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Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Titel: Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
Autoren: Jan-Uwe Rogge , Angelika Bartram
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etwas gefragt.« Anne schaut ihre Tochter auffordernd an. Als sie immer noch keine Antwort bekommt, wird sie lauter: »Carolin, jetzt hör mir bitte mal zu!«
    Carolin rollt mit den Augen und schaut ihre Mutter genervt an.
    Anne bemüht sich, ruhig zu bleiben. »Ob du deine Hausaufgaben schon gemacht hast, möchte ich wissen.«
    »Wir haben sowieso nicht viel auf«, beschwichtigt Carolin und wendet sich wieder der Spielekonsole zu.
    »Dann machst du jetzt bitte erst deine Haussaufgaben!«, fordert die Mutter, ihr Ton wird energischer.
    »Gleich …«, seufzt Caroline und spielt unbeirrt weiter.
    Anne Hausmann atmet tief durch. Sie spürt, wie die Nerven mit ihr durchgehen wollen, spürt schon ein hektisches Kribbeln unter der Haut. Aber sie versucht, weiter ruhig zu bleiben.
    »Carolin, bitte! Jetzt sei vernünftig und mach deine Hausaufgaben!«
    Carolin nickt mit dem Kopf und spielt weiter.
    »Bitte! Wie oft muss ich dir das denn noch sagen?« Anne presst die einzelnen Wörter heraus, versucht, die Wut zu unterdrücken, die sich mit aller Macht den Weg nach draußen bahnen will.
    Carolin schaut sie an und lächelt. »Spiel doch eine Runde mit, das entspannt.«
    »Sei nicht so frech!«, beschwert sich die Mutter und zischt drohend: »Ich sag’s dir jetzt noch einmal im Guten: Du machst jetzt sofort deine Hausaufgaben!« Anne ist kurz davor, zu platzen.
    »Hey, ich hab jetzt gerade zehn Punkte reingeholt!«, freut sich Carolin und schaut ihre Mutter an. »Ist das nicht toll?«
»Ich hör nix, Mama!«
    Anne reicht es. »Willst du, dass ich erst laut werde?«, brüllt sie und erschrickt sogleich, weil sie bemerkt, dass sie ihre Drohung schon wahr gemacht hat.
    Carolin hält sich die Ohren zu.
    »Schau mich an, wenn ich mit dir rede!«, wettert die Mutter weiter.
    Carolin lächelt sie mitleidig an und hält sich weiter die Ohren zu.
    Hilflos wird Anne von ihrer Wut gesteuert, und sie schleudert ihrer Tochter Sätze entgegen, die sie gleich darauf wieder bereut: »Grins mich nicht so an! Du bist nur noch frech!«
    Carolins Hände gehen wieder zu ihren Ohren. »Ich höre nicht, was du sagst, Mama!«
    »Dann sag ich am besten gar nichts mehr«, erklärt die Mutter. Sie versucht, gegen das Gefühl anzukämpfen, dass sie mal wieder auf der ganzen pädagogischen Linie versagt hat. Aber es will ihr nicht gelingen. An diesem Nachmittag denkt Anne noch viel über den Vorfall nach. Sie sortiert gerade Wäsche, da steckt ihre Tochter den Kopf zur Tür herein. »Die Hausaufgaben sind fertig, Mami!«
    »Prima!«, lächelt Anne und wird das schlechte Gewissen nicht los, dass sie mal wieder laut geworden ist und so viel »gelabert« hat.
    Als sie dann später ihrer Tochter »Gute Nacht!« sagt, will sie die Situation noch einmal aufgreifen. »Carolin, wegen heute Nachmittag …«, betrübt sieht sie ihre Tochter an und bittet um Verständnis. »Es liegt mir einfach am Herzen, dir klarzumachen, dass die Hausaufgaben wichtig sind. Und es tut dir wirklich nicht gut, wenn du so lange vor deiner Spielekonsole sitzt. Glaub mir, ich will doch nur dein Bestes!«
    Carolin lacht. Schon wieder Erklärungen und gute Worte! Ihre Hände gehen wieder zu ihren Ohren. »Ich hör nix, Mama!«
    »Jetzt ist aber Schluss!«, empört sich Anne Hausmann.
    »Mama!«, erwidert Carolin ruhig und entschlossen. Sie sieht ihrer Mutter fest in die Augen. »Ich hör dir nicht mehr zu! Aber ich mache, was du willst!«
    »Jemand, der niemals Fehler gemacht hat, hat nie was Neues ausprobiert.«
    [ Albert Einstein | Physiker (1879–1955)  ]
Das Drama der »guten« Worte
    Morgendliches Aufstehen, Bummelei beim Anziehen, unerledigte Hausaufgaben – in solchen alltäglichen Situationen brechen schnell heftige Gefühle aus. Ärger, Rachegefühle oder ein beleidigter Rückzug sind die Folgen. Dabei verlaufen diese Konflikte nach einem altbekannten Drehbuch, das in kürzester Zeit BEZIEHUNGSSTRESS vorsieht: Die Eltern möchten »ruhig« bleiben, artikulieren aber nicht klar, was sie wollen und wo ihre Grenzen liegen. Das Kind macht also weiter, als wäre nichts gewesen, oder es verhält sich auffällig, will verstanden, besser: angenommen werden. Irgendwann platzt den Eltern der Kragen, sie deuten – mal schreiend, mal wild gestikulierend, mal gefährlich leise zischend – Grenzen an. Das Kind lenkt ein, gehorcht, passt sich an – bis am nächsten Tag das alte Spiel von vorn beginnt. So geraten Eltern in ein Drama in vier Akten, an dessen Ende sie erschöpft und
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