sommerregen in der Wueste
Autoren: Nora Roberts
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lieb war, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Was ist Ihr Problem, Craig?«
    »Ich weiß nicht. Aber es gibt eine Möglichkeit, es herauszufinden. Macht es dir etwas aus?« Dabei brachte er seine Lippen dicht an ihre.
    Im letzten Moment entzog sie sich ihm. Sie hob die Hand und presste sie fest gegen seine Brust, während sie die Wärme seines Atems auf ihren Lippen spürte. »Ja.« Die Erkenntnis, dass das eine Lüge war, erstaunte sie selbst. Ein Kuss hätte ihr nichts ausgemacht. Tatsächlich wollte sie sogar seinen Mund auf ihrem spüren.
    Ganz unerwartet empfand Craig einen Stich im Herzen. »Ich hätte nicht fragen sollen«, sagte er leichthin, wie er sich ganz und gar nicht fühlte, als er zurücktrat. »Nächstes Mal lasse ich es.«
    Ein leises Zittern überlief sie. Und wieder nicht aus Wut. Amy beugte sich zu dem kaputten Reifen. »Such dir jemand anders für dein Spielchen, Craig.«
    »Ich denke nicht.« Er nahm ihr den Reifen ab und verstaute ihn im Kofferraum.
    Sie kontrollierte ihren Atem und ging um den Wagen herum zur Fahrertür. Ein Traktor ratterte vorbei, und sein Fahrtwind traf Amy wie eine glutheiße Wand. Ihre Hände waren feucht. Sorgfältig rieb sie sie an ihrer Jeans trocken, bevor sie einstieg und den Zündschlüssel herumdrehte.
    »Du kommst mir nicht wie ein Mann vor, der an eine Tür klopft, auch wenn niemand antwortet.«
    »Stimmt.« Er lehnte sich zurück, als sie wieder auf die Fahrbahn fuhr. »Nach einer Weile öffne ich sie selbst.« Und mit einem freundlichen Lächeln stellte er das Radio an.
    Der Aufsichtsbeamte war zu früh gekommen. Amy fluchte im Stillen. Bis die Verkabelungsarbeiten abgenommen wurden, konnte sie nichts tun. Sie ging durch das Gebäude, das schon Gestalt annahm, und stieg in den zweiten und den dritten Stock, um die Isolierarbeiten und das gelieferte Material zu überprüfen. Alles lief wie am Schnürchen, und sie könnte eigentlich mehr als zufrieden sein.
    Doch sie dachte nur daran, wie sie sich gefühlt hatte, als sie am Straßenrand gestanden hatte und Craigs Lippen nur Millimeter von ihren entfernt waren.
    Ich bin eine Ingenieurin, keine Romantikerin, erinnerte sie sich, als sie auf einer sechs Meter hohen Plattform stand und eine Skizze über die Klimaanlage entrollte. Die würde in den nächsten Tagen ihre ganze Zeit und Energie beanspruchen. Amy hatte weder die Zeit noch die Absicht, herumzustehen und sich zu fragen, wie es gewesen wäre, Craig Johnson zu küssen.
    Erregend. Erregend und prickelnd. Craigs Mund erweckte wohl in jeder Frau erotische Fantasien. Ihre Sinne hatte er bereits in Unruhe versetzt, und das ohne direkten Körperkontakt. Wahrscheinlich wusste Craig das auch. Männer wie er wussten immer, welche Wirkung sie auf eine Frau ausübten. Das konnte man ihnen kaum vorwerfen, aber man konnte – und sollte – ihnen aus dem Weg gehen.
    Aufseufzend rollte Amy die Skizze wieder zusammen. Sie würde nicht mehr an Craig denken und daran, was gewesen wäre, wenn sie Ja gesagt hätte. Oder wenn sie gar nichts gesagt und sich einfach ihren Gefühlen hingegeben hätte.
    Sie musste sich auf die Fahrstühle konzentrieren. Bald würde an ihnen gearbeitet werden. Was jetzt nur auf dem Papier war, würde bald Wirklichkeit sein, Glas, das sich lautlos an den Wänden nach oben und nach unten bewegen würde.
    Manche Männer konnten das auch, konnten einem das Herz nach oben und nach unten in Bewegung setzen, konnten einem den Pulsschlag hämmern lassen, auch wenn es niemand sonst hören konnte. Wie sehr man sich auch bemühte, wie sehr man auch etwas vortäuschte, im Innern wirbelte man so schnell in die Tiefe, dass ein Knall unvermeidbar war. Wie fix man auch mit einer Rechenmaschine umzugehen wusste, diese inneren Wirrungen konnte man nie genau berechnen.
    Verdammt sollte er sein, verdammt dafür, dass er einen Schritt zu weit gegangen war und sie ihre Verletzbarkeit hatte spüren lassen. Amy konnte nicht vergessen, wie sich ihre Hand in seiner angefühlt, wie er sie angesehen hatte, als sein Gesicht ihrem so nah gewesen war.
    Als Amy nach unten sah, erkannte sie Craig auf der ersten Etage im Gespräch mit Charlie Gray. Craig machte eine Handbewegung zur hinteren Wand, wo sich der Berg herabsenkte und zu einem Teil des Gebäudes wurde – oder das Gebäude ein Teil des Berges. Dort würden riesige Glasflächen entstehen, Glas, das vom Felsen bis hinauf zum Kuppeldach reichen würde. Amy empfand das als protzig und unpraktisch, aber es war ihr Job,
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