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Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Titel: Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
Autoren: Jan-Uwe Rogge , Angelika Bartram
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Sie geraten in das bekannte Fahrwasser von Strafe und Vergeltung.
Bea kennt den Konsequenzenkiller
    Antonia Müller führt mit ihrer elfjährigen Tochter Bea ständig Diskussionen um alles Mögliche. Und wenn Bea nichts mehr einfällt, greift sie zu dem bewährten Satz: »Alle anderen dürfen …«
    Bis es Antonia Müller eines Tages satt hat.
    »Wer sind alle?«, fragt sie Bea.
    »Alle!«, erwidert die Tochter patzig.
    »Wer sind alle?«, hakt ihre Mutter ruhig nach.
    Bea seufzt genervt, verdreht die Augen und überlegt kurz: »Miriam und alle eben!«
    »Wer sind alle?« Antonia Müller lässt ihre Tochter nicht aus den Augen.
    »Oh, Mama, du nervst!«
    »Wer sind alle?«
    Bea starrt an die Decke und sucht nach einer Antwort. Drei Namen sprudeln aus ihr heraus: »Ute, Karin und Sabrina!«
    Triumphierend schaut Bea ihre Mutter an, im festen Glauben, sie endlich überredet zu haben.
    Da hat sie nicht mit Antonias Standfestigkeit gerechnet: »Das sind drei!«
    »Eben drei!«, blafft Bea zurück. Ihre Stimme hat jetzt einen beleidigten Klang, und ihre Augen werden vor Wut immer schmaler. Noch kann sie sich beherrschen. »Die drei dürfen auf jeden Fall.« Und sie erwartet, dass jetzt gleich das gewohnte »Okay« ihrer Mutter kommt. Aber sie hat sich getäuscht.
    »Gut! Da ruf ich jetzt an!«, erwidert die Mutter.
    »Spinnst du!« Bea ist außer sich. »Du glaubst mir wohl nicht mehr!«
    Antonia Müller bleibt ruhig. »Ich glaube dir schon, aber ich ruf da jetzt an!«
    »Oh nein!«, stöhnt Bea. Misstrauisch beäugt sie, wie ihre Mutter wirklich zum Telefon geht und bei ihren Freundinnen anruft.
    »Und?«, erkundigt sich Bea erwartungsvoll, als Antonia zurückkommt.
    »Du, die drei dürfen wirklich!«
    »Siehste, siehste! Hab ich doch gesagt.«
    »Aber du darfst immer noch nicht!«
»Du bist so gemein!«
    »Peinlich! Voll peinlich!«, beschwert sich Bea. »Du bist nur noch peinlich!«
    »Im nächsten Leben hast du eine andere Mutter«, lächelt Antonia. »In diesem Leben musst du mit mir vorlieb nehmen.«
    Bea schnauft, kneift die Lippen zusammen und starrt ihre Mutter trotzig an. Dann verzieht sie ihr Gesicht zu einer weinerlichen Schnute. »Du bist gemein!«, klagt sie. »Du bist so gemein! Du bist echt die gemeinste Mutter der Welt!«
    Antonia denkt kurz nach: »Da hast du recht, du hast die gemeinste Mutter von Hamburg, und es wird Zeit, dass ich mich oute.«
    »Wie bitte?« Bea glaubt, jetzt sei ihre Mutter vollends durchgedreht.
    »Ja, ich werde ein großes Plakat malen. Auf das schreibe ich: ›Ich bin die gemeinste Mutter von Hamburg. Gemeine Mütter von Hamburg solidarisiert euch!‹« Antonia schmunzelt: »Und damit gehe ich auf den Rathausmarkt.«
    Bea erstarrt. »Was?«
    »Ja, klar. Am besten gleich morgen.«
    »Wehe!«
    »Warum denn nicht?«
    »Glaubst du, ich will wegen dir in der Zeitung stehen?«
    Mutter und Tochter schließen einen Vertrag. Wenn Bea sich vier Wochen zurückhalten würde mit ihren ständigen Nörgeleien und Erpressungsversuchen, dann würde Antonia nicht auf den Rathausmarkt gehen. »Und damit du den Vertrag nicht vergisst, hänge ich ihn in den Flur«, erklärt die Mutter.
    »Und was sollen meine Freundinnen denken?« murrt Bea.
    Ihre Mutter zuckt die Schultern.
    Bea verschwindet in ihrem Zimmer, und Antonia Müller hört, wie ihre Tochter sagt: »Das war früher mal so einfach hier!«
Klare Absprachen, verlässliche Konsequenzen
    Beas Mutter ist eine durchaus originelle Lösung eingefallen. Sie muss die Selbstbezichtigung allerdings auch durchziehen, wenn sich ihre Tochter nicht AN DEN VERTRAG HÄLT . Sonst macht sie sich unglaubwürdig. Doch mit den telefonischen Nachfragen bei »allen anderen, die dürfen«, also den drei Mädchen, hat sie deutlich gemacht, dass es ihr ernst ist und sie ihre Tochter ernst nimmt. Natürlich versuchen Kinder immer wieder, abgesprochene Regeln infrage zu stellen, ob es sich nun um längeres Aufbleiben, das schicke T-Shirt, die neueste Spielekonsole oder höheres Taschengeld handelt. Wer bei dem Argument »Alle anderen dürfen!« einlenkt, verschafft Kindern einen zweifachen Lernerfolg mit fragwürdigen Folgen: Sie lernen daraus, wie sie durch bestimmte Formulierungen und entsprechende Verhaltensweisen ihre Eltern »rumkriegen«; und sie werden es immer wieder – und aus ihrer Sicht erfolgreich – versuchen.
    Die Eltern sollten stattdessen auf Absprachen verweisen, und zwar auf der »Ich-«, nicht auf der »Man-Ebene«. Also nicht: »Du weißt, dass man
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