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Wie man mit einem Lachs verreist

Wie man mit einem Lachs verreist

Titel: Wie man mit einem Lachs verreist
Autoren: Umberto Eco
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Monate dauern; am besten, man sorgt dafür, daß der Benutzer gar nicht erst erfahren kann, was es in anderen Bibliotheken gibt.
    12. Infolge all dessen muß Diebstahl möglichst leichtgemacht werden.
    13. Die Öffnungszeiten müssen genau mit den Arbeitszeiten zusammenfallen, also vorsorglich mit den Gewerkschaften abgestimmt werden: totale Schließung an allen Samstagen, Sonntagen, abends und während der Mittagspausen. Der
    größte Feind jeder Bibliothek ist der Werkstudent, ihr bester Freund einer wie Don Ferrante* (Die mit Sternchen bezeichneten Stellen werden im Anhang erläutert.) , der seine eigene Bibliothek besitzt, also keine öffentliche aufsuchen muß und dieser die seine bei seinem Ableben hinterläßt.
    14. Es muß unmöglich sein, sich innerhalb der Bibliothek irgendwie leiblich zu stärken, und es muß auch unmöglich sein, sich außerhalb der Bibliothek leiblich zu stärken, ohne zuvor alle ausgeliehenen Bücher zurückgegeben zu haben, um sie dann nach der Kaffeepause erneut zu bestellen.
    15. Es muß unmöglich sein, das einmal ausgeliehene Buch am nächsten Tag wiederzufinden.
    16. Es muß unmöglich sein zu erfahren, wer das fehlende Buch ausgeliehen hat.
    17. Es darf möglichst keine Toiletten geben.
    18. Ideal wäre es schließlich, wenn der Benutzer die Bibliothek gar nicht erst betreten könnte; betritt er sie aber doch, stur und pedantisch auf einem Recht beharrend, das ihm aufgrund der Prinzipien von 1789 zugestanden worden ist, aber noch nicht Eingang ins kollektive Bewußtsein gefunden hat, so darf er auf
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    keinen Fall, nie und nimmer, außer bei seinen kurzen Besuchen im Lesesaal, Zugang zu den Bücherregalen selbst haben.
    Zusatzbemerkung: Das ganze Personal muß an irgendwelchen körperlichen Gebrechen leiden, denn es ist Aufgabe jeder öffentlichen Institution, den behinderten Mitbürgern
    Arbeitsmöglichkeiten zu bieten (untersucht wird zur Zeit die Ausweitung dieses Prinzips auf die Feuerwehr). Der ideale Bibliothekar muß vor allem hinken, damit mehr Zeit vergeht zwischen der Entgegennahme des Leihscheins, dem Gang ins Lager und der Rückkehr. Bei dem Personal, das auf
    Sprossenleitern zu Regalen von über acht Metern Höhe
    hinaufsteigen muß, empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen, daß der fehlende Arm durch eine Prothese mit Greifklaue ersetzt wird. Angestellte, denen beide obere Gliedmaßen fehlen, werden den gewünschten Band mit den Zähnen herausziehen und aushändigen (was tendenziell dazu führt, daß keine Bände mehr ausgehändigt werden, deren Größe das Oktavformat
    übersteigt).
    (1981)
    Wie man intelligente Ferien macht
    Es ist guter Brauch, daß beim Herannahen der Sommerferien die politischen und kulturellen Wochenzeitschriften ihren Lesern wenigstens zehn intelligente Bücher empfehlen, mit denen sie auf intelligente Weise intelligente Ferien machen können.
    Leider überwiegt jedoch die schlechte Gewohnheit, die Leser als unterentwickelte Wesen zu betrachten, und so sehen wir auch berühmte Schriftsteller sich nicht entblöden, ihnen Lektüren vorzuschlagen, die jeder durchschnittliche Gebildete spätestens als Pennäler absolviert haben müßte. Es mutet uns in der Tat beleidigend oder zumindest sehr paternalistisch an, den Lesern Werke wie, was weiß ich, das englische Original des „Tristram Shandy“, den Proust der Pléiade oder die lateinischen Schriften Petrarcas zu empfehlen. Bedenken wir, daß die Leser, nachdem sie so lange mit derlei Ratschlägen eingedeckt worden sind, immer anspruchsvoller werden, und
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    vergessen wir auch nicht jene, die sich keine teuren Ferien leisten können, aber sich gerne auf Erfahrungen ebenso
    unbequemer wie erregender Art einlassen wollen.
    Wer lange Stunden am Strand zu verbringen gedenkt, sollte sich die „Ars magna lucis et umbrae“ von Pater Athanasius Kircher vornehmen, eine faszinierende Lektüre für den, der unter den Ultraviolettstrahlen über die Wunder des Lichts und der Spiegel nachdenken will. Die römische Ausgabe von 1645
    ist noch in Antiquariaten erhältlich für Summen weit unter denen, die seinerzeit der Bankier Calvi in die Schweiz
    ausgeführt hat.* Ich rate davon ab, sich das Buch in einer Bibliothek auszuleihen, denn es findet sich nur in altersgrauen Gebäuden mit Angestellten, denen gewöhnlich der rechte Arm oder das linke Auge fehlt und die leicht stürzen, wenn sie die Leitern hinaufsteigen, die zu den Sektionen der seltenen Bücher führen. Eine weitere Mißlichkeit ist
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